Kurz trifft Putin:

„Frieden in Europa kann es nur mit Russland geben“

Österreich
02.10.2018 09:30

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) trifft am Mittwoch in St. Petersburg den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es ist in diesem Jahr bereits das vierte Treffen des Kanzlers mit Putin. Ungeachtet der „Schwierigkeiten“ in den vergangenen Jahren würden sich die russisch-österreichischen Beziehungen im Aufwind befinden, erklärte Putins Sprecher unter offensichtlicher Anspielung auf das getrübte Verhältnis zwischen Moskau und der EU. Und Kurz betonte: „Frieden in Europa kann es nur mit und nicht gegen Russland geben.“

„Das wird bereits das vierte Treffen der beiden Politiker in diesem Jahr sein, was sowohl von dem besonderen Charakter unserer bilateralen Beziehungen als auch von ihrer positiven Dynamik zeugt“, sagte der russische Botschafter in Österreich, Dmitri Ljubinski, gegenüber der Nachrichtenagentur „Sputnik“. Kremlsprecher Dmitri Peskow ergänzte gegenüber der Agentur TASS, dass Putin und Kurz „einen konstruktiven und intensiven Dialog eröffnet haben, der fortgesetzt wird“. Es gäbe konkrete Pläne, die Handels- und Investitionskooperation in verschiedenen Sektoren auszuweiten.

Der Kanzler hatte Russland Ende Februar besucht, als erstes Nicht-EU-Land seit seinem Amtsantritt. Im Juni war Putin in Wien. Dabei handelte es sich um seinen ersten bilateralen Arbeitsbesuch seit seiner Wiederwahl im März. Im August nahm Putin an der Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) in der Südsteiermark teil, wo er auch den Kanzler zu einem kurzen Gespräch traf.

Gemeinsame Ausstellungseröffnung
Der Anlass für das kommende Treffen ist ein kultureller: Die beiden Politiker eröffnen die Ausstellung „Kaiserliche Metropolen St. Petersburg - Wien“ in der Eremitage. Die Schau schließt an jene im Kunsthistorischen Museum an, die vom russischen Präsidenten bei seinem Wien-Besuch im Juni eröffnet worden war. In St. Petersburg werden 14 Gemälde-Paare aus beiden Häusern gezeigt. Die Werke stammen unter anderem von Sandro Botticelli, Jacopo Tintoretto, Hans Holbein oder Rembrandt van Rijn. Unterstützt wird die Ausstellung - wie auch jene in Wien - von den Konzernen OMV und Gazprom.

Gasliefervertrag bis 2040 verlängert
OMV und Gazprom arbeiten eng zusammen. Im Juni feierten die beiden Energieunternehmen das 50-Jahres-Jubiläum der Vereinbarung von Erdgaslieferungen. Putin war zu diesem Anlass nach Wien gereist und pries Russland als „zuverlässigen und stabilen“ Lieferanten. Der bestehende Gasliefervertrag, der noch bis 2028 gelaufen wäre, wurde bis 2040 verlängert. Laut OMV sind die jährlichen Gaslieferungen in den vergangenen 50 Jahren um mehr als das 64-Fache gewachsen und erreichten 2017 einen Rekord von 9,1 Milliarden Kubikmeter. Heute sei Österreich einer der wichtigsten Abnehmer von russischem Gas. Putin seinerseits kündigte an, OMV-Chef Rainer Seele für dessen Bemühungen im Energiebereich mit einem Freundschaftsorden auszeichnen zu wollen.

Kooperation bei Nord Stream 2
Gazprom und OMV kooperieren auch bei der geplanten Gaspipeline Nord Stream 2, die Gas aus Russland über die Ostsee nach Europa bringen soll. Die OMV hat knapp 500 Millionen Euro in das Projekt gesteckt. Auch andere europäische Energieunternehmen beteiligen sich an der Finanzierung. US-Präsident Donald Trump sieht das Vorhaben kritisch. Vorerst ist Nord Stream 2 aber von US-Sanktionen gegen Russland ausgenommen. OMV und Gazprom planen außerdem einen Anteils-Tausch. Demnach soll die OMV von Gazprom eine Beteiligung von knapp 25 Prozent an den Blöcken Achimov IV und V im sibirischen Gas- und Kondensatfeld von Urengoy erhalten. Im Gegenzug soll Gazprom eine 38,5-prozentige Beteiligung an der norwegischen OMV-Tochter bekommen. Norwegen missfällt der geplante Asset-Tausch. Nach Auskunft des norwegischen Energieministeriums hat die OMV bisher noch keinen Antrag auf Freigabe des Asset-Swaps gestellt.

EU-Russland-Beziehung angespannt
Putin und Kurz werden bei ihren Gesprächen auch über die EU-Russland-Beziehungen sowie die Lage in der Ukraine und in Syrien sprechen, teilte das Bundeskanzleramt mit. Die Beziehungen zwischen der EU und Russland sind seit der Ukraine-Krise angespannt. Die EU verhängte nach der Annexion der ukrainischen Krim-Halbinsel und dem Aufstand prorussischer Separatisten in der Ostukraine 2014 Sanktionen. Die Strafmaßnahmen wurden Mitte September für ein weiteres halbes Jahr verlängert. Auch wenn Putin die Sanktionen als „schädlich für alle“ erachtet, betont Kurz immer wieder, die EU-Politik in dieser Frage mitzutragen. Österreich hat seit Anfang Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne und ist interessiert daran, den Dialog zwischen der EU und Russland wieder zu beleben.

„Russlandfreundliches“ Österreich
Österreich hat sich laut Politologen den Ruf erworben, „russlandfreundlich“ zu sein. 2014 und damit unmittelbar nach der völkerrechtswidrigen Krim-Einverleibung, wurde Putin in Österreich empfangen, was für einige Kritik sorgte. „Man weiß, dass Putin die Europäische Union spalten will“, hatte etwa der damalige schwedische Außenminister Carl Bildt moniert. Seit 2016 hat die Kreml-Partei Einiges Russland ein Kooperationsabkommen mit der FPÖ, die sich immer wieder für eine Aufhebung der Sanktionen ausspricht. An der Ausweisung russischer Diplomaten im Zusammenhang mit der Affäre Skripal hat sich Österreich im März 2018 im Gegensatz zu den meisten anderen EU-Ländern nicht beteiligt.

Zuletzt sorgte Außenministerin Kneissls Hochzeit für Aufsehen. Die Bilder der mit Putin tanzenden Braut und ihres anschließenden Knicks vor dem Kremlchef gingen um die Welt. Das Außenministerium musste klarstellen, dass sich nichts an der österreichischen Russland-Politik ändere. Auch Kurz musste das betonen. Er reiste kurzfristig in die Ukraine, wo die Hochzeitseinladung von Außenminister Pavlo Klimkin „als schwerer Fehler“ bezeichnet worden war.

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