"Bua, heut’ wär a guats Zoachn für an Christbam", sagte Tischlermeister Sebastian Koller am 30. November 1962 zu seinem gleichnamigen Sohn. Beim Holz kannte sich der Vater aus – und der Zeitpunkt war daher kein Zufall: Es war der elfte Monat im Jahr, drei Tage vor dem nächsten Vollmond. Christbäume, die bei diesem "Zoachn" geschlagen werden, halten angeblich sehr lange.
Der junge Sebastian, heute längst als Zollbeamter in Pension, setzte sich bei eisiger Kälte auf sein 125er Puch-Moped und fuhr zu einem Bauern nach Niederndorferberg. Dort fand er jenes kleine Bäumchen, das aus der Familiengeschichte der Kollers nicht mehr wegzudenken ist, das inzwischen wie ein Familienschatz gehütet wird. Den Platz im Wald, wo die schmächtige Fichte stand, weiß Koller noch heute.
Beim Umsägen des Baumes dachte Sebastian Koller 1962 noch daran, das es mehr als drei Wochen bis Weihnachten sind. "Deshalb habe ich ein bisschen gezweifelt, ob die Nadeln so lange dranbleiben werden."
Erste Weihnachten in der eigenen Wohnung
Diese Sorge war mehr als unbegründet, wie sich in den kommenden 47 Jahren herausstellte. Doch zurück zum Jahr 1962: Damals war es das erste Weihnachtsfest, das die junge Familie in der eigenen Wohnung feierte. Das Bäumchen steckten die Kollers in ein schlichtes Holzkreuz – also ohne Wasser. Nach den Feiertagen wirkte der Christbaum noch immer frisch und hatte kaum eine Nadel verloren. Es landete daher nicht im Ofen, sondern – sorgfältig mit Seidenpapier umwickelt – am Dachboden. Dieser Ablauf hat sich seit jener Zeit nicht verändert.
"Kinder kannten nie einen anderen Baum"
"Unsere drei Kinder kannten nie einen anderen Christbaum", schmunzelt das Paar beim "Krone"-Besuch im Ebbser Ortsteil Mühltal, wo die Kollers im den 70er Jahren ein schmuckes Einfamilienhaus gebaut haben. "Das Bäumchen ist natürlich mit übersiedelt", sagt Helga Koller. Behutsam stellt sie dieser Tage den "ewigen Christbaum" auf den Wohnzimmertisch, spätestens am 23. Dezember ist er fertig geschmückt. Nur die Kugeln und Basteleien veränderten sich über die Jahrzehnte. Ein einziges Mal hat Sebastian Koller den Christbaum "behandelt" – mit einer grünen Naturfarbe, die er selbst mit Magermilch anrührte. "Einige glauben, wir haben Lack verwendet, der auch die Nadeln festhält, aber das stimmt nicht", betonen die Kollers.
Eine letzte Frage drängt sich auf: Ist es nur das Mondzeichen, das einen Christbaum so lange haltbar macht? Sebastian Koller überlegt einen Moment und sagt: "Nein, auch der Frieden rundherum, besonders in der Familie, ist wichtig..."
von Andreas Moser, Tiroler Krone
Bild: Die Kollers mit dem Baum, der abmagerte, aber die Nadeln hält (rechts) und Weihnachten, 1965 – da stand der Christbaum zum dritten Mal (links).
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