„Ein Tal weint“

Gletschersturz in Schweiz: Jetzt droht Flutwelle!

Ausland
29.05.2025 13:08

Nach dem gigantischen Gletscherabbruch im Lötschental im Schweizer Kanton Wallis droht nun eine weitere Katastrophe. Weil sich hinter den Geröllmassen Gewässer stauen, geht die Angst vor einer neuen Flutwelle um. 

Ein meterhoher Damm aus Geröll, Fels und Eis verhindert aktuell den Abfluss des Flusses Lonza und des Dorfbachs Gisentella. Es stauen sich bereits immense Wassermassen. Wenn das Wasser durchbricht, droht weiter unten im Tal eine Flutwelle. In zwei weiteren Gemeinden wurden bereits mehrere Häuser vorsichtshalber geräumt. 16 Menschen waren davon betroffen.

Ein erstes Drohnenvideo zeigt das Ausmaß der 
Zerstörung im Bergdorf Blatten im Schweizer Lötschental:

Sorge vor Dammbruch
„Das Schlimmste wäre, dass sich Wasser aufstaut bis zur Krone des Bergsturzdammes“, sagte der Geologe Flavio Anselmetti von der Universität Bern dem Schweizer Radiosender SRF. Der Fluss könne sich dann in das Gestein-Eis-Gemisch einschneiden, der Damm instabil werden und brechen: „Dann könnten sehr starke Flutwellen oder Murgänge von diesem Seeausbruch für die Gemeinden, die im unteren Tal liegen, drohen.“ Die Armee ist bereits mobilisiert. Mit Drohnen und Hubschrauberüberflügen wird die Lage stündlich beurteilt.

Auf Drohnenbildern ist das fast ganz unter einer meterhohen Schuttschicht begrabene Bergdorf Blatten kaum mehr zu sehen. „Ein Tal weint“, schrieb die Online-Plattform des lokalen Medienhauses Pomona.

Bergdorf zerstört: Einwohner unter Schock
Die rund 300 Einwohner Blattens haben alles verloren. 90 Prozent des Dorfes, rund 130 Häuser sowie die Kirche, sind unter einer Schuttschicht begraben. Sie sei zwischen 50 und 200 Metern dick, sagte Naturgefahrenchef Raphaël Mayoraz. Der Kegel ist zwei Kilometer lang und rund 200 Meter breit. Insgesamt donnerten nach Schätzungen drei Millionen Kubikmeter Fels, Geröll und Eis des Birchgletschers ins Tal.

Zitat Icon

Die Leute haben alles verloren, was man sein ganzes Leben aufgebaut hat.

Beat Rieder, Schweizer Politiker

Die wenigen verbliebenen Häuser sind nach Angaben der Behörden inzwischen durch den wachsenden Wasserstau der Lonza überflutet. Blatten ist das letzte Dorf im 27 Kilometer langen Lötschental. Es liegt auf rund 1500 Metern.

Die Schweizer Überwachung der Gebirge hatte schon Mitte Mai zu Warnungen geführt, dass oberhalb des Dorfes ein Bergsturz droht. Als die Spalten im Fels schnell wuchsen, kam am 19. Mai aber doch recht plötzlich der Aufruf, das Dorf innerhalb einer Stunde zu verlassen. Viele Menschen packten in Kürze das Nötigste zusammen und verließen das Dorf.

Über Tage bröckelte in weiterer Folge der Fels und Brocken donnerten ins Tal, aber nichts davon erreichte Blatten. Bei der Evakuierung machten viele deutlich, dass sie die Vorsichtsmaßnahmen zwar schätzten, aber dennoch damit rechneten, dass das Dorf glimpflich davonkommt – wie bei ähnlichen Lagen in anderen Bergregionen.

Das schlimmste Szenario ist eingetroffen
Im Lötschental wurde dann aber das schlimmste erdenkliche Szenario Wirklichkeit. Der Abgeordnete Beat Rieder aus dem Nachbarweiler Wiler sprach im Fernsehen von einer Jahrhundertkatastrophe. „Es ist ein Ereignis, das das Tal seit Beginn der Geschichtsschreibung nie erlebt hat“, sagte er im Schweizer Fernsehen. „Die Leute haben alles verloren, was man sein ganzes Leben aufgebaut hat“, sagte er. „Man blickt auf den Bildschirm und kann nichts machen, das ist ein schwerer Schock.“

(Bild: EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
(Bild: EPA/PETER KLAUNZER)
(Bild: AFP/FABRICE COFFRINI)
(Bild: EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
(Bild: EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
(Bild: EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT)

Suche nach einem Vermissten
Seit die Eis- und Gerölllawine am Mittwochnachmittag mit gigantischem Getöse und einer Staubwolke wie nach einer Explosion ins Tal donnerte und Blatten unter sich vergrub, werden die Bewohner abgeschirmt und betreut. Gemeinderatsmitglieder zeigen sich vor der Presse fassungslos. Ein 64-jähriger Einheimischer war trotz Räumung am Mittwoch im Gefahrengebiet unterwegs und wird noch vermisst.

Finanzielle Soforthilfen für Betroffene
Mehrere Hilfswerke reagierten mittlerweile mit finanziellen Zusagen für Soforthilfe an Betroffene. Caritas Schweiz und das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) stellten umgerechnet 430.000 Euro für ungedeckte Schäden zur Verfügung. Die Patenschaft für Berggemeinden will in Blatten mit mehr als einer Million Euro helfen.

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