Hitlergruß gezeigt

Soldat in SS-Uniform: Trotz Urteil nur versetzt

Österreich
13.10.2022 11:14

Dass ein Unteroffizier, der eine SS-Uniform getragen und den Hitlergruß gezeigt hat, weiter im Bundesheer tätig sein darf, sorgt derzeit für Aufregung. Die SPÖ forderte am Donnerstag „Nulltoleranz bei Wiederbetätigung im Bundesheer“. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ortete ein „unglaubliches Fehlverhalten“. Jedoch: „Weder das Gericht noch die dafür einzig zuständige Disziplinarbehörde haben eine Entlassung erwirkt“, betonte Bundesheersprecher Michael Bauer. Die NEOS fordern eine Änderung des Dienstrechts.

In dem Urteil wegen Wiederbetätigung werden die Vergehen des Oberstabswachtmeisters von der Disziplinarkommission demnach so geschildert: Der Soldat habe im Internet unter anderem eine Uniform, Hakenkreuz-Abzeichen und Hakenkreuz-Fahnen bestellt und sich mit Aufnähern mit SS-Runen, Reichsadler und Hakenkreuz eine SS-Uniform gebastelt. Diese Uniform soll er mindestens fünfmal getragen haben, heißt es in einem Bericht des „Kurier“. Fotos davon tauchten in sozialen Netzwerken auf.

Geständnis vor Behörde
Auch den Hitlergruß soll der Heeresangehörige mehrfach gezeigt haben, etwa in der Kantine des Sportvereins, am Fußballplatz oder vor Kameraden in der Kaserne. Außerdem soll er Knallkörper aus dem Heeresbestand mit nach Hause genommen haben. Vor der Behörde gestand er alle Vorwürfe, will aber alle Taten unter Alkoholeinfluss begangen haben.

Der Soldat wurde vor einem Geschworenengericht zu zehn Monaten bedingt verurteilt, von der Disziplinarbehörde zu einer Geldstrafe in der Höhe von 4968 Euro.

SPÖ fordert „dringende Aufklärung“
Dass der Soldat weiter im Dienst bleibt, sorgt für Entrüstung bei der SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur Sabine Schatz und SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer, sie stellten dazu parlamentarische Anfragen an Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne). „Dieser Fall des Unteroffiziers und der Umgang im Bundesheer mit NS-Wiederbetätigung müssen dringend aufgeklärt werden“, meinte Schatz in einer Aussendung. „Wiederbetätigung muss ein Ausschlussgrund für Soldaten aus dem Bundesheer sein“, forderte Laimer.

Zitat Icon

Wiederbetätigung muss ein Ausschlussgrund für Soldaten aus dem Bundesheer sein.

SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer

Bundesheer muss „Entscheidung akzeptieren“
Im Verteidigungsministerium wurde gegenüber dem „Kurier“ betont, dass man Wiederbetätigung „nicht duldet, entschieden und unmissverständlich dagegen auftritt und alle möglichen rechtlichen Schritte dagegen unternimmt“. Im konkreten Fall habe man Disziplinaranzeige erstattet und eine Dienstenthebung durchgeführt. Das Strafgericht hätte durch eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe den Amtsverlust bewirken können, hieß es.

„Das Bundesheer hat diese Entscheidung (jene der Disziplinarbehörde, Anm.) zu akzeptieren. Auch das Gericht hat kein Urteil gefällt, das eine Entlassung zur Folge gehabt hätte“, erklärte Bundesheersprecher Michael Bauer via Twitter. Die Bundesdisziplinarbehörde sei die höchste Instanz für Beamte und für das Bundesheer seien die Entscheidungen bindend. „Es gibt darüber keine Instanz mehr.“ Der Soldat sei versetzt worden. Der Betroffene sei „unverzüglich von seiner Tätigkeit entbunden“ worden und werde „in einer nicht militärischen Funktion im Rahmen seines Beamtendienstverhältnisses verwendet“, hieß es in einer Aussendung des Ressorts.

Tanner: „Immer wieder Fehlverhalten Einzelner“
Darin meldete sich auch Verteidigungsministerin Tanner zu Wort: „Für mich gibt es bei diesem Thema Null Toleranz“, versicherte sie. Man fördere die Bewusstseinsbildung der Soldaten mit diversen Projekten. Trotzdem komme es „leider immer wieder zum Fehlverhalten Einzelner - gegen die wir mit voller Härte und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln vorgehen“, meinte die Ministerin. Auch am diesjährigen Nationalfeiertag werde man der Thematik besondere Aufmerksamkeit schenken, mit einem gemeinsamen Stand mit dem Mauthausen Memorial/KZ-Gedenkstätte Mauthausen, wo die Kooperation präsentiert wird.

NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos stellten die Erklärungen aus dem Verteidigungsressort jedenfalls nicht zufrieden. „Neonazis haben im Österreichischen Bundesheer nichts verloren“, unterstrich Hoyos. „Das Verteidigungsministerium kann derartige Umtriebe nicht immer schulterzuckend hinnehmen und seine Verantwortung auf die Strafgerichte abschieben, sondern muss endlich entschlossen durchgreifen. Wenn das Dienstrecht das nicht hergibt, muss es geändert werden.“

„Wer in der Exekutive arbeitet, trägt Verantwortung
Auch Bundespräsident Van der Bellen - er ist Oberbefehlshaber des Heeres - meldete sich Donnerstagnachmittag auf Twitter zu dem Fall zu Wort: „Die NS-Wiederbetätigung eines Soldaten des Bundesheeres schockiert mich. Wer in der Exekutive arbeitet, trägt besondere Verantwortung“, betonte das Staatsoberhaupt. „Jede Form der NS-Verherrlichung ist aufs Schärfste zu verurteilen und hat keinen Platz im Staatsdienst und in unserer Gesellschaft.“

Auch von den Grünen kam Kritik
„Wer in einer SS-Uniform aufmarschiert, kann nicht Teil einer Armee sein, die auf die demokratischen und antifaschistischen Werte unserer Republik vereidigt wird. Da gibt es Null Toleranz. Wir fordern Klarheit von Verteidigungsministerin Tanner und bringen eine parlamentarische Anfrage dazu ein“, kündigt Wehrsprecher David Stogmüller an: „Laut Gesetz wäre es möglich gewesen, den Unteroffizier zu entlassen. Offenbar hat der Disziplinaranwalt der Verteidigungsministerin aber keine Entlassung beantragt. Ich frage mich, warum hat das von Ministerin Tanner geführte Ministerium diese nicht beantragt?“

Im Nationalrat kündigte die Verteidigungsministerin am Abend dann an, dass sie nächste Woche eine Kommission zum Thema der „Bekämpfung von staatsfeindlichen Tendenzen“ einrichten wird. Dies soll zur Vermeidung derartiger Fälle die nötigen gesetzlichen Maßnahmen - Änderung des Beamten-Dienstrechts und des Strafgesetzbuches - ausarbeiten.

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