Robobienen und Co

Japaner wollen Insektengehirne nachbauen

Elektronik
28.09.2009 12:40
Wenn es nach den Wünschen von Ryohei Kanzaki geht, sollen Schwärme von Roboterschmetterlingen der Polizei künftig dabei behilflich sein, Drogenverstecke aufzustöbern, oder Roboterbienen nach einem Erdbeben in den Trümmern nach Überlebenden suchen. Der japanische Professor an der Universität Tokio erforscht die Gehirne von Insekten, um sie für bestimmte Aufgaben nachbilden zu können.

Eigentlich möchte Ryohei Kanzaki eines Tages das menschliche Gehirn so gut verstehen, dass er durch Krankheiten oder Unfälle verursachte Schäden reparieren kann. Doch bevor er sich den etwa 100 Milliarden Neuronen widmet, die im Gehirn des Menschen Signale übertragen und so Bewegungen steuern, befasst er sich seit drei Jahrzehnten mit der Funktionsweise von Insektengehirnen.

Im zwei Millimeter großen Gehirn eines Seidenspinners gibt es etwa 100.000 Neuronen. Aber Größe sei nicht alles, sagt Kanzaki. Die winzigen Insektenhirne könnten komplexe Bewegungsabläufe kontrollieren wie zum Beispiel im Flug ein anderes Insekt zu fangen. In ihnen stecke "ein ausgezeichnetes Software-Paket", das in Hunderten Millionen Jahren der Evolution immer weiter verbessert worden sei. So kann ein Seidenspinnermännchen beispielsweise ein Weibchen aufgrund seines Duftes und seiner Botenstoffe in einer Entfernung von über einem Kilometer aufspüren.

Insekten-Gehirne aus dem Elektrobaukasten
Kanzaki arbeitet nun daran, Insektengehirne künstlich nachzubauen. "In der Zukunft wird es möglich sein, Gehirne von Insekten mit elektronischen Schaltungen nachzubilden. Damit könnten wir ein echtes Gehirn kontrollieren, indem wir seine Verschaltung verändern", sagt der Professor. Erste Ergebnisse kann sein Forscherteam bereits vorweisen: Den Wissenschaftlern gelang es, das Gehirn eines Seidenspinnermännchens so zu verändern, dass es statt auf den Geruch eines anderen Falters auf Licht reagiert. Dies sei der erste Schritt auf dem Weg, eines Tages Insekten nach Drogen oder Landminen suchen zu lassen, so Kanzaki.

Für ein anderes Experiment spannen die Forscher einen männlichen Seidenspinner vor ein Gefährt, das wie ein batteriebetriebenes Spielzeugauto aussieht. Mit weiblichen Duftstoffen motivieren die Wissenschaftler den Falter, das Auto nach rechts oder links zu lenken. Das Insekt kann sich dabei schnell Veränderungen anpassen, wenn die Steuerung zum Beispiel so manipuliert wurde, als hätte das Wägelchen einen platten Reifen.

Bei einem weiteren Versuch wurde lediglich der abgetrennte Kopf des Insekts mit dem Vehikel verbunden. Die Fühler reagierten auf Duftstoffe, Nervenzellen gaben das Signal zur Bewegung, das dann an das Fahrzeug weitergeleitet wurde. Mittels fluoreszierender Marker und 3D-Bildgebung konnten die Forscher sichtbar machen, welche Neuronen auf welchen Reiz reagieren. Inzwischen liegen den Wissenschaftlern Daten zu 1.200 Neuronen vor - mehr Informationen zum Gehirn gibt es zu keiner anderen Tierart.

Anpassungsfähige Krabbeltierchen
Kanazaki ist davon überzeugt, dass sich Insekten genauso wie Menschen an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. "Menschen gehen nicht schneller als fünf Kilometer pro Stunde, aber sie können Autos lenken, die 100 Kilometer pro Stunde fahren", sagt der Professor. "Unser Gehirn verwandelt das Auto in eine Erweiterung unseres Körpers. Ich denke, Insekten haben ebenfalls das Potenzial dazu."

Symbolbild

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