Von Utah in die Welt

The Aces: Ohne Angst die Vergangenheit verlassen

Musik
31.12.2025 06:00

Im von Mormonenritualen geprägten Utah wurden die vier Musikerinnen von The Aces religiös und konservativ erzogen – drei von ihnen sind queer, alle suchten schnell den Ausbruch. Die Vergangenheit scheint verantwortlich dafür zu sein, dass man heute gerne feiert und lebt, wie auf dem aktuellen Album „Gold Star Baby“ deutlich zu hören ist. Der „Krone“ gab das Quartett weitere Einblicke in ihr aufstrebendes musikalisches Dasein.

kmm

Als vergangenen August wieder einmal mehr als die halbe Welt unter den ständig steigenden Sommertemperaturen ächzte, zeigten vier junge Damen so gar kein Mitleid und schaufelten mit ihrem vierten Studioalbum „Gold Star Baby“ noch einmal eine ganze Wagenladung Kohle in den glühenden Ofen. Ein lebensbejahenderes und fröhlicheres Disco-Pop-Album wird man zu dieser Zeit wahrscheinlich nicht gefunden haben. Die Urheber, das Quartett The Aces, zeigte sich in einem Statement zum Album jedenfalls freudig: „Dieses Album dreht sich um Spaß, Selbstsicherheit, Übermut und Sex-Appeal. Mittlerweile fühlen wir uns wie erwachsene, gereifte Frauen und entdeckten Dinge auf aufregende und authentische Art und Weise. Dieses Album ist für jeden, der eine Fluchtmöglichkeit aus dieser tristen und grausamen Welt sucht – es ist ein einziges Fest.“ Eine gute halbe Stunde kann man sich mitnehmen lassen in eine zeitgemäße Welt, die zwischen Donna Summer und Giorgio Moroder fällt, aber wichtig-feministische Inhalte der Marke Paramore nicht außer Acht lässt.

Von der Kinderbande zum Red-Bull-Act
Wer die Aces mit ihrem fantastischen Spaßalbum live sehen möchte, muss im Februar nach Deutschland oder Prag fahren – ihr Stelldichein im unrühmlichen St. Pöltner Betonbunker VAZ beim Frequency 2023 ist bis dato noch immer die einzige Österreich-Erfahrung, die die beiden Schwestern Alisa und Cristal Ramirez, Katie Henderson und McKenny Petty bislang machten. Als Trost bleibt uns freilich die Musik – und für die wenigen, die sich den Leckerbissen damals indoor gönnten, die Erinnerung an eine feurige Indiepop-Show, die damals noch nicht diesen funkelnden Glamour des aktuellen Albums hatte. Unter dem Banner The Blue Aces schlossen sich die vier 2008 schon im Kindesalter zusammen, animiert von Lordes Grammy-Gewinn als 18-Jährige im Jahr 2014 setzte auch das Freundinnen-Gespann auf mehr Ernsthaftigkeit. Aus den Blue Aces wurden The Aces, 2016 setzten sich die Songs „Volcanic Love“ und „Stuck“ durch und Band-Entdecker Kenny Salcido lotste sie zum Plattenlabel des Energy-Drink-Riesen Red Bull.

Neben Paramore-Sängerin Hayley Williams ist Salcido für sie noch immer der wichtigste Einfluss, wie sie im Gespräch mit der „Krone“ beim Frequency betonten. „Die Art, wie er das Business führt, wie er sich benimmt und die Band immer voranbrachte, ist beispiellos. Er hat von Beginn weg an uns und unsere Vision geglaubt, hat uns durch Höhen und Tiefen geführt und auch die nötigen Tipps gegeben, wie man sich in dem harten Business nicht in Kleinigkeiten verliert.“ Auch wenn das aktuelle Album in Eigenregie herauskam und man sich mittlerweile vom beruflichen Ziehvater emanzipiert hat – ohne Salcido würden die Aces nicht seit mittlerweile mehr als einem Jahrzehnt für Furore sorgen. In der Hinterhand hat man mittlerweile zahlreiche Festival-Shows, eine ausladende Tour als Support der Punk-Pop-Darlings 5 Seconds Of Summer, zahlreiche Headliner-Shows und eben bereits vier Alben, die von Indie-Pop („When My Heart Felt Volcanic“, „Under My Influence“) über deutlichere Rock-Anleihen („I’ve Loved You For So Long“) bis zum Discopop-Sound der Gegenwart reicht.

