Geteilte Meinung der heimischen Verbandspräsidenten zur Russland-Frage. Interne Kritik richtet sich aber vor allem an den Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees.
Elina Switolina kann nicht mehr. „Ich habe die moralische Kraft nicht mehr, um sie zu bekämpfen“, sagt die ukrainische Profi-Tennisspielerin und Gattin von Gaël Monfils der „Kyiv Post“, einer Zeitung ihrer Heimat.
Es geht um Sport-Funktionäre, um Politik, Krieg und darum, dass Russen und Weißrussen im Tennis als neutrale Athleten weiterhin auf der Profitour mitspielen dürfen, obwohl das Putin-Regime seit einem Jahr einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und Weißrussland und Diktator Alexander Lukaschenko den großen Nachbarn dabei unterstützen. „Ich hoffe, dass wir das ändern können. Es ist eindeutig nicht fair. Russische Athleten haben die Möglichkeit, weiterzuspielen, als wäre nie etwas passiert. Und unsere Athleten sterben für unser Land.“
Tennis ist nicht die einzige Sportart, in der Russen startberechtigt sind. Eishockey, Fußball, seit letzter Woche werden auch den Fechtern wieder die Pforten geöffnet.Was zu einem Aufstand von 300 aktiven und ehemaligen Fechtern geführt hat. Und auch in anderen Sportarten ist eine baldige „Öffnung“ zu vermuten.
„Im Judo haben die Russen seit dem Einmarsch einmal kämpfen dürfen, im Juli in der Mongolei. Momentan sind sie nicht zugelassen. Als Generalsekretär im europäischen Verband kann ich mitteilen, dass es keine Einigung gibt. Man darf die Sportler nicht bestrafen für einen wahnsinnigen Politiker, aber sicherheitstechnisch ist es schwierig. Im Zweifel ist es besser, sie starten nicht.Die Judokas sind alle entweder bei der Polizei oder beim Militär. Natürlich sind das alles Putin-Leute“, so Österreichs Judo-Präsident Martin Poiger.
Man darf Sportler nicht für einen wahnsinnigen Politiker bestrafen. Im Zweifel ist es besser, sie starten nicht. Die Judokas sind alle bei der Polizei oder beim Militär. Das sind Putin-Leute.
Judo-Präsident Martin POIGER ist auch im europäischen Verband
Lückenlose Überprüfung
Und auch Ruder-Boss Horst Nussbaumer ist skeptisch: „Der Weltruderverband wird bis Mai seine Entscheidung treffen. Bis auf Weiteres bleiben russische und weißrussische Athleten aber ausgeschlossen.Sport ist völkerverbindend, es gibt klare Bedingungen, unter denen Sportler starten dürfen. Falls es dennoch eine Zusage gibt, muss jeder Athlet lückenlos überprüft werden. Ich glaube, das wäre durchaus exekutierbar. Man kann niemanden ausschließen, nur weil er den falschen Reisepass besitzt. Das widerspricht dem Menschenrecht. Aber man kann Bedingungen stellen.“
Jeder Athlet muss überprüft werden. Man kann niemanden ausschließen, nur weil er den falschen Reisepass besitzt. Das widerspricht dem Menschenrecht. Aber man kann Bedingungen stellen.
Ruder-Präsident Horst NUSSBAUMER
Weitere zwei wichtige Verbandsbosse stößt indes etwas anderes sauer auf. Und zwar der Vorstoß von Peter Mennel. Der ÖOC-Generalsekretär hatte erklärt, hinter der Linie von IOC-Präsident Thomas Bach zu stehen. Was heißt, Russen unter neutraler Flagge antreten zu lassen.
Dass ÖOC muss in eine demokratische Diskussion über Kernwerte, bevor es sich öffentlich pro Russland-Athleten bekennt. Die Kritik muss sich der Generalsekretär leider gefallen lassen.
Gerald MARTENS, Präsident des Basketball-Verbandes
Wo ist da die Demokratie?
Gerald Martens, Präsident des Basketball-Verbandes, kann diese Haltung nicht nachvollziehen: „Von der Internationalen Basketball Federation gibt es eine starke Front gegen die Teilnahme. Das ÖOC muss ohne Zweifel in eine demokratische Diskussion über Kernwerte, bevor es sich öffentlich pro Russland-Athleten bekennt. Die Kritik muss sich der Generalsekretär nun gefallen lassen. Davor hätte es im Vorstand eine Auseinandersetzung geben müssen. Die Fachverbände wurden in die Diskussion nicht miteinbezogen.Wofür steht das Österreichische Olympische Komitee wenn nicht für Demokratie?“
Der Europäische Schwimmverband hält den Beschluss aufrecht, dass russische und weißrussische Sportler nicht starten dürfen. Es würde für Propaganda ausgeschlachtet werden.
Arno PAJEK, Präsident des Österreichischen Schwimmverbandes
Und auch der rot-weiß-rote Schwimmpräsident Arno Pajek ist sauer. „Es ist unzumutbar, was da passiert. Nach meinem Wissen sind nicht mal die Athleten-Vertreter vom ÖOC gefragt worden. Mennel soll lieber seine Pflichten wahrnehmen und unsere Athleten vertreten. Der Europäische Schwimmverband hält den Beschluss aufrecht, dass russische und weißrussische Sportler nicht starten dürfen. Es würde für Propaganda ausgeschlachtet werden.“
Eine Kritik, die sich Mennel nicht gefallen lässt. „Im Dezember gab es eine Vorstandssitzung, bei der das Thema diskutiert wurde. Rausgekommen ist, dass wir uns an der Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitee orientieren.“
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