Seit einigen Wochen engagieren sich Aktivistinnen und Aktivisten vor einer Wiener Abtreibungsklinik. Sie fordern Schutzzonen für ungewollt Schwangere und das medizinische Personal, damit diese nicht von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern belästigt oder bedrängt werden. Unterstützung kommt von der SPÖ, den NEOS und Grünen.
„Am Weg in meine Arbeit sehe ich täglich, wie religiöse Fundamentalistinnen und Fundamentalisten gegen medizinische Hilfe für Frauen demonstrieren – und diese belästigen. Es ist schlichtweg unzumutbar, dass Schwangere, die eine wohlüberlegte und oft schwere Entscheidung getroffen haben, zusätzlich psychisch belastet werden“, sagte Flora Rajakowitsch, die die Initiative „Wirksame Schutzzonen jetzt“ mitgegründet hat. Sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter fordern, dass Schutzzonen vor Einrichtungen eingeführt werden, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen – und zwar von mindestens 150 Metern. In diesen Zonen sollen Versammlungen, Überwachungen, Einschüchterung oder Belästigung konsequent untersagt und strafbar gemacht werden.
Fast 9000 Menschen haben eine entsprechende Petition von „Wirksame Schutzzonen jetzt“ (Stand: 31.10, 20.46 Uhr) bereits unterschrieben. „Gezielte Störungen unmittelbar vor medizinischen Einrichtungen sind keine Meinungskundgabe, sondern eine gezielte Einschüchterungsstrategie. Bereits die bloße Präsenz führt zu Beschämung, Verunsicherung und psychischem Druck“ heißt es darin.
Am Weg in meine Arbeit sehe ich täglich, wie religiöse Fundamentalistinnen und Fundamentalisten gegen medizinische Hilfe für Frauen demonstrieren – und diese belästigen.
Aktivistin Flora Rajakowitsch
Gesetz erlaubt Wegweisung in Wien
Staaten wie Deutschland oder Frankreich haben solche gesetzlichen Schutzregelungen bereits eingeführt. Auch der Europarat fordert seit 2022 dazu auf, gegen Belästigung beim Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch vorzugehen. In Wien ermöglicht das Landes-Sicherheitsgesetz der Polizei seit 2005 Protestierende vor Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, zu verwarnen oder wegzuweisen. Österreichweit gibt es ein solches Gesetz jedoch nicht.
Die Grünen wollen nun einen entsprechenden Antrag im Parlament einbringen, bei der Sitzung am 21. Oktober wurde er vertagt. „Es darf nicht von der Postleitzahl abhängen, ob Frauen eine medizinische Leistung ohne Schikanen in Anspruch nehmen können. Deshalb wollen wir eine bundeseinheitliche Regelung“, sagte Frauensprecherin Meri Disoski. Wer wiederholt dagegen verstoße, solle bis zu 5000 Euro Strafe zahlen müssen. In Wien liegt die Höchststrafe bei 700 Euro.
Es darf nicht von der Postleitzahl abhängen, ob Frauen eine medizinische Leistung ohne Schikanen in Anspruch nehmen können. Deshalb wollen wir eine bundeseinheitliche Regelung.
Meri Disoski, Frauensprecherin Grüne
„Wir haben ein beschlussfähiges Gesetz vorgelegt – zu einem Vorhaben, das auch im Regierungsübereinkommen von ÖVP, SPÖ und NEOS festgeschrieben ist. Worauf wartet also die Regierung? Insbesondere die ÖVP ist hier gefordert, ihre Blockadehaltung endlich aufzugeben“, kritisiert sie. Auch SPÖ und NEOS haben sich zuletzt für Schutzzonen ausgesprochen. Das sei „erklärtes Ziel“, sagte etwa Frauenministerin Eva-Maria Holzleitner (SPÖ), die unter anderem auch dafür eintritt, den Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Die ÖVP betont hingegen, dass ungewollt Schwangeren Perspektiven aufgezeigt werden müssten, womit sie wohl eher anonyme Geburten und Adoptionen meint.
Kundgebung am Samstag
Am Samstag, 1. November, lädt „Wirksame Schutzzonen jetzt“ ab 15 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Gynmed Ambulatorium in Wien ein. Sprecherinnen und Sprecher sind von den Organisationen Amnesty Netzwerk Frauenrechte, Catcalls of Vienna, CHANGES for women, Ciocia Wienia und Pro Choice Austria.
Österreichweit gibt es offiziell 26 Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, 13 davon sind in Wien.
Liebe Leserin, lieber Leser,
die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.