Juwelenraub im Louvre
Experte packt aus: „Nur Sammler sind so verrückt!“
Der Juwelenraub im Louvre erschüttert die Kunstwelt, doch echte Profis sind sich längst sicher: Die Beute ist wohl nie für den Weiterverkauf bestimmt gewesen. Der Wiener Edelstein-Experte Thomas Schröck erklärt, warum die Schmuckstücke kaum noch aufzuspüren sind. Und wer sich trotzdem daran erfreut.
Vier Minuten und acht Juwelen – dann waren sie weg. Der Louvre-Raub sorgt weltweit für Schlagzeilen. Doch was nach einem spektakulären Kunstdiebstahl klingt, ist für Insider ein klarer Fall. „Das war ein gezielter Auftrag“, sagt Edelsteinexperte Thomas Schröck, der seit 30 Jahren mit Edelsteinen handelt – legal und unter höchsten Standards, aber auch im ständigen Spannungsfeld zu einer Szene, die gerne Grenzen überschreitet.
Die Beute ist laut Schröck nicht für den Markt gedacht. „Diese Stücke sind zu auffällig, zu bekannt, zu heiß. Kein Händler, kein Auktionshaus rührt das an. Da bleibt nur eine Option: Ein privater Sammler, der sie will. Ganz. Für sich.“
„Man riskiert so viel – und wofür?“
Der Gedanke, dass jemand die Juwelen verkauft, sei naiv. „Das wäre völlig unlogisch. Man riskiert so viel – und wofür? Ein paar zerlegte Steine, die kaum etwas bringen? Nur Sammler sind so verrückt, so etwas zu beauftragen.“ Laut Schröck verschwinden solche Stücke in Tresoren. „Die liegen dann im Nachtkastl, werden nie getragen, nie gezeigt – das ist krank, aber Realität.“
Das war ein gezielter Auftrag.
Edelsteinexperte Thomas Schröck
Umschleifen wäre möglich – aber sinnlos
Schröck: „Viele der alten Diamanten sind im Rosenschliff gearbeitet. Damals wollte man große, auffällige Steine. Heute achtet man auf Qualität – und genau die fehlt.“ Beim Versuch, einen dieser Steine in modernen Brillantschliff zu bringen, würden 20 bis 50 Prozent des Gewichts verloren gehen – und damit auch der Wert. „Bei kleinen Steinen lohnt sich das nicht. Man hätte am Ende winzige, mittelmäßige Brillanten.“
Anders sieht es bei Saphiren oder Smaragden aus. Hier könne ein neuer Schliff den Stein aufwerten – und ihn dadurch leider auch unkenntlich machen. „Aber selbst das ist riskant und teuer. Für einen reinen Materialverkauf ist dieser Coup schlicht zu aufwendig.“
„Wenn die Steine mal raus sind, ist alles weg“
Gold oder Platin wird eingeschmolzen, die Steine geschliffen – kein Experte der Welt kann danach noch beweisen, woher das Material stammt. „Wenn die Täter es richtig machen, ist das für die Öffentlichkeit verloren.“
Nur wer einen Fehler macht, fliegt auf. Schröck kennt auch die andere Seite der Szene: „Wenn sich jemand dumm anstellt – etwa mit der Beute prahlt oder etwas in der Öffentlichkeit trägt – kann das auffliegen.“ Genau deshalb sei fast immer Diskretion oberstes Gebot bei solchen Raubzügen. Und: „Ein Verkauf an Hehler oder Händler ist ausgeschlossen. Niemand will solche Ware anfassen.“
„Unser Versicherer würde uns killen“
Was besonders irritiert: Der Einbruch geschah während der Öffnungszeiten. Die Täter gelangten über ein Fenster ins Museum, nutzten einen Baustellenlift und waren mit Warnkegeln perfekt getarnt. Für Thomas Schröck ist das ein Sicherheits-GAU: „So etwas dürfte bei einem Weltmuseum wie dem Louvre nie passieren.“
Und er wird deutlich: „Unser Versicherer würde uns killen, wenn wir derart nachlässig bei Sicherheitsvorkehrungen wären.“ Als langjähriger Edelsteinhändler kennt er die strengen Vorgaben. „Jede Vitrine, jede Alarmanlage, jeder Transportweg – alles wird überprüft und muss zertifiziert sein. Sonst zahlt keine Versicherung.“
Und bei historischen Juwelen? „Da ist der Marktwert oft gar nicht das Thema – sondern der ideelle. Diese Stücke kann man nicht ersetzen. Und wenn der Louvre hier wirklich geschlampt hat, wird es nicht nur für die Ermittler unangenehm.“
Diese Stücke kann man nicht ersetzen. Und wenn der Louvre hier wirklich geschlampt hat, wird es nicht nur für die Ermittler unangenehm.“
Thomas Schröck
Die internationale Zusammenarbeit ist gut – aber nicht lückenlos. „Bei echten Auftragsarbeiten haben die Behörden keine Chance. Wenn ein Sammler die Stücke im Voraus bestellt, verschwinden sie direkt nach dem Coup. Da hilft keine Datenbank.“
Österreich? Kein Schlupfloch
Schröck betont: „Bei uns ist kein Waschplatz für gestohlene Juwelen. Auktionshäuser wie das Dorotheum oder Händler wie The Natural Gem sind eng an die Behörden angebunden.“
Sein Fazit? Bitterernst: „Wenn das eine Auftragsarbeit war – und alles deutet darauf hin – sehen wir diese Schmuckstücke nie wieder.“
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