Live in der Simm City

Samra: Feuer über Wien – aber mit leiserer Flamme

Kultur
30.10.2025 12:30

Berlin lebt – oder in dem Fall Wien lebt, denn Rapper Samra war zu Besuch in unserer schönen Hauptstadt und brachte mit seiner „Feuer über Deutschland“-Tour am Mittwochabend die Simm City zum Beben. Letzter Tourstopp, ausverkauftes Haus, laute Crowd – und wir waren live dabei.

„Wir nahmen’s in die Hand, Cataleya. Waren so blank, Cataleya. In die Bank, Cataleya“. 2018 hat jeder diesen Song mitgesungen – und Hussein Akkouche alias Samra war plötzlich nicht mehr aus dem Rap-Game wegzudenken. In Deutschland wie auch in Österreich schoss der Track auf Platz 1 und wurde zum Durchbruch für den Berliner. Kurz darauf tat sich Samra mit Capital Bra zusammen – das Ergebnis: ein Hit nach dem anderen und das gemeinsame Erfolgsalbum „Berlin lebt 2“, die Fortsetzung von Capitals Soloalbum und der Höhepunkt ihrer Zusammenarbeit.

Zu Beginn standen sowohl Samra als auch Capi bei Bushidos Label Ersguterjunge unter Vertrag, wo das Duo erstmals für Furore sorgte. Nach einer intensiven, aber turbulenten Zeit trennten sich beide vom Label – und später auch voneinander, um ihre Solokarrieren unabhängig fortzusetzen. Nach der lauten Hypephase wurde es ruhig um Samra. Nach Jahren voller Nummer-eins-Hits, Skandale und Dauerpräsenz zog sich der Berliner 2021 weitgehend aus der Öffentlichkeit zurück. Er sprach offen über seine mentale Gesundheit und seine Suchtprobleme und nahm sich bewusst eine Auszeit vom Musikgeschäft – weniger Releases, weniger Auftritte. Jetzt ist er zurück - stärker denn je, psychisch wie auch physisch – und beweist mit seiner „Feuer über Deutschland“-Tour, dass er wieder für die Bühne brennt.

Mit 30-minütiger Verspätung, aber ohne Voract, sorgte der 30-jährige Berliner Rapper schließlich ...
Mit 30-minütiger Verspätung, aber ohne Voract, sorgte der 30-jährige Berliner Rapper schließlich selbst für den Auftakt.(Bild: CHALUK Lukas)

Ein Döner vor dem Feuer
Auch in Wien hat sich Samra angekündigt – der letzte Stopp seiner Tour, also das große Finale. Vor ausverkauftem Haus in der Simm City soll er am Mittwochabend spielen. Schon am Eingang steht ein Polizist und checkt die Lage – klar, bei einem Rap-Konzert keine Überraschung. Um 19.30 Uhr ist ein Voract angekündigt: Caney030. Um 20 Uhr dann Samra. Doch weder der eine noch der andere lässt sich blicken. Kurz nach acht hallen schon die ersten „Samra! Samra! Samra!“-Rufe durch den Saal.

Die Crowd ist bunt gemischt: eingefleischte Rap-Fans neben ganz normalen Jugendlichen und älteren Besuchern – ein wilder, sympathischer Mix. Während das Publikum ungeduldig wartet, kann man auf Instagram live mitverfolgen, wo sich Samra gerade befindet. Und ja, er ist da - allerdings im Backstage, wo er genüsslich seinen Ferhat-Döner isst. Rap-Klischee somit erfüllt. Um 20.30 Uhr gehen endlich die Lichter aus, das Publikum tobt, und mit Herzschlag-Intro und arabischen elterlichen Stimmen aus der Kindheit betritt der Rapper in schwarzer Baseball-Jacke mit Louis Vuitton Glitzerschrift die Bühne. Sein erster Song: „Feuer über Deutschland“ – diesmal allerdings brennt das Feuer über Wien.