Kampf gegen die Vergangenheit
Nicht nur die sich ständig wandelnde Musik ist bei den Aces besonders, auch die Geschichte um die Band erklärt einiges über die Abhärtung, die die vier Musikerinnen mittlerweile durchlaufen haben. Geboren und aufgewachsen sind sie im Mormonen-Umkreis von Utah, drei von vier Bandmitglieder definieren sich als queer und mussten sich diese Freiheit mit viel Selbstvertrauen, Kampfgeist, gegenseitiger Unterstützung und der Hilfe der Musik hart erarbeiten. „Dieses Business ist nicht einfach, umso wichtiger ist die Freundschaft zwischen uns. Wir gönnen uns die Erfolge, stützen uns bei Misserfolgen und sind kreativ immer auf einer Linie. In erster Linie geht es uns darum, Konzerte zu spielen und die Welt zu bereisen – was dann daraus entsteht, liegt nur bedingt in unserer Hand.“ Die extrem religiöse Herkunft und der damit einhergehende Background, von dem man sich über die Jahre lösen musste, hat jedenfalls viel zum heutigen Gesicht der Band beigetragen.

„Unbewusst und ohne das groß zum Thema zu machen, haben wir uns einzeln in unserer Heimat nie ganz wohlgefühlt, weil wir dort nicht reinpassen. Die religiöse Unterdrückung ist in unserer Gegend noch immer sehr präsent und neben der Freundschaft zwischen uns, sehnten wir uns alle nach Zugehörigkeit und Verständnis. Wir sehen die Aces als eine Community, die nicht bei uns endet. Es sind alle eingeladen, denen es ähnlich geht, die sich ähnlich fühlen und die einen Schutzraum vor dieser Welt suchen.“ Die Aces stellen sich gerne bewusst gegen die Traditionalismen und Rückschritte, die es in den USA landesweit zu beobachten gibt. „Unsere Kunst ist der krasse Gegensatz zu allem, was die Republikaner und Konservativen mögen und schätzen. Unsere Existenz ist politisch, das brauchen wir nicht zu verhehlen. Wir repräsentieren Gemeinschaft und hoffen, dass das von unseren Fans so weitergetragen wird. Als wir jung waren, fehlten uns in jeder Hinsicht Vorbilder. Heute gibt es für uns kein schöneres Kompliment als jenes, dass wir andere Mädels zum Musikmachen animiert haben oder Menschen bei unserer Musik einen Safe Space finden.“

Mit der Herausforderung wachsen
Über die Jahre haben sich die Aces auch untereinander noch besser kennengelernt und treten damit noch selbstsicherer innerhalb und außerhalb ihrer Musik auf. Sicherlich ein Mitgrund, dass die Band auch in Businessdingen immer sattelfester wird und der Karriere den nächsten Kickstart verschaffen möchte. „Wir alle gingen durch viele Tiefen und Identitätskrisen. Das gehört im Leben dazu und hat uns über die Jahre umso enger zusammengeschweißt. Wir konnten als Band auch nur so weit kommen, weil wir gemeinsam gewachsen sind und vieles durchgemacht haben. Jede von uns hat ihren eigenen Kopf, ihre eigenen Eigenheiten und eine Vision davon, was die Aces ausmacht. Aber nur im Kollektiv klappt es und nur im Kollektiv sind wir das, was wir heute sind. Mit jedem neuen Album sind wir einen Schritt mehr wir selbst, mit jeder Herausforderung wachsen wir weiter.“ Die Reise der Aces mag insgesamt schon fast 20 Jahre andauernd, man hat aber das untrügliche Gefühl, es ginge erst jetzt richtig los. „Wir sind keine Gimmick-Band – wir wollen definitiv mehr.“

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