Streit voll entbrannt

Russland bremst bei Rücknahme von Gasturbine

Ausland
22.07.2022 16:15

Der internationale Streit um die nach wie vor ausstehende Gasturbine für die Pipeline Nord Stream 1 erreicht eine neue Ebene. Insidern zufolge hängt diese nach ihrer Wartung in Kanada nämlich nach wie vor in Deutschland fest. Berlin und der Kreml weisen sich nun gegenseitig die Schuld zu. Die Gas-Versorgungslage in Österreich ist indessen weiter äußerst angespannt.

Russland habe die Genehmigung für einen Weitertransport in das Land noch nicht erteilt, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. Die Turbine, wegen deren verzögerter Rückführung nach russischen Angaben weniger Gas durch die Pipeline fließen kann, sei am 17. Juli von der Logistikfirma Challenge Group von Montreal nach Köln geflogen worden.

Es sei jedoch unklar, wann die rund zwölf Meter lange Turbine nach Russland gebracht werden könne. Es könne Tage oder auch noch Wochen dauern, sagten die Insider.

Habeck: Eindruck, dass Russland Turbine nicht will
Von Challenge Group war zunächst keine Stellungnahme zu erreichen. Das deutsche Wirtschaftsministerium wollte sich dazu nicht äußern. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Donnerstag allerdings, die „Kabalen um die Turbine aus Kanada“ seien ein Beispiel für die Politisierung technischer Fragen durch Russland. „Man hat manchmal den Eindruck, Russland will sie gar nicht mehr zurücknehmen“, sagte der Grünen-Politiker.

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Man hat manchmal den Eindruck, Russland will sie gar nicht mehr zurücknehmen.

Robert Habeck, Deutschlands Wirtschaftsminister

Der deutsche Wirtschaftsminister ließ aber offen, wo sich die Turbine befindet: „Die Turbine war Anfang der Woche in Deutschland. Und wenn sie russisches Gebiet erreicht hat und Gazprom übergeben wurde, dann werden wir das mitteilen.“

Posse um Gasturbine

Die brisante Turbine war zu einer routinemäßigen Wartung in Kanada. Das Land hatte sich mit Blick auf die internationalen Sanktionen gegen Russland zunächst gegen eine Rückgabe gesperrt. Auf Druck der deutschen Bundesregierung wurde die Turbine aber nach Deutschland gebracht, um von dort nach Russland transportiert zu werden.

Die Regierung in Moskau hatte die reduzierten Gasflüsse über die Nord Stream 1 Pipeline mit dem Fehlen der Turbine begründet. Die Bundesregierung hielt dies für ein vorgeschobenes Argument, setzte sich aber dennoch für eine Lieferung der Turbine ein, um Russland keinen Vorwand zu liefern.

Es hapert an der Bürokratie
Bisher habe Moskau nicht die notwendigen Dokumente für einen Import der von Siemens Energy gebauten Turbine zur Verfügung gestellt, sagte einer der Insider. Russlands Energieriese Gazprom, deren Tochter Nord Stream AG die Turbine gehört, nennt seinerseits fehlende Unterlagen als Grund für die Verzögerung.

Siemens Energy erklärte, die Wartung von Turbinen sei unter normalen Umständen ein absoluter Routinevorgang. „Natürlich wollen wir die Turbine so schnell wie möglich wieder an ihren Einsatzort transportieren. Wie lange das dauert, liegt aber nicht ausschließlich in unserem Einflussbereich.“ Von Gazprom war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

Gewessler: Lage weiter „sehr angespannt“
Der russische Staatskonzern hat nach den zehntätigen Wartungsarbeiten von Nord Stream 1 die Gaslieferungen in Richtung Europa zwar wieder aufgenommen, es fließen jedoch weiterhin nur knapp die Hälfte der bestellten Mengen - und damit in etwa gleich viel, wie vor der Wartung.

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) bezeichnete die Versorgungslage am Freitag daher einmal mehr als „angespannt“. Es sei zwar eine positive Entwicklung, dass Russland wieder Gas liefert, sie übte jedoch auch Kritik an Präsident Wladimir Putin. Dieser „verwendet Gas als Waffe. Auch wenn heute wieder mehr Gas fließt, wir sind weiter abhängig“, so die Ministerin.

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