Kugel traf Bruder

Juan Carlos bricht Schweigen über tödlichen Schuss

Royals
08.11.2025 14:07

 „Ich werde mich von dieser Tragödie nicht erholen. Ihre Schwere wird mich für immer begleiten.“ Spaniens Altkönig Juan Carlos (87) spricht in seinen Memoiren mit dem Titel „Reconciliación“ („Versöhnung“) erstmals über eines der dunkelsten Kapitel seines Lebens: den mysteriösen Tod seines jüngeren Bruders, des Infanten Alfonso, im Jahr 1956.​

Die Tragödie ereignete sich in der Residenz der königlichen Familie im portugiesischen Exil in Estoril. Bis heute ranken sich Gerüchte und Spekulationen um den Vorfall, bei dem der damals 14-jährige Alfonso durch einen Schuss ums Leben kam. Der spätere König Juan Carlos, zu diesem Zeitpunkt 18 und Kadett der Militärakademie, war der einzige Augenzeuge.

​Schuss löste sich beim Spielen
Juan Carlos bekräftigt in seinem Buch die Version eines tragischen Unfalls. Er berichtet, wie er und der vier Jahre jüngere Alfonso sich im Spielzimmer im oberen Stock die Zeit mit einer .22er-Pistole vertrieben, die ihm ein befreundeter Leutnant geschenkt hatte. „Wir hatten keine Ahnung, dass noch eine Kugel in der Kammer war.“ Einen Gewichtsunterschied hätte er nicht bemerkt.

​Dann nahm das Unheil seinen Lauf: „Ein Schuss wurde in die Luft abgefeuert, die Kugel prallte ab und traf meinen Bruder direkt in die Stirn. Er starb in den Armen unseres Vaters.“

​Der Altkönig lässt offen, wer genau die Waffe in diesem fatalen Moment in Händen hielt. Unmittelbar nach dem Tod seines Sohnes soll Juan de Borbón, der Vater der beiden, die Pistole im Meer versenkt haben. Offizielle Ermittlungen hat es in diesem Fall nie gegeben.

Der Altkönig lebt im Exil – kehrt aber immer wieder für Segelregatten in seine spanische Heimat ...
Der Altkönig lebt im Exil – kehrt aber immer wieder für Segelregatten in seine spanische Heimat zurück.(Bild: EPA/Lavandeira Jr.)

​Tiefe Trauer nach 70 Jahren
Der Tod Alfonsos stürzte die Familie, insbesondere seine Mutter, in tiefe Trauer und prägte das Leben des jungen Juan Carlos nachhaltig. Fast 70 Jahre später vermisst der 87-Jährige seinen Bruder noch immer schmerzlich.

„Ich vermisse ihn. Ich wünschte, er wäre bei mir und ich könnte mit ihm reden. Ich habe einen Freund, einen Vertrauten verloren. Er hinterlässt eine große Lücke“, gesteht der Altkönig. Wäre das nicht passiert, wäre sein Leben vielleicht weniger düster verlaufen. 

​Mit den Memoiren versucht der Altkönig, der seit 2020 im Exil in Abu Dhabi lebt, nicht nur mit der größten Tragödie seines Lebens ins Reine zu kommen, sondern auch mit den Skandalen seiner späteren Regentschaft.

Während das Buch, das Juan Carlos zusammen mit der französischen Schriftstellerin Laurence Debray verfasst, bereits in Frankreich veröffentlicht wurde, soll es in Spanien erst im Dezember nach den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der parlamentarischen Monarchie in den Buchläden zu finden sein. 

Seit 2020 lebt Juan Carlos im Exil in den Vereinigten Arabischen Emiraten, kehrt aber immer wieder für Segelregatten in seine spanische Heimat zurück.

Seit 2020 lebt Juan Carlos im Exil in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Seit 2020 lebt Juan Carlos im Exil in den Vereinigten Arabischen Emiraten.(Bild: AFP/KARIM SAHIB)

Millionen-Geschenk von Monarchie zu Monarchie
Der Altkönig erzählt nicht nur vom Todesschuss in seinen Memoiren, sondern gesteht auch Fehler ein, die er im weiteren Leben gemacht hat.

Als „schweren Fehler“ bezeichnet es Juan Carlos demnach, 2008 insgesamt 100 Millionen Dollar (heute etwa 86 Millionen Euro) vom damaligen König Saudi-Arabiens, Abdullah, angenommen zu haben. Es sei ein „Akt der Freigebigkeit einer Monarchie gegenüber einer anderen“ gewesen.

„Ein Geschenk, das ich nicht ablehnen konnte. Ein schwerer Fehler“, zitiert „Le Monde“ aus der Biografie. Ermittlungen der Justiz, darunter auch wegen des Verdachts, die Millionen-Zahlung könnte mit dem Bau einer Schnellbahnstrecke in Saudi-Arabien durch ein spanisches Unternehmen zu tun gehabt haben, wurden vor Jahren eingestellt.

  Die Erinnerungen des Altkönigs kommen zu einem heiklen Augenblick. Madrid bereitet sich darauf vor, ohne Juan Carlos den 50. Jahrestag seines Thronantritts am 22. November 1975 zu begehen. Das war nur zwei Tage nach dem Tod von Diktator Franco, der ihn 1969 zu seinem Nachfolger an der Staatsspitze bestimmt hatte. „Wenn ich König sein konnte, dann dank ihm“, zitiert die Zeitung Juan Carlos.

  Der Ex-Monarch berichte in seinem Buch von der persönlichen Beziehung zum Caudillo und gestehe eine gewisse Sympathie, schreibt die Zeitung. „Ich respektierte ihn enorm, ich schätzte seine Intelligenz und seinen politischen Sinn. (...) Ich habe niemals zugelassen, dass ihn jemand vor mir kritisierte.“ Über die fast vier Jahrzehnte dauernde lange Herrschaft des Diktators schreibt der Altkönig: „Niemand konnte ihn stürzen oder auch nur destabilisieren – was über einen so langen Zeitraum eine erstaunliche Leistung ist.“

„Unempfindlicher“ Sohn und „Unstimmigkeit“ mit Letizia
Auch zum Verhältnis zu seinem Sohn, Spaniens heutigem König Felipe VI., äußert sich Juan Carlos. „Mein Sohn hat mir aus Pflichtgefühl den Rücken gekehrt“, bedauert der Altkönig. „Ich verstehe, dass er als König eine klare öffentliche Haltung einnimmt, aber ich litt (...) darunter, dass er sich so unempfindlich zeigte.“ Felipe meidet öffentlichen Kontakt zu seinem Vater, um Schaden von der Monarchie abzuwenden.

Mit Königin Letizia, der Ehefrau seines Sohnes Felipe, konnte er sich nie anfreunden.
Mit Königin Letizia, der Ehefrau seines Sohnes Felipe, konnte er sich nie anfreunden.(Bild: AFP/JAIME REINA)

Dass ihn seine Frau, Altkönigin Sofía, nie im Exil besucht habe, schmerze ihn sehr. Allerdings gab es über die Jahrzehnte auch immer wieder Berichte über Affären des Königs. Über seine Schwiegertochter, Königin Letizia, schreibt Juan Carlos, ihre Ankunft sei „der familiären Harmonie nicht zuträglich“ gewesen. Er schreibt von einer „persönlichen Unstimmigkeit“ mit der Frau seines Sohnes.

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