„Krone“-Interview

Polaschek: Die Schule muss Leistung fordern

Politik
29.06.2023 20:18

Bildungsminister Martin Polaschek zieht zum Schulschluss Bilanz: Mit der „Krone“ spricht er über gravierende Leseschwächen der Schüler und warum Jugendliche ohne Grundkompetenzen zum Gesellschaftsproblem werden können.

„Krone“: Am Freitag beginnen für eine halbe Million Schüler neun schulfreie Wochen. Experten sagen, dass gerade Kinder mit Defiziten in den langen Sommerferien zurückfallen. Sollte die in der Coronazeit eingeführte Sommerschule für lernschwache Schüler nicht verpflichtend sein? 
Martin Polaschek: Ich halte nichts von einer Verpflichtung, weil sie immer auch eine Stigmatisierung bedeutet. Die freiwillige Sommerschule macht mehr Sinn. Verbesserungsbedarf gibt es darin, Eltern aus bildungsfernen Schichten zu vermitteln, was für Chancen Bildung für ihre Kinder bedeutet.

Sollte der Staat nicht mehr Druck auf die Eltern ausüben? 
Ich glaube, dass wir auf Überzeugung setzen sollten. Und wir haben deswegen die Deutschförderklassen eingeführt. Es ist natürlich nicht in Ordnung, wenn Lehrer das bewusst ignorieren und untergraben. Denn sie haben eine Verantwortung – besonders den Kindern gegenüber.

Ein Viertel der 15-Jährigen kann nach der Schule nicht sinnerfassend lesen. Wird in der Schule keine Leistung mehr verlangt? 
Der Leistungsgedanke ist zurückgegangen, das sehen wir sehr wohl. Ich halte nichts davon, die Noten abzuschaffen. Kinder brauchen Klarheit. Wenn ich einem Kind sagen will, ob es etwas gut gemacht hat oder nicht, sage ich das genau so. Im nächsten Schuljahr werden wir einen Schwerpunkt zum Thema Leseförderung haben.

Soll also Leistung wieder in den Vordergrund gestellt werden? 
Wir müssen schon auch hervorheben, dass es wichtig ist, Leistung zu bringen. Wir haben leider Kinder, die ohne Grundkompetenzen die Schule verlassen. Immer mehr Betriebe klagen darüber, dass die Schulabsolventen nicht schreiben, lesen und rechnen können. Ich bin sehr dafür, diese Grundkenntnisse wieder einzufordern im Sinne der Gesellschaft und im Sinne dieser jungen Menschen selbst. Damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können.

Immer mehr Kinder haben auch psychische Probleme, warum schaut die Politik hier weg? 
Wir haben vor zwei Jahren die Zahl der Schulpsychologen um 20 Prozent erhöht und jene der Schulsozialarbeiter verdoppelt. Es wurde auch einiges im Bereich der Förderstunden gemacht. Wir nehmen das Thema ernst und werden erheben, ob es an den Schulen oder außerhalb noch mehr Unterstützung braucht. Das ist aber ein Bereich, in dem der Gesundheitsminister sehr stark gefordert ist.

Kinder und Jugendliche sind seit Beginn der Pandemie vor mehr als drei Jahren immer mehr Krisen ausgesetzt. Wie reagiert die Politik darauf? 
In der Schule müssen wir die Lehrer mehr unterstützen, und deswegen wollen wir das Modell der Freizeitpädagogen um die Assistenzpädagogik ergänzen und so Unterstützungspersonal auch am Vormittag in den Schulen haben. Wir sind im europäischen Schnitt weit hinten, was die Zahl des pädagogischen Unterstützungspersonals betrifft, und es gibt die ganz klare Aufforderung der OECD, diese Zahl zu erhöhen.

Bildungsexperten kritisieren das Bildungssystem als veraltet, ist es das? 
Die Schule ist in einem Wandel, aber sie ist deutlich besser, als behauptet wird.

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