Auch Wien war Tatort

Europaweit gesuchter Mafioso in Berlin verurteilt

Wien
12.09.2025 16:10

Wegen versuchten Mordes ist ein europaweit gesuchtes Führungsmitglied eines mutmaßlichen serbischen Mafiaclans der Vracar-Gruppe in Berlin zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt worden. Der 35-jährige Serbe soll im Auftrag des Kavac-Clans für einen Mordversuch in Berlin-Charlottenburg verantwortlich sein.

Das Berliner Landgericht sah es als erwiesen an, dass der 35-jährige Serbe für einen Mordversuch in Berlin-Charlottenburg im Jahr 2020 verantwortlich ist, wie Richter Matthias Schertz in seiner Urteilsbegründung am Freitag sagte. Der Verurteilte war auch in Österreich gesucht worden.

80 Morde zwischen serbischen Clans
Es gebe Anhaltspunkte, dass der Angeklagte eine führende Rolle in der serbischen Vracar-Gruppierung eingenommen habe, sagte Schertz. Laut Staatsanwaltschaft sollte die Vracar-Gruppe den Mord im Auftrag des sogenannten Kavac-Clans aus Montenegro verüben, das Opfer soll ein Führungsmitglied der gegnerischen Skaljari-Gruppe gewesen sein. Die Auseinandersetzungen zwischen den beiden Gruppierungen sollen europaweit wechselseitig zu mehr als 80 Morden und Mordversuchen geführt haben.

Auch der Mord im Dezember 2018 vor dem Wiener Traditionsgasthaus Figlmüller in der Wollzeile, bei dem ein 31-Jähriger per Kopfschuss getötet worden, sein jüngerer Begleiter schwer verletzt worden war, wurde im Rahmen des Konflikts verübt. Beide Opfer gehörten zum Kavac-Clan.

Die Austragungsorte der Rivalität der beiden Clans zogen sich vielerorts durch Europa. Auch in ...
Die Austragungsorte der Rivalität der beiden Clans zogen sich vielerorts durch Europa. Auch in Wien musste ein Mann im Jahr 2018 sein Leben lassen.(Bild: Holl Reinhard)

Kaltblütiger Auftragsmord in Berlin-Charlottenburg
In dem Berliner Fall lauerte laut Anklage ein vom Angeklagten beauftragter Mann dem Opfer am 17. Februar 2020 bei dessen Wohnhaus in Berlin-Charlottenburg auf. Als der Mann den Hinterhof betrat, gab der Auftragsmörder Schüsse ab, verfehlte ihn aber. Das Opfer konnte sich in das Stiegenhaus retten und kam unversehrt davon. Zwei Wochen später starb es allerdings durch eine Autobombe in Montenegro – was nicht Gegenstand des Berliner Verfahrens war.

Der Angeklagte habe den Mord kaltblütig in Auftrag gegeben, sagte Richter Schertz. Er habe ganz erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt, etwa indem er den Auftrag gegeben habe, auch mögliche Zeugen gleich mit zu „eliminieren“. Er habe die Tat minutiös vorbereitet, von der Anreise der Täter über die Beschaffung der Wohnung sowie der Waffe. Noch kurz vor der Tat habe er letzte Anweisungen per Chatnachrichten gegeben.

Festnahme schlussendlich in Barcelona
Der 35-Jährige war im Oktober 2024 im spanischen Barcelona festgenommen worden. Er wurde im Frühjahr 2025 nach Deutschland ausgeliefert und kam in Berlin in Untersuchungshaft. Der Mann war auch von Österreich, Kroatien, Montenegro und Serbien zur Fahndung ausgeschrieben. Laut deutscher Anklagebehörde werden ihm die Beteiligung an acht Morden, schwerer Raub, Waffengesetzesverstöße sowie die Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Die Staatsanwaltschaft forderte in dem Prozess in Berlin eine Haftstrafe von zwölfeinhalb Jahren für den Mann. Die Verteidigung plädierte hingegen auf Freispruch. Aus ihrer Sicht hätten die Chats nach deutschem Recht gar nicht ausgewertet werden dürfen. Außerdem sei nicht sicher, ob sie vollständig vorlagen oder gar manipuliert wurden. Es sei denkbar, dass die deutschen Behörden hier missbraucht wurden, um einen Konflikt zu klären und eine „Schachfigur vom Feld zu ziehen“, befand die Verteidigung.

Chats als zentraler Diskussionspunkt im Prozess
Angesichts der mehrere Aktenordner füllenden Chatnachrichten sei dies aus Sicht der Kammer abwegig, sagte Schertz in seiner Begründung. Es sei schwer vorstellbar, dass ein angeblicher Manipulator derart viele Nachrichten erstellt habe – inklusive Gruppenchats. Die Nachrichten, die über verschlüsselte Handys ausgetauscht wurden, seien eindeutig dem Angeklagten zuzuordnen – ebenso wie zahlreiche Bilder, die dort von ihm zu sehen seien, sagte Schertz.

Der Angeklagte schwieg in dem Prozess. Auch die Gelegenheit, sich in einem letzten Wort zu äußern, ließ er verstreichen. Wie bei Prozessen mit Bezug zu organisierter Kriminalität üblich, galten für die Verhandlung hohe Sicherheitsstandards.

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