Wer ein eigenes Dach besitzt, für den ist der Weg zum Sonnenstrom deutlich kürzer als für viele Großstadtbewohner. Doch auch Mieter und Bewohner von Eigentumswohnungen können zu Strom aus Photovoltaik-Anlagen kommen, wenn sie mit ihren Hausverwaltungen und den Eigentümern an einem Strang ziehen.
Ermöglicht wurden solche gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen auf Mehrparteienhäusern 2017 mit einer Gesetzesnovelle des Elektrizitätsgesetzes (ElWOG). Doch bisher sind solche gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen ein Nischenprogramm geblieben. Ende Oktober 2022 waren österreichweit erst 700 solcher Anlagen in Betrieb, wie die EDA GmbH, eine Tochterfirma der Netzbetreiber, mitteilte. Registriert wurden bisher rund 1300. Doch große Wohnungsfirmen und Energiedienstleister sind zuletzt auf den Zug aufgesprungen.
Vereinfacht gesagt, funktionieren gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen ähnlich wie PV-Anlagen auf Einfamilienhäusern. Der Sonnenstrom vom Dach im Haus wird verbraucht, der Überschuss eingespeist und nachts der Strom aus dem Netz bezogen. Der Netzbetreiber ordnet den PV-Strom und den Netzbezug dabei den einzelnen Haushalten zu. Netzkosten und Abgaben fallen für den Strom vom Dach nicht an, der Strompreis pro Kilowattstunde ist Vereinbarungssache.
Smart Meter als Voraussetzung
Damit der Netzbetreiber den Strom zuteilen kann, braucht es intelligente Stromzähler, sogenannte Smart Meter, die für jede Viertelstunde den Stromverbrauch ermitteln. Die in einigen Bundesländern schleppende Umrüstung der alten Ferraris-Zähler auf digitale Messgeräte hat sich in den vergangenen Jahren als einer der Hemmschuhe erwiesen. Andere Hürden sind rechtlicher und technischer Natur. Wien-Energie-Chef Michael Strebl schätzt aber, dass sich eine Gemeinschafts-PV-Anlage auf jedem zehnten Dach eines Wiener Mehrparteienhauses lohnen würde.
Oberösterreich Vorreiter
Der Bundesverband Photovoltaic Austria bietet unter pv-gemeinschaft.at einen Leitfaden für die Umsetzung einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage und listet auch Best-Practice-Beispiele auf. Oft sind bei den Projekten die Landesenergieversorger involviert, es gibt aber auch private, als Verein organisierte Anlagen. Bei der Wien Energie waren mit Stand Sommer 2022 laut eigenen Angaben 23 Gemeinschaftssolarkraftwerke mit 1600 Haushalten in Betrieb. Als Prestigeprojekte mit 739 Paneelen gilt seit dem Vorjahr die Gemeinschaftsanlage auf dem Dach des Gemeindebaus in der Ameisbachzeile in Wien-Ottakring (Bild oben). Weitere Kooperationsprojekte zwischen Wien Energie und Wiener Wohnen sollen folgen.
Vorreiter bei den gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen ist jedoch Oberösterreich. Laut dem EAG-Monitoringbericht der E-Control war Anfang 2022 fast jede zweite Gemeinschaftsanlage in Oberösterreich in Betrieb. Die Regulierungsbehörde listete auch rund 1000 in Planung befindliche Anlagen auf, darunter 635 in Wien.
Dass der Markt wächst, erwartet auch der Energiedienstleister Ista. Das Unternehmen, bekannt für Heizkosten-Abrechnungen, bietet seit dem Vorjahr auch die Abrechnung von PV-Strom an. Ista-Österreich-Geschäftsführer Christian Ammer peilt beim Sonnenstrom-Service bis Ende 2023 rund 300 Kunden und einen Marktanteil von 15 Prozent an. Als Partner der Immobilienwirtschaft und Tausenden Gebäuden, die Ista abrechnet, hat das Unternehmen einen entsprechend großen Hebel für die Umsetzung von gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen, wobei sich Ista auf die Abrechnung und Vertragserstellung konzentriert, wie Ammer betonte. „Wir bleiben bei unserer Kernkompetenz, der verbrauchsgerechten Abrechnung“. Die Errichtung einer PV-Anlage könne man auf Anfrage aber vermitteln.
Hohe Strompreise bremsen Energiegemeinschaften
Zu den gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen sind 2021 noch Energiegemeinschaften dazu gekommen, wo der Strom auch über die Grundstücksgrenzen hinweg mit Nachbarn geteilt werden kann. Hier fallen zwar Netzkosten an, aber in reduzierter Höhe. Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen seien eher auf Mehrparteienhäusern in der Stadt zu finden, Energiegemeinschaften eher auf dem Land, etwa in Einfamilienhaus-Siedlungen, weiß Christian Zwittnig, Pressesprecher beim Branchenverband Oesterreichs Energie.
Gerade die Energiegemeinschaften seien von den hohen Strompreisen zuletzt aber gebremst worden, weil es für Anlagenbetreiber attraktiver war, den teuren Strom gleich direkt ins Netz einzuspeisen, anstatt ihn in einer Energiegemeinschaft zum Fixpreis zu teilen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.