Eingewickelt in eine Tagesdecke, ein Papiersackerl und einen schwarzen Plastiksack – so wurde die Leiche der kleinen Melek in einem Müllcontainer neben der Klinik Favoriten gefunden. Der erst sieben Tage alte Säugling wurde von seiner eigenen Mutter getötet. „Ich weiß, ich bin ein Monster“, zerfließt die 30-Jährige in ihrem Mordprozess im Landl nun in Selbstmitleid. Sie wird nicht rechtskräftig zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
Wohl kaum eine Person auf der Geschworenenbank im Wiener Landesgericht kennt den schrecklichen Fall der kleinen Melek nicht bereits aus den Medien. Und trotzdem zeichnet sich auf den Gesichtern Entsetzen ab, als die Staatsanwältin zum Eröffnungsplädoyer ansetzt. „Schon im Kreißsaal hat sich die Angeklagte überlegt, wie sie das Baby loswerden kann. Das sind ihre Worte bei der Polizei.“
30-Jährige sei „Schandfleck der Familie“
Das Mädchen wurde am Nachmittag des 14. Novembers letzten Jahres in der Wiener Klinik Favoriten geboren. „Sie war der Schandfleck der Familie“, so Verteidigerin Astrid Wagner. Denn nach einem Gefängnisaufenthalt im Ausland war die Familie der 30-Jährigen strikt gegen die Beziehung mit dem Kindesvater. Und dann folgte noch dazu eine ungeplante und uneheliche Schwangerschaft.
Sie kann sich nicht mehr in den Spiegel schauen, weil sie sich hasst.
Verteidigerin Astrid Wagner über ihre Mandantin
Bild: Urbantschitsch Mario
Für eine Abtreibung sei es zu spät gewesen – beim positiven Schwangerschaftstest war sie bereits in der 19. Woche. „Sie hat sie dann nicht nur verheimlicht, sondern sogar verdrängt“, meint Verteidigerin Wagner. Bis ein Monat vor dem errechneten Geburtstermin die Wehen einsetzten, das Baby als Frühchen zur Welt kam. „Sobald sie es mir auf die Brust gelegt haben, hab‘ ich gewusst, sie ist ein Engel“, sagt die Angeklagte. Auch der Name Melek bedeutet im Arabischen Engel ...
„Ich wusste nicht, wohin mit ihr“
„Am Donnerstag haben Sie mir im Krankenhaus dann gesagt, ich werde entlassen. Da hat der Tunnelblick begonnen. Ich wusste nicht, wohin mit ihr“, erinnert sich die Österreicherin. Dabei hätte es so viele Möglichkeiten gegeben: Der Kindesvater, der sich auf das Baby gefreut und sogar schon das Bettchen aufgebaut hatte. Eine Adoption oder selbst die Babyklappe. Alles wäre besser gewesen als das, wofür sich die 30-Jährige schließlich entschied.
„Ich hab‘ sie angezogen, sie fertig gemacht und in die Tagesdecke gelegt.“ In einem Papiersackerl trug sie Melek aus der Klinik, einen schwarzen Müllsack hatte sie dabei in der Hand – damit dem Säugling nicht kalt werden würde. „Ich wollte sie irgendwohin legen, nicht töten.“
Dann habe das kleine Mädchen begonnen, zu weinen. „Ich hab‘ einmal versucht, sie zu erwürgen, hab's aber nicht geschafft.“ Und dann? „Dann hab‘ ich sie auf den Boden.“ „Auf den Boden was?“, hakt die Richterin nach. „Geschmissen“, flüstert die Frau. „Wie oft?“ – „Dreimal.“ Bis Melek nicht mehr weinte ...
Selbstmitleid und Tränen vor Gericht
Nach wilden Entführungsgeschichten, einem riesigen Polizeieinsatz und einer eintägigen Suche fand man die Leiche des Säuglings schließlich in einem Müllcontainer. „Wenn ich jetzt die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich alles anders machen. Melek wäre noch am Leben“, zerfließt die 30-Jährige in Selbstmitleid. „Ich weiß, ich bin ein Monster.“
Die Geschworenen brauchen nicht lange, um die junge Frau einstimmig des Mordes schuldig zu sprechen. 20 Jahre Gefängnis befinden sie für angemessen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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