Per Video spricht die junge Frau über die Abscheulichkeiten, die ihr sieben Burschen angetan haben sollen. „Sie haben ganz viel von ihren kriminellen Machenschaften erzählt. Sie haben gemeint, sie sind eine richtige Gang mit 80 Leuten. Sie haben mich schon ein bisschen eingeschüchtert.“ Deswegen habe sie Furchtbares über sich ergehen lassen. Die Angeklagten blieben im Wiener Landl hingegen unbeeindruckt.
Die Vernehmung dauert mehrere Stunden. Am Video, das im Wiener Landl abgespielt wird, ist eine junge Frau zu sehen, die nervös einen Stressball knetet – so fest, dass er sogar platzt. Immer wieder streicht sie sich verunsichert die Haare hinters Ohr. Denn das, was sie gleich erzählen muss, ist alles andere als leichte Kost. Die Lehrerin soll monatelang von einer Jugendbande bedroht, erpresst und letztlich vergewaltigt worden sein. Zum Schluss zündeten sie auch noch ihre Wohnung an.
„Hab‘ Fehler gemacht und ihn mitgenommen“
Alles begann mit einer Affäre: „Den Viertangeklagten kenn‘ ich am längsten, weil er mein ehemaliger Schüler ist.“ Anfang 2024 schickte der 16-Jährige ihr eine Anfrage auf Instagram. „Ich wollt's zuerst gar nicht annehmen. Dann hab‘ ich gesehen, dass ein paar Kollegen mit ihm befreundet sind.“ Man tauschte harmlose Belanglosigkeiten aus – anfänglich. „Irgendwann ist das in eine andere Richtung gegangen.“ Beim Fortgehen dann: „Ich war wirklich sehr, sehr betrunken. Ja, dann hab‘ ich einen Fehler gemacht und hab‘ ihn mitgenommen.“
Ich hab‘ mir gedacht, der erzählt das sicher weiter und ruiniert mich. Ich hab‘ außerdem gewusst, dass er in dieser Bande ist und, dass das keine guten Menschen sind.
Junge Lehrerin in ihrer kontradiktorischen Vernehmung
Danach traf man sich öfter: „Ich hab‘ mich nicht getraut, ,Nein' zu sagen. Ich hab‘ mir gedacht, der erzählt das sicher weiter und ruiniert mich. Ich hab‘ außerdem gewusst, dass er in dieser Bande ist und, dass das keine guten Menschen sind.“ Einige von den Mitgliedern nahm der 16-Jährige zu einem Treffen in der Wohnung der Lehrerin mit. „Das war ein bisschen seltsam, weil das einfach nicht meine Welt ist. Sie haben ganz viel von ihren kriminellen Machenschaften erzählt. Sie haben gemeint, sie sind eine richtige Gang mit 80 Leuten. Sie haben mich schon ein bisschen eingeschüchtert.“
Lehrerin tolerierte Burschen aus Angst
Deswegen empfing das Opfer die Burschen immer wieder in ihrer Wohnung, bewirtete sie – tolerierte sie quasi. „Ich glaube, niemand halbwegs normales hätte sich freiwillig mit sowas umgeben“, spricht sie – erzählt von Drohungen und Erpressungen. Schockierende Aussage über den Fünftangeklagten, der sie am meisten eingeschüchtert haben soll: „Je schlechter es mir ging, desto glücklicher wurde er.“ Auch 800 Euro sollen die Angeklagten der Wienerin aus einer Spardose weggenommen haben.
Missbrauch unter Drogen
Letzten August dann die erste Eskalation: Die Lehrerin kontaktierte einen der Burschen, wollte, dass er ihr hilft. Denn bei den früheren Besuchen wurden problematische Bilder von dem Opfer angefertigt – unter Suchtgifteinfluss. Material für weitere Erpressungen. Statt Hilfe zu bekommen, sei die Frau jedoch unter Drogen gesetzt worden: „Irgendwann habe ich gemerkt, dass es mir nicht so gut geht.“ Dann wird das erste Mal die Öffentlichkeit ausgeschlossen – es geht nämlich um den Missbrauch einer Wehrlosen.
Ich musste mich jemandem anvertrauen. Ich wusste, wenn ich es jetzt nicht mache, schaffe ich das nicht mehr.
Opfer über den ersten Schritt zur Besserung
Wenig später durften Medienvertreter und Zuhörer wieder in den Saal. Die völlig aufgelöste Frau erzählt weiter: „Ich musste mich jemandem anvertrauen. Ich wusste, wenn ich es jetzt nicht mache, schaffe ich das nicht mehr.“ Sie gestand das Martyrium ihrer Familie, begab sich in Therapie. Nicht aber zur Polizei.
Fatale Kontaktaufnahme
Bis Ende November schien sich alles in die richtige Richtung zu bewegen – kein Kontakt zu den Angeklagten, sie plante wieder arbeiten zu gehen. Dann bekam sie auf Instagram immer mehr Nachrichten von Jugendlichen, auch Schülern, mit sexuellen Anspielungen. Noch einmal wollte sie die Angeklagten zur Rede stellen, was sie verbreiten und was mit den Bildern und Videos passiert sei.
„Das war das Dümmste, was ich je gemacht habe“, weint die Pädagogin. Denn bei Besuchen in ihrer Wohnung sollen die zwei Hauptangeklagten (15 und 17) sie vergewaltigt haben. Auch bei diesen Punkten muss die Öffentlichkeit den Saal verlassen. Und die Jugendlichen auf der Anklagebank: Sie halten den Kopf entweder gesenkt, starren ins Leere oder zucken immer wieder mit den Mundwinkeln – grinsten fast ...
Das Ende fand diese Gewaltspirale erst Mitte Jänner, als die Angeklagten die Wohnung der jungen Lehrerin anzündeten. Sie war gerade im Ausland auf Urlaub. Fotos zeigen: Ihr zu Hause brannte völlig aus, es blieb nichts übrig.
Am 20. Oktober soll ein Urteil fallen.

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