Gib ihm die Sporen!

Mustang Shelby GT500: Das Leben ist kein Ponyhof

Motor
05.05.2013 22:38
Effizienz, Spritsparen, Downsizing. Nett. Und dann das: Sie schauen und starren und staunen. Steht man mit einem Ford Mustang Shelby GT500 an der Ampel hat man die Aufmerksamkeit der Umstehenden sicher. Wird es grün und der 5,8-Liter-V8 legt sich mit seinen 660 PS in die Zügel, verschlägt es nicht nur dem Fahrer den Atem.

Schon wenn er nur so dasteht, sieht er aus, als würde er nervös mit den Hufen scharren. Vorn spannen sich Kühlergrill und Lufteinlässe so aberwitzig breit, dass man Angst um die Kleinwagen bekommt, die er verschlingen könnte, wenn sie sich ihm in den Weg stellen. Bei den tiefschwarzen 19- und 20-Zöllern genügt ein Blick und man hat den Geruch von verbranntem Gummi in der Nase. Dazu trägt er dicke Rallyestreifen und sein Brandzeichen, das Emblem der bissigen Cobra an jeder Wagenseite. Für alle, die nach diesen dezenten Hinweisen noch nicht erkannt haben, um was für ein Auto es sich handelt, steht es dran: GT500.

Richtig wild wird’s aber erst mit Einführung des Zündschlüssels. Erst glühen Tacho und Drehzahlmesser auf, aber auch aus dem Fußraum lodert es glutrot. Gerade so, als wolle der Mustang den Fahrer teilhaben lassen an dem, was gleich im Motorraum passiert. Dann den Schlüssel ganz gedreht und der der V8 faucht los und wiegt die Insassen in ihren Recaro-Sportsitzen im gleichmäßigen Takt seines Herzschlags. 

Reduktion auf das Wesentliche: Leistung
Bevor der Achtzylinder loswüten darf, routinehalber ein paar Regularien: Parkpiepser? Hat er nicht. Das Auto will fahren, nicht stehen. Touchscreen? Nein und ist auch besser so, es empfiehlt sich eh nicht, die Hände von den Zügeln zu nehmen. Sitzheizung? Wer bei 660 PS unter der Haube nicht ins Schwitzen kommt, ist selbst schuld. Beinfreiheit im Fond? Vorne fiebert es sich eh viel besser. Trotz jahrelanger Züchtung ist er in dieser Disziplin ganz Wildpferd geblieben.

Mitte der 60er-Jahre gab der Mustang einer ganzen Gattung seinen Namen: den Ponycars. Erschwingliche, hochmotorisierte Coupés für die Jugend. Seit Sportwagenbauer Carroll Shelby 1966 aus dem Mustang ein Rennpferd züchtete, steht der Shelby für die Topversion. Die Gene blieben über Jahrzehnte erfolgversprechend: großvolumige Motoren mit aberwitziger Leistung und Drehmoment, keine Luxus-Technik, dafür ein erschwinglicher Preis – jedenfalls wenn man das Tierchen nicht in Österreich zulässt. In Deutschland ist der neue Shelby GT500 über Importeure zu bekommen und kostet dann etwa ab 65.000 Euro. Hierzulande zahlt man sich halt dann deppert mit NoVA und CO2-Abgabe.

Und wer hört schon, dass das Handschuhfach beim Schließen ploppt wie eine Tupperdose, wenn unter der langen Haube der per Kompressor aufgeladene Achtzylinder wummert. Und allerspätestens ist es vergessen, wenn das PS-Monster beim ersten kräftigen Gasstoß zackig vorprescht und die Beschleunigung die Besatzung in die Sitze presst. Ruhig, Brauner, das ist doch noch Stadtverkehr. Wie gesagt: Bloß nicht die Zügel loslassen. 

Endlich auf freier Strecke wütet der V8 brüllend los. Mühelos lässt er bei sechzig Sachen und zu viel Gas kurz die Räder durchdrehen, dann huscht die Hundertermarke fast unbemerkt vorbei. Das Display zeigt die Meilen an, kaum entziffern kann man die immerhin ebenfalls vorhandenen, kleineren Stundenkilometer-Werte. Ein bisschen Nachdruck braucht die Handschaltung, um sich durch die sechs Gänge zu wählen. Wenn die Schaltempfehlung ab 3.500 Touren aufblinkt, heult der Achtzylinder wie zum Trotz noch einmal auf – das maximale Drehmoment von 855 Newtonmeter liegt bei 4.000 Touren an.

Launch Control ja, sophisticated Fahrwerk nein
Den Top-Speed benennen die Amis mit mehr als 300 km/h. Dass die Tuner die Rennstrecke zur artgerechten Haltung eines Mustang Shelby vorgesehen haben, zeigen auch die "Track Apps". Sie zeichnen Beschleunigungs- und Bremswerte auf, man kann Rundenzeiten nehmen und auf dem Display auch verfolgen, wie sich die G-Kräfte in Kurvenlage verschieben. Letzteres allerdings vielleicht eher theoretisch, empfiehlt es sich doch, die Augen bei sich verschiebenden G-Kräften auf der Strecke zu lassen und nicht den roten Punkt auf dem Mini-Display zu suchen. Ebenfalls ein nettes Feature für die Rennstrecke ist die Launch Control. Sie sorgt beim Sprint dafür, dass die Räder automatisch den optimalen Grip haben und nicht durchdrehen. 0 bis 60 Meilen wird mit 3,5 Sekunden angegeben.

Sein Renntalent kann der aktuelle Shelby allerdings vor allem auf seiner Paradedisziplin, der in Amerika beliebten Viertelmeile, ausspielen. Denn wie vieles andere hat er auch die hintere Starrachse von seinen Ahnen geerbt. Vielleicht eine Frage der Tradition, allerdings auch die klar günstigere Technik. Stürmt der Mustang geradeaus, hat das Vorteile. Geht es in die Kurve, gibt’s Abzüge in der B-Note. Aber nicht allzu viele: Trotz Starrachse ist er überraschend agil, reagiert schneller als erwartet. 

Auch wenn der starke Stürmer seine Kraft nicht immer eins zu eins auf die Straße bringen kann, ist er auf trockener Strecke verhältnismäßig einfach steuerbar. Dadurch, dass er seinen Grenzbereich früh ankündigt, lässt er sich recht präzise bewegen. Bockig kann er aber auch: Ein unsanfter Gasstoß zu viel in der Kurve lässt das Heck tanzen. 

Wie ein Panzer schieben die 660 PS die 1,75 Tonnen Mustang durch die Gegend und das hört man auch. Das Thema Komfort hatten wir ja bereits abgehandelt, hier nur noch der Hinweis: Eine ebene Straßendecke für die Ausfahrt zu wählen, tut Fahrwerk und Fahrer gleichermaßen gut. 

Vom Geschwindigkeitsrausch zurück auf die Erde: Kein hektisches Kling-Klang-Kling-Klang, nein, ein sattes Klong - - Klong holt den Fahrer auf dem Verzögerungsstreifen wieder auf Normaltempo. Der eigene Herzschlag passt sich dem beruhigenden Takt des Blinkers an. Beim Runterschalten sprötzelt es aus dem Auspuff – kein Sounddesign, alles authentisch. So wie das ganze Auto. Keine Ponykutsche für den Hausgebrauch, aber perfekt, um in den Sonnenuntergang zu reiten. 

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