Selten musste sich Bildung derart schnell an neue Gegebenheiten anpassen wie in den letzten fünf Jahren. Wie Schüler, Eltern und Lehrer die Zukunft sehen, zeigt eine Studie, die durchaus zu spannenden und kontroversen Ergebnissen kommt. Kritisch zeigt sich unterdessen Bildungsforscher Florian Müller.
Corona, Künstliche Intelligenz, Lehrermangel und vieles mehr stellte das österreichische Schulwesen in den vergangenen Jahren vor Herausforderungen. Umso spannender sind die Ergebnisse des jährlichen GoStudent-Bildungsberichtes 2024.
Dafür hat das Wiener Nachhilfeunternehmen jeweils 5581 Eltern und ihre Kinder (Alter 10 bis 16) in sechs europäischen Ländern befragt sowie Interviews mit 60 Lehrkräften geführt, „um einen umfassenden Einblick in die Bildung von heute und morgen zu erhalten“, wie es seitens GoStudent heißt.
Bildungsforscher sieht Studie kritisch
Die „Krone“ hat sich die interessantesten Aspekte des Berichts herausgesucht und mit dem Bildungsforscher Florian Müller von der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt darüber gesprochen, der die Ergebnisse kritisch einordnet.
„Für mich stellt sich die Frage nach der Repräsentativität der Studie, außerdem vermisse ich die Interpretation der Ergebnisse“, so der Wissenschaftler. Dem Bildungsbericht nach halten 66 Prozent der österreichischen Eltern KI für ein hochwirksames Bildungsinstrument - der höchste Prozentsatz im europäischen Vergleich. Für Müller sehr plakative Ergebnisse: „Was verstehen Eltern denn unter Künstlicher Intelligenz?“ Generell zeige die Studie eher Einschätzungen von Schülern und Eltern und weniger von Bildungsexperten, was die Aussagekraft vermindert.
„Im Gegensatz zu den Eltern legen österreichische Kinder ihr Hauptaugenmerk eher auf Themen wie mentale Gesundheit, Nachhaltigkeit und Finanzen, wobei diese Themen in ihrer Prioritätenliste für den Lehrplan ganz oben stehen“, erklärt GoStudent der „Krone“. Vergleichsweise zeigen die Schüler in Österreich ein geringes Interesse am Lernen mit virtueller Realität: „Nur 47 Prozent bevorzugen das Lernen mit KI.“
Eine Erkenntnis, die für den Bildungsforscher nicht direkt negativ ist: „Das kann auch darauf hindeuten, dass die Schüler skeptisch und kritisch mit den neuen Technologien umgehen.“ Das würde auch erklären, weshalb sich mittlerweile 73 Prozent der Schüler sicher im Umgang damit fühlen - 2023 waren es noch 51 Prozent.
Sinnvoller Unterricht erhöht Lernmotivation
Als besonders wichtig sieht Müller vor allem die Inhalte des Unterrichts: „Wenn Schüler das Gefühl haben, dass das, was sie lernen, sinnvoll ist, steigt auch die Motivation“, so der Experte in Sachen Lehren und Lernen. Das Bildungssystem stehe vor der Herausforderung, Unterricht so zu gestalten, dass er möglichst gut auf das wahre Leben nach der Schule verbreitet.
„Es ist auch durchaus erfreulich, dass sich die jungen Österreicher mit Klimabildung und psychischer Gesundheit auseinandersetzen möchten“, meint Müller mit dem Blick auf die Themen-Rangliste. Dass Wohlbefinden im Zusammenhang mit schulischer Leistung und damit auch mit der Lernmotivation steht, ist bereits lange bewiesen.
Abschließend rät Müller, die GoStudent-Studie nicht für allgemeine Aussagen heranzuziehen: „Dafür gibt es zu wenig Hintergründe und wichtige Fragestellungen fehlen gänzlich.“ Dennoch lässt es zumindest Trends erkennen, die Schüler und Eltern im Bildungsbereich erwarten.
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