Onkologie

Krebs – es gibt ein Danach

Gesund Aktuell
07.02.2022 17:00

Immer mehr Menschen leben mit (chronifiziertem) Krebs. Zum kürzlichen Welttag muss der Fokus daher auch vermehrt auf die onkologische Nachsorge gelegt werden. Zuerst benötigen die Österreicher laut Experten jedoch geeignete Rahmenbedingungen.

Die Experten sind sich einig: Wenn es um Krebs geht, findet gerade ein Paradigmenwechsel in der Medizin statt. „Für Patienten mit früher unheilbaren Karzinomarten gibt es nun Perspektiven. Die Anzahl der Menschen, die heute mit (chronifiziertem) Krebs leben, hat sich daher verdoppelt“, erläuterte der Onkologe Prim. Doz. Dr. Hannes Kaufmann, Wiener Gesundheitsverbund, Kliniken Favoriten und Landstraße, im Rahmen eines Pressegesprächs. Doch oft hapert es daran, wie dieses „Danach“ verbracht wird. Die Probleme sind vielfältig, sei es die medizinische Betreuung, Wiedereingliederung in den Beruf, soziale oder psychische Konflikte.

Zu diesen Themen wurde nun ein „Weißbuch“ erdacht, eine Sammlung mit Vorschlägen zum Vorgehen in diesem Bereich. „47 Fachleute verschiedener Richtungen haben sich die Köpfe zerbrochen, wie onkologische Nachsorge aussehen muss, um den Patienten bestmögliche Unterstützung zu bieten. Und im Endeffekt auch dem medizinischen System Kosten sparen zu helfen“, so Mag. Marcus Dietmayer, Leiter Onkologie Sanofi Österreich.

Niederschwellige Angebote sind jedenfalls nötig
„Wir können etliche Krebsarten heilen, doch darf man nicht vergessen, dass viele Behandlungen auch Nachwirkungen und Schäden hinterlassen. Hier brauchen wir nachsorgende Zentren“, so Prim. Kaufmann. Denn ist die grundsätzliche Therapie vorbei, benötigen Betroffene niederschwellige Angebote zur Kontrolle. „Ohne Zweifel sind die großen onkologischen Zentren sehr wichtig. Es wären aber auch Nahversorgungseinrichtungen denkbar, in denen (zusätzlich geschulte) Allgemeinmediziner die Nachsorge übernehmen. Es kann nicht sein, dass ehemalige Patienten für eine Blutkontrolle Wege von deutlich mehr als einer Stunde hin und retour auf sich nehmen müssen.“

In dieselbe Kerbe schlägt Mag. Elisabeth Potzmann, Präsidentin des Österr. Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes: „Die Akutversorgung ist hierzulande gut, im Anschluss gibt es Probleme, besonders in ländlichen Regionen. Wir müssen dazu übergehen, Wege zu reduzieren!“ Vor allem Ältere benötigen Unterstützung im Alltag oder wissen nicht, welche Hilfen ihnen zustehen. Hier könnte ein einheitliches „Fall-Management“ fächerübergreifende Leistung bieten. „Sogenannte Community-Nurses, die in einem wohnortnahen Stützpunkt arbeiten, könnten ganze Gemeinden betreuen. Pilotprojekte laufen bereits.“ Um die Belastungen zu reduzieren, wird vermehrt auf Digitalisierung zurückgegriffen, etwa beim Arzt und bei der Rezeptausstellung.

Teure Arzneien gibt es oft nur im Krankenhaus
Zwischen Spital und niedergelassenem Bereich spießt es sich auch in puncto Medikation. „Zum Teil werden notwendige, aber eben kostspielige Arzneien nur im Spital verabreicht, niedergelassene Ärzte dürfen das u. a. aus Finanzierungs- und Kompetenzgründen oft nicht. Hier handelt es sich um Kostendiskussionen auf den Rücken der Patienten“, ärgert sich Andreas Huss, MBA, Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). „Es muss ein einheitlicher Finanzierungstopf geschaffen werden!“ Ebenso spricht er sich für eine zukünftige gemeinsame Planung im gesamten Bereich der Krebsnachsorge aus. Motto: Jeder Österreicher muss die gleichen Leistungen erstattet bekommen.

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Zum Teil werden notwendige, aber eben kostspielige Arzneien nur im Spital verabreicht, niedergelassene Ärzte dürfen das u. a. aus Finanzierungs- und Kompetenzgründen oft nicht. Hier handelt es sich um Kostendiskussionen auf den Rücken der Patienten.

Andreas Huss, MBA, Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK)

Einig sind sich die Experten darin, dass eine Krebserkrankung nicht zur Armutsfalle werden darf: „Die Programme zur Umschulung und Wiedereingliederung müssen ausgebaut werden. Oft wollen Betroffene wieder arbeiten, können aber nicht in den alten Job zurück bzw. müssen Stunden reduzieren. Nicht immer ist das möglich. Nach maximal 78 Wochen Krankengeld fallen etliche Menschen zwischen den Versorgungssystemen durch und sind auf Mindestsicherung angewiesen. Hier wäre ebenso ein einheitliches System wünschenswert.“

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