Am zweiten Prozesstag gegen den gefallenen Immo-Pleitier René Benko standen Zeugenbefragungen am Programm. Am frühen Nachmittag fiel in Tirol das mit Spannung erwartete Urteil: ein Schuldspruch und ein Freispruch. Den Schuldspruch nimmt der 48-Jährige starr und mit leerem Blick zur Kenntnis.
Einmal schuldig, einmal Freispruch – das verkündet Richterin Andrea Wegscheider am Mittwoch um 13.57 Uhr im voll besetzten Schwurgerichtssaal im Landesgericht Innsbruck.
Und nicht schuldig ist René Benko laut Erstgericht ausgerechnet in jenem Faktum, über das im Prozess überwiegend gesprochen wurde: „Die Villa auf der Hungerburg war zum Zeitpunkt der Mietvorauszahlung bewohnbar, und wir sind uns auch sicher, dass er selbst dort wohnen wollte“, begründet sie, dass es sehr wohl eine Gegenleistung für das Mietrecht gegeben habe.
Während die WKStA in diesem Anklagepunkt von betrügerischer Krida ausging. Benko habe eine vierjährige Mietvorauszahlung getätigt, obwohl er, wie Oberstaatsanwältin Tea Krasa in ihrem Schlussplädoyer sagte, „in Wahrheit das Haus überhaupt nicht gebraucht hat. Es ist naheliegend, dass der Tiroler selbst die Mietvorauszahlung in den Vertrag hineinschreiben hat lassen.“ Womit er den Gläubigern Geld vorenthalten habe – konkret 360.000 Euro.
Der Vormittag des zweiten Prozesstages drehte sich fast nur um ebendiese Villa auf der Hungerburg. Sechs Zeugen wurden befragt. Laut Masseverwalter Andreas Grabenweger ist derzeit am Landesgericht Innsbruck ein zivilrechtliches Verfahren anhängig, in dem er die Rückzahlung der 360.000 Euro ordert.
45 Millionen Euro bisher anerkannt
Spannend wird es, als er Zahlen aus dem Insolvenzverfahren liefert: Auf dem Massekonto befänden sich demnach aktuell 900.000 Euro, auf einem weiteren Konto 400.000 Euro. In der Summe wurden bislang 45 Millionen Euro an Forderungen anerkannt. Angemeldet wurden allerdings knapp 2,7 Milliarden Euro!
Verurteilt wurde Benko für den zweiten Strang der Anklage, der Rücküberweisung von 300.000 Euro wenige Tage nachdem ihm seine Mutter 1,5 Millionen Euro geschenkt hatte. Und der fällt unerwartet hart aus: „Zwei Jahre Freiheitsstrafe für betrügerische Krida“, verkündet Frau Rat. Unbedingt! Aus generalpräventiven Gründen, wie sie sagt.
„Benko war über jede Zahlung informiert“
„Herr Benko hat von seiner Mutter etwas geschenkt bekommen, er hat es ohne Rechtsgrund zurücküberwiesen. Damit ist die Causa erledigt, das reicht für die Krida.“ Alles Weitere sei irrelevant. „Laut der Chats ist klar, dass Benko über jede Zahlung informiert war. Es wäre lebensfremd, anzunehmen, dass er sich dabei nichts gedacht hat.“
Wichtig: 300.000 Euro wurden nicht überschritten – einen Cent mehr, dann wäre der höhere Strafrahmen von ein bis zehn Jahren Haft erfüllt gewesen. So „nur“ sechs Monate bis fünf Jahre Haft.
Leerer Blick und Schockstarre
Den Schuldspruch nimmt der 48-Jährige, der dabei an der Wand hinter seinen Verteidigern steht und nicht in der Saalmitte, starr und mit leerem Blick zur Kenntnis. Sein Gesicht ist blass und zeigt keine Regung – wie in einer Schockstarre. Er gibt – wie auch die WKStA – keine Erklärung ab, das Urteil ist demnach nicht rechtskräftig.
Sein Verteidiger Norbert Wess deutet an, dass eine volle Berufung im Raum stehe, er dies aber noch mit seinem Mandaten besprechen müsse. Bis inklusive Montag habe er dafür Zeit. „René Benko ist mit dem Urteilsspruch nicht einverstanden. Die Beweislast wurde zu seinen Lasten ausgelegt.“
Fußfessel für Benko? „Das ist nicht realistisch“
Begleitet von sieben Justizwachebeamten wird der verurteilte Immo-Pleitier aus dem Saal und zurück in die Justizanstalt Innsbruck gebracht. Ob die U-Haft bis zum nächsten Prozess in Innsbruck oder in Wien vollzogen wird, ist laut Wess unklar. Eine Fußfessel erachtet er als nicht realistisch. Doch ist damit zu rechnen, dass er zeitnah einen neuerlichen Antrag auf Enthaftung stellen wird. Jedoch ist er damit nicht erst einmal abgeblitzt.
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