Haben wir längst eine Zweiklassen-Medizin? Zumindest beobachtet die Arbeiterkammer Oberösterreich, dass lange Wartezeiten auf Operationen dazu führen, dass Patienten in Praxen von Wahlärzten landen. Die Gesundheitsholding betont, dass Akutfälle aber immer vorgezogen würden.
„Einfach nur unglaublich und eine Schande für Österreich“ oder „Bald wie in den USA – wer Geld hat, bleibt gesund, wer keines hat ...“ Der Bericht über einen Vierjährigen, der trotz starker Ohrenschmerzen in Oberösterreich erst Anfang 2026 operiert werden sollte, sorgt auf krone.at für heftige Diskussionen.
„Peinliche Ausreden“
Erst im Salzburger Zell am See bekam die Mutter einen OP-Termin, dort kommt der Bub bereits im August dran. „Uns ist bewusst, dass lange Wartezeiten durch hohes Patientenaufkommen eine Belastung darstellen können“, sagt dazu die OÖ Gesundheitsholding. „Akute und dringliche Fälle werden aber immer vorgezogen.“ Für die SPOÖ sind das „peinliche Ausreden“. Sie sieht ein Managementversagen als Ursache der Krankenhausprobleme und fordert leicht zugängliche Infos über Wartezeiten.
62 bis 73 Wochen müssen Patienten in den oberösterreichischen Spitälern auf eine Operation für Hüft- und Knie-Endprothesen warten, 51 Wochen auf eine Nasenpolypen-OP und bis zu 50 Wochen auf eine Mandeloperation (Stichtag 30.10.2024).
Wartezeiten stimmen nicht
Die hatte sich die Mutter des Vierjährigen auch genau angesehen und festgestellt, dass die online ausgewiesenen Zeitspannen nicht immer stimmten. Die „Krone“ wollte von Dennis Tamesberger, Leiter des Teams Sozialpolitik bei der Arbeiterkammer OÖ, wissen, wie es zu diesen Abweichungen kommen kann: „Der Gesetzgeber schreibt allen Spitälern vor, die Wartezeiten öffentlich zu machen. Aktualisierungen sind aber zu wenig streng vorgegeben.“
Ausweichen zu Privatärzten
Außerdem handle es sich um Durchschnittswerte, die sich durch Vorreihungen von Privatversicherten ändern könnten. Daher wünscht sich die Arbeiterkammer, dass OP-Wartezeiten transparenter ausgewiesen werden, und zwar gesondert nach „allgemein versichert“ und „Sonderklasse“. „Ein Ausweichen auf andere Bundesländer ist möglich, wir beobachten aber, dass Patienten viel häufiger aufs Geldbörserl, also zu Wahlärzten, ausweichen“, so Tamesberger.
Studie verblüfft
Laut einer Umfrage des Instituts für Höhere Studien hätten bundesweit 8,3 Prozent der Patienten das Angebot bekommen, in eine Privatpraxis zu wechseln. Fünf Prozent wurde in Aussicht gestellt, durch eine „informelle Zahlung“ in der Warteliste vorgereiht zu werden. „Damit liegen wir an der EU-Spitze“, sagt Tramesberger.
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