„Wien, zeigt mir, wie krass ihr seid!“ – nach jedem Song zeigte sich Samra dankbar und suchte ...
„Wien, zeigt mir, wie krass ihr seid!“ – nach jedem Song zeigte sich Samra dankbar und suchte den Kontakt zum Publikum.(Bild: CHALUK Lukas)

Stimmung, Stimme, Samra
„Wien, was geht? Wir rasieren heute!“, ruft er – und die Menge flippt aus. Gemeinsam mit seinem Backup-Rapper Sony legt er los, doch ehrlich gesagt: Er hätte ihn gar nicht gebraucht. Samra klingt live fast wie auf einer Platte – beeindruckend kräftig, technisch sauber und voller Energie. „Sind ein paar Asoziale hier?“, ruft er ins Publikum, bevor der Track „Asozialer Araber“ startet. Dazwischen feuert er immer wieder Crowd-Interaktionen ab: „Geht’s euch gut, Wien?“ oder „Zeigt mir, wie krass ihr seid!“

Mit „Colt“, „BaeBae“ und „Shoote ma Shoote“ reiht sich ein Hit an den nächsten. Die Bühne leuchtet in Rot und Orange – das visuelle Feuer zur Tour. Bei „Monami“ singt das Publikum lautstark mit: „Ich sitz hier, mit Gold auf der Brust und am Arm ...“ – Gänsehautmoment. Auch bei „Zu Ende“, eigentlich ein Duett mit Sängerin Elif, übernehmen die Wiener Fans begeistert den Gesangspart.

Textsicher: Das Wiener Publikum zeigt, dass hier echte und treue „Berlin lebt 2“-Fans am Start ...
Textsicher: Das Wiener Publikum zeigt, dass hier echte und treue „Berlin lebt 2“-Fans am Start sind.(Bild: CHALUK Lukas)

Leonie, Gänsehautmoment und ein reiferer Samra
Bevor Samra seinen Riesenhit aus „Berlin lebt 2“ „110“ anstimmt, sucht er eine Sängerin im Publikum, die den Chorus von Pop-Musikerin Lea einsingt. Er erzählt, dass sich beim letzten Konzert jemand gemeldet habe, die zwar mutig, aber nicht besonders treffsicher war. Diesmal läuft es anders: Ein junges Mädchen aus der Menge, Leonie, traut sich auf die Bühne. Sie schnappt sich das Mikro und singt die ersten Zeilen: „Wenn wir uns noch lieben, warum tut es so weh?“ – und sie trifft jeden Ton. Das Publikum flippt aus, Samra ist begeistert und für das junge Mädchen, die ein Cappy trägt, ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Denn wer möchte nicht einen Hit-Song mit dem Rapper, der den größten Wiedererkennungswert hat, performen? Nach einem Selfie und herzlichem Dank verabschiedet er sie mit einem breiten Grinsen.

Danach folgen weitere Klassiker: „Tilidin“, „Wieder Lila“, „Zombie“ - alles Hits aus „Berlin lebt 2“. Zwar ohne Kollege Capital Bra, aber mit voller Wirkung. Beim Refrain von „Zombie“ lässt Samra das Publikum allein singen: „Mama, ich war ein Junky, Junky, Junky“ – ein ehrlicher Moment, in dem er seine Vergangenheit nicht beschönigt. Auch Songs wie „Weiß“ aus seinem Soloalbum „Jibrail & Iblis“ fehlen nicht. Die Crowd rappt jedes Wort, textsicher und laut.

Nach gut einer Stunde bedankt sich Samra: „Danke, Wien – ich küss euer Herz“ Dann verschwindet er von der Bühne. Doch die Fans wollen mehr. „Zugabe! Zugabe!“ schallt es durch die Halle – und natürlich kommt er zurück, denn ohne DEN einen Song kann er nicht einfach abzischen. Zum großen Finale gibt’s „Cataleya“ – der Song, mit dem alles begann. Die Menge tobt, Samra lächelt, sagt noch einmal „Danke Wien, bis bald“ – dann gehen die Lichter an.

Fazit
Ein ruhiges Konzert mit starker Stimme, aber wenig Überraschungen. Die Setlist war kompakt, viele Hits waren dabei – andere wie zum Beispiel „Dünnes Eis“ oder „Weisse Orchideen“, die man vielleicht auch gerne in Wien live gehört hätte, fehlten. „Feuer über Deutschland“ oder doch eher Lagerfeuer über Wien? Trotz kleiner Schwächen dominierte Samras unverwechselbare Stimme. Manchmal wirkte er etwas angeschlagen, doch gerade das machte ihn menschlich. Keine Eskapaden, kein Chaos – stattdessen ein gereifter, konzentrierter und technisch top-fitter Rapper, der eher Gentleman als Gangster auf der Bühne war.

Nach rund 70 Minuten war Schluss – kein Abriss – wie er anfangs ankündigte – aber ein ehrlicher, stimmungsvoller Abend. Und vielleicht genau das, was man an einem Mittwochabend nach einem langen Arbeitstag gebraucht hat.

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