Teilzeit-Debatte

„Das ist ein Angriff auf das soziale Steuersystem“

Wirtschaft
23.08.2025 08:30

Gewerkschafterin Barbara Teiber legt Zahlen und Fakten vor. So verdienen Teilzeitkräfte rund 18 Prozent weniger pro Stunde als Vollzeitmitarbeiter. Teiber fordert, dass die Politik mit Maßnahmen bei den Beschäftigten ansetzt. In den Forderungen der Industrie sieht sie einen „Angriff auf das progressive soziale Steuersystem.“

Die Teilzeit-Debatte wird von allen Seiten hitzig geführt. In der „Krone“ wehrt sich Barbara Teiber, Chefin der Gewerkschaft der Privatangestellten, dagegen, Teilzeit als Faulheit und Freizeitlust zu deuten.

Frauen leisten viel unbezahlte Arbeit
„Teilzeit ist weiblich. Und das wissen auch jene Wirtschaftsvertreter, die die Beschäftigten pauschal als Minderleister abwerten“, so die Gewerkschafterin. Hauptgrund ist: Job und Betreuung zu verbinden. Bei 420.000 Frauen ist das so, bei Männern sind es nur 26.000 Personen. „Frauen leisten 40 Prozent der bezahlten, aber 60 Prozent der unbezahlten Arbeit wie Kinderbetreuung und Pflege.“

Teilzeitkräfte verdienen auch um 18 Prozent weniger pro Stunde als Vollzeit-Mitarbeiter. Das ist wenig überraschend: Es geht häufig um schlecht bezahlte Branchen.

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Teilzeit ist weiblich. Und das wissen auch jene Wirtschaftsvertreter, die die Beschäftigten pauschal als Minderleister abwerten.

GPA-Chefin Barbara Teiber

Die Industrie führt häufig an, dass sich Mehrarbeit wegen unseres Steuersystems zu wenig lohne. Richtig ist: Wer sein Bruttogehalt von 2000 auf 4000 Euro verdoppelt, bekommt netto nur 71 Prozent mehr. „Doch das lässt die Pensionsansprüche außer Acht. Diese steigen um 108 Prozent. Teiber sieht einen „Angriff auf das soziale progressive Steuersystem“. Denn das Problem wäre in letzter Konsequenz nur mit einer Flat Tax lösbar. Dann müssten Niedrigverdiener gleich viel wie Spitzenverdiener prozentuell abgeben.

„Teilzeit nicht auf Kosten der Vollzeit“
Zudem öffnet Teilzeit den Arbeitsmarkt auch für jene, die zuvor gar nicht gearbeitet hätten. Die „Zahl der Beschäftigten ist seit den 1990ern um eine Million gestiegen (siehe Grafik). Vollzeit blieb stabil, Teilzeit kam zusätzlich dazu. „Der Anstieg ging nicht auf Kosten der Vollzeit“, so Teiber. Die Anzahl der geleisteten Stunden ist seit 2000 sogar gestiegen.

(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)

Das könnte freilich demografische Gründe haben, da die Bevölkerung gewachsen ist. Bei genauem Hinsehen zeigt sich aber: Die Erwerbsquoten sind gestiegen, besonders bei Älteren. Bei Frauen hat sich die Quote seit 2000 verdreifacht. „Das Verhältnis ergibt sich nicht durch demografische Gründe“, meint Teiber. Auch die Arbeitszeitstruktur hat sich verschoben, und zwar zu längerer Teilzeit (25 bis 35 Stunden) und kürzerer Vollzeit (36 bis 40 Stunden).

Bessere Datengrundlage würde helfen
Doch was tun, um das Problem zu lösen? Neben dem Ausbau der Kinderbetreuung schlägt Teiber weitere Maßnahmen vor. Zudem soll endlich eine bessere Datenbasis geschaffen werden. Die Politik hat keine echte Übersicht über die Arbeitsstunden der Bevölkerung, da das die Sozialversicherungen nicht erheben, daher wird in der Debatte auf Befragungen der Statistik zurückgegriffen.

So könnte man bei der Mehrarbeit ansetzen. Zur Erklärung: Wenn jemand Teilzeit arbeitet, etwa 20 Stunden pro Woche, dann aber in einer Woche 30 Stunden arbeitet, handelt es sich um Mehrarbeitsstunden, Überstunden fangen bei über 40 Stunden an. „Ein Angleich des Mehrarbeitszuschlags auf 50 Prozent und die Fälligkeit ab der ersten Stunde würden Mehrarbeit sogar attraktivieren, ganz ohne Bestrafungsfantasien“, so Teiber.

Forderung nach einem „Recht auf Aufstocken“
Zudem plädiert sie für ein „Recht auf Aufstocken“, wenn oft Mehrstunden anfallen. In der Hotellerie-Branche gibt es das bereits. „Es braucht unverzüglich ein Recht auf Erhöhung der Arbeitszeit, damit jene, die mehr arbeiten wollen, das auch können.“ 195.000 Teilzeitbeschäftigte (14 Prozent) wünschen sich mehr Stunden.

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