Paralympics in Peking

ÖPC-Goldhoffnung: „Als Blinde gehörst nicht dazu“

Olympia
02.03.2022 09:22

Das Maskottchen von Carina Edlinger ist schwarz, super entspannt und hört auf den Namen Riley. Der Labrador, der die 23-jährige Salzburgerin ständig begleitet, ersetzt eine ganze Arbeitskraft und durfte deshalb auch im Flugzeug mit zu den Paralympics in Peking. Dort hat die sehbehinderte Langläuferin gleich sechs Bewerbe in nur acht Tagen vor der Brust, läuft nun wieder mit Guide und hat neuerdings auch noch den Biathlon im Programm.

Zuletzt bei der Para-Ski-WM in Norwegen war die Fuschlerin nach vielen Jahren, in denen sie u.a. ihr Bruder Julian erfolgreich in der Loipe geleitet hatte, ohne Guide unterwegs gewesen. Zu den Paralympics geht es nun zwar wieder mit Guide, dieser wurde aber erst im letzten Moment mit Lorenz Lampl gefunden. Trotz aller bisherigen Erfolge geht die vierfache Weltcup-Gesamtsiegerin- und Weltmeisterin sowie Paralympics-Dritte über 7,5 km klassisch von 2018 mit zurückhaltenden Erwartungen in ihre zweiten Spiele.

Sportlerin des Jahres mit Behinderung 2019 und 2021
Der größte Teil des ÖPC-Teams in Peking besteht aus Alpinen mit Seh-Beeinträchtigungen. Bei Österreichs einziger „Nordischen“ reduziert sich aufgrund eines seltenen Gendefekts im Netzhautbereich (Morbus Stargardt) das Sehvermögen seit 2015. Da eine Langlaufloipe direkt am Haus vorbeiging und ihr Bruder ein talentierter Langläufer war, begann die Salzburgerin dennoch diesem nachzueifern und trotz ihrer Behinderung die Loipen dieser Welt zu erobern. In Österreich gipfelte das in der Wahl zur Sportlerin des Jahres mit Behinderung 2019 und 2021.


‘Obwohl sich vor diesem Winter dank neuer Therapien das Sehvermögen etwas gebessert hat und sie neu klassifiziert wurde, startet Edlinger in China nun mit Guide und startet in einer Klasse, in der sie schneller unterwegs sein muss. Der Skating-Sprint, Edlingers Hoffnungs-Disziplin, steht in Peking als vierter Wettkampf auf dem Programm. Los geht es im Biathlon, bei dem mit einem Laser-Gewehr und akustischen Signalen geschossen wird. „Es funktioniert wie eine Art Einparkhilfe“, so Edlinger.

„Para-Sport nicht mehr weit von der Nicht-Behindertenspitze entfernt“
Edlinger taugt, dass das ORF-Fernsehen intensiv von den Paralympics und damit auch vom Langlauf berichtet. „Das ist eine Riesen-Aufwertung für den ganzen Sport. So sieht die Gesellschaft, was der Para-Sport eigentlich ist und was die Para-Athleten leisten“, zeigt sich die 23-Jährige begeistert. Der Behindertensport verändere sich jährlich enorm. „In manchen Bereichen ist man nicht mehr weit von der Nicht-Behindertenspitze entfernt.“ Fernseh-Live-Übertragungen würden bei ihr auslösen, „dass ich mich noch ein bissl mehr zusammenreiße“.


Edlinger kann sich gut erinnern, als sie mit zwölf Jahren von ihrer Augen-Erkrankung erfuhr. „Mit der Pubertät ist es immer schlechter geworden. Du entwickelst dich plötzlich in eine andere Richtung als deine Kumpanen neben dir. Das Fortgehen, der Führerschein. Das hat alles Auswirkungen auf dich.“

„Als Blinde bist du Teil dieser Welt, aber du gehörst doch nicht dazu“
Natürlich sei damals eine Welt eingestürzt und auch heute noch kämpfe sie manchmal schwer mit den Umständen. „Für mich war es immer ein Riesenproblem, schlecht zu sehen und das auch nach außen zu tragen.“ Sie habe sich deshalb auch bis zum Schluss gegen einen Blindenstock gewehrt und es als sehr schmerzhaft empfunden, von den Mitmenschen als Seh-Eingeschränkte behandelt zu werden. „Da bist du auf einmal zweite Klasse. Wenn du vollblind bist, teilweise dritte. Du bist Teil dieser Welt, aber du gehörst doch nicht dazu.“

Die seinerzeitige Nachricht hatte bei Edlinger aber auch einen anderen Effekt. Nämlich der Welt zeigen zu wollen, „dass ich es trotz der Sehprobleme auch anders kann“! Der Sport habe ihr definitiv in „sehr, sehr vielen Momenten“ geholfen. „Ich konnte meine Ski nehmen, raus gehen und in der Natur sein. Das war meditativ und beruhigend. Da hatte ich Abstand vom normalen Leben.“

Hund Riley ersetzt einen Betreuer
Und da gibt es wie gesagt auch noch Riley, ihren „Partner“ seit gut drei Jahren. Der Hund ersetze quasi einen Betreuer, schone und entlaste sie, nachdem man ein sehr kleines Team sei. „Er ist mein Ein und Alles. Nicht nur meine ausgelagerten Augen. Er hilft auch sehr viel, wenn es einem insgesamt nicht gut geht. Mit einer Kuscheleinheit ist fast alles bald wieder gut.“

Selbst Langstreckenflüge machen dem wertvollen Vierbeiner nichts aus. Riley hat zwar meist einen eigenen Sitzplatz, liegt aber lieber zu Füßen seiner Besitzerin. Dafür bekommt er Äpfel als Belohnung. Edlinger: „Er ist ein apfelverliebter Hund.“

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