Fassadenschaden

Spechtalarm: Hör mal, wer da klopft

Wohnkrone News
19.08.2014 14:18
Jeder, der ein Haus oder eine Wohnung in unmittelbarer Nähe zu Grünflächen und altem Baumbestand hat, kennt wohl das ebenso gleichmäßige wie hartnäckige Klopfen des Spechts an alten Bäumen. Der Vogel erfüllt in unserem Ökosystem eine wichtige Rolle. Bedingt durch die zunehmende Verbauung und das Fällen von Bäumen hat er sein "Arbeitsgebiet" aber erweitert: Hausfassaden mit dicken Dämmschichten haben es ihm angetan.

Vor allem im Herbst und Frühjahr häufen sich die Meldungen über Spechtschäden an Hausfassaden. Denn moderne, energiesparende Bauweisen haben es den gefiederten Klopf-Winzlingen angetan: Das Errichten von Bruthöhlen in den dicken Dämmstoffschichten wird für die streng geschützten Vögel zunehmend zu einer attraktiven Alternative zu den natürlichen Bruthöhlen in alten Bäumen.

Vor allem in städtischen Bereichen ist dies zum Teil auch darauf zurückzuführen, dass viele ehemaligen Grüngebiete verbaut und alte Bäume aus Sicherheitsgründen gefällt werden. Darüber hinaus entfaltet Dämmstoff jedoch einige Wirkungen und Eigenschaften, die dem Specht bei Brautschau, Futtersuche und Bruthöhlenbau besonders entgegenkommen.

Wichtiger Helfer im Ökosystem
Sowohl im Frühjahr als auch im Spätsommer und Herbst starten die Spechte verstärkt ihren Höhlenbau: Im Frühjahr wird emsig an Bruthöhlen gearbeitet, gegen Sommerende und im Herbst besetzen Jungvögel neue Reviere und zimmern sich ihre Schlafhöhlen.

Dabei sucht sich der Specht meist bereits geschädigte Stellen von Bäumen in mindestens drei Metern Höhe aus. So eine Spechthöhle hat einen Innendurchmesser von etwa zehn bis 15 Zentimetern und kann eine Tiefe bis zu 50 Zentimeter erreichen. Einmal gebaute Höhlen eines Reviers werden immer wieder neu ausgebaut und mehrfach benutzt.

Nicht nur von den Spechten selbst. Viele beliebte heimische Vogelarten könnten ebenso wie andere Wildtiere ohne die Specht-Höhlen nur schwer überleben: Meisen, Eulenvögel, Tauben, Wildbienen, Siebenschläfer und Fledermäuse sind zum Überleben auf diese Höhlen angewiesen.

Was die gedämmten Fassaden so attraktiv macht
Klopft der Specht am Baum, so findet er die bereits geschädigten, morschen Stellen dadurch, dass das Klopfen hohl klingt. In solchen morschen Stellen sammeln sich verschiedenste Leckerbissen wie Käfer, Maden und andere Insekten.

Diesen hohle Klang finden die gefiederten Klopfmeister laut Vogelexperten auch an gedämmten Fassaden: Trifft der harte Spechtschnabel auf den Putz und das Isoliermaterial, klingt das für den Specht ganz so, als ob er auf morsches Buchenholz stößt. Zusätzlich lockt die meist dünne Putzschicht, mit der die Dämmstoffe verkleidet werden, auch einige Insekten an, die die technische Konstruktion wiederum an Baumrinde erinnert.

Die Aussicht auf leckeres und vor allem reichliches Essen - und das auch noch ziemlich mühelos - dürfte also einer der Gründe sein, warum sich Spechte vermehrt für die gedämmten Hausfassaden interessieren.

Spechtweibchen stehen auf Fassadenhöhlen
Neben reichlichem Essen macht noch ein zweiter ganz gewichtiger Grund die Bruthöhle in der Fassade so verlockend: Spechtweibