Regisseur Interview Henry Mason inszeniert Franz Lehárs Operette „Lustige Witwe“ in der Bühne Baden. Premiere der Produktion ist am 7. November. Ein Gespräch über Romantik und Ironie, menschliche Abgründe und einen Geschlechterkampf auf Augenhöhe
„Krone“: Mit diesem Meisterwerk wagen Sie sich erstmals an Operette. Im Zentrum stehen die reiche Witwe Hanna Glawari und Graf Danilo, Gesandtschaftssekretär des bankrotten Pontevedro. Beide lieben sich, sind aber zu stolz, um sich ihre Liebe einzugestehen. Wie nähern Sie sich diesem grandiosen Schlagabtausch?
Henry Mason: Ich versuche, mit Respekt vor diesem wunderbaren Stück vorzugehen. Es ist eine romantische Komödie, mit ganz großartiger Musik und ganz tollen, pfiffigen, ironischen Dialogen. Dem gerecht zu werden, ist eine große Aufgabe.
Wie gehen Sie vor?
Hanna und Danilo erklären sich gleich zu Beginn den Krieg. Aber diesem Kampf zuzusehen, und was sich dabei an menschlichen Abgründen auftut, ist eine Lust, vor allem weil man weiß, die zwei kommen schon noch zusammen. Das Stück lässt zu, dass man schauspielerisch viel weiter in die Tiefe gehen kann als in anderen Operetten.
Wie weit muss man das Libretto dabei aktualisieren?
In dem Sinn, dass man schaut, wo ist hier Kitsch, wo ist Sexismus, den man wegbekommen oder zumindest entschärfen muss, wo können die Pointen noch pfiffiger sein, wo kann es noch ein bisschen mehr ins Heute gehen. Es ist eine schwierige Gratwanderung, zwischen einem Respekt vor dem Original und einem Anpassen ans Heute, an unsere Haltungen, die sich verändert haben, vor allem in Bezug auf diesen gewissen sexistischen Blick. Wobei es in der „Lustigen Witwe“ ein komisches Paradoxon gibt, weil Hanna Glawari fast eine prototypisch-feministische Figur ist.
Wie sehr geht sich das zwischen den Konventionen, in denen sie gefangen ist, aus?
In ihrem ironischen Blick auf die gesellschaftlichen Strukturen, die sie umgeben, und in ihrem Freiheitsdenken. Sie weigert sich auch, sich Danilo unterzuordnen. Das ist schon ein Geschlechterkampf auf Augenhöhe.
In welcher Zeit ist Ihre Inszenierung angesiedelt?
Wir spielen in den späten 1940er-Jahren, quasi auf dem Parkett des vom Krieg gezeichneten Paris, das aber im Wiederaufbau begriffen ist. Das ist auch eine Metapher für diese zerstörte Beziehung von Hanna und Danilo, die wieder zusammengebaut wird.
Warum hat es Operette heute so schwer? Darf Unterhaltung nicht mehr sein?
Also ich habe überhaupt nichts gegen Unterhaltung, ich finde es so paradox, dass diese kuriose Trennung zwischen U und E im deutschsprachigen Raum immer noch anhält. Es ist absolut möglich, eine gute, unterhaltsame Komödie zu machen, die trotzdem Ernst und Tiefgang besitzt.
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