90 Prozent vorzeitig

Warum Wien-Mitarbeiter so früh in Pension gehen

Wien
17.06.2025 06:00

Über 1000 Bedienstete der Stadt Wien sind im Jahr 2024 in Pension gegangen. Bemerkenswert daran: Nur ein Bruchteil – exakt 98 Personen – trat regulär ins gesetzliche Pensionsalter ein. Satte 91,1 Prozent der Ruhestände erfolgten vorzeitig.

Für die Wiener ÖVP ist das ein unhaltbarer Zustand: Klubobmann Harald Zierfuß und Seniorensprecherin Ingrid Korosec sprechen von einem „System Wiener Frühpension“, das „weder gerecht noch enkelfit“ sei.

Die Kritik entzündet sich vor allem am Pensionsantrittsalter. Während Bundesbedienstete durchschnittlich mit 62,7 Jahren in den Ruhestand treten, liegt dieses bei Wiener Magistratsbeamten bei nur 61,01 Jahren. Ein strukturelles Problem, so Zierfuß: „Die Stadt kann es sich nicht länger leisten, mehr als 90 Prozent der Bediensteten vorzeitig in den Ruhestand zu schicken.“

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Die Stadt Wien kann es sich nicht länger leisten, dass mehr als 90 Prozent der Magistratsbediensteten vorzeitig in den Ruhestand wechseln. Die Stadtregierung muss alle Anstrengungen unternehmen, um das faktische Pensionsantrittsalter an das gesetzliche anzugleichen.

Klubobmann Harald Zierfuß (ÖVP)

Stadt verweist auf Rechtslage
Die Stadt Wien wiederum kontert: Man halte sich schlicht an geltendes Recht. So bestehe laut Dienstordnung das Recht auf Ruhestandsversetzung – etwa bei Schwerarbeit oder langer Dienstzeit. Im Jahr 2024 wurden 92 Beamte aufgrund von Nacht- oder Schwerarbeitspensionen in den Ruhestand versetzt, 300 weitere nach 45 ruhegenussfähigen Dienstjahren – im Schnitt mit 62,7 Jahren. Zudem beantragten 345 Bedienstete ihren Ruhestand ab dem 60. Lebensjahr, was rechtlich zulässig ist, solange keine dienstlichen Interessen entgegenstehen.

Die Stadt verweist außerdem auf Pläne, das faktische Pensionsantrittsalter schrittweise anzuheben. Teil des Regierungsprogramms sei ein Maßnahmenpaket, das etwa ein verbessertes betriebliches Eingliederungsmanagement nach längeren Krankenständen umfasst. Die Stoßrichtung: Langjährige Mitarbeiter sollen nicht in die Frühpension gedrängt, sondern im Arbeitsprozess gehalten werden.

Strukturproblem oder Fürsorgesystem?
Tatsächlich zeigt ein Blick in den Rechnungsabschluss: Der Anteil vorzeitiger Pensionierungen war in den vergangenen Jahren durchgehend hoch – 2024 lag er sogar höher als in den vier Jahren davor. Gleichzeitig sank der Anteil jener, die wegen dauernder Dienstunfähigkeit ausschieden, auf rund 24 Prozent. Eine Entwicklung, die auch Spielräume für aktivere Personalpolitik offenbart. Ob man das Wiener Modell als reformbedürftig oder als fürsorglich im Sinne der Mitarbeiter betrachtet – darüber gehen die Meinungen auseinander. Klar ist: Mit über zwei Milliarden Euro an Pensionszahlungen pro Jahr ist das Thema für die Stadt längst kein Nebenschauplatz mehr.

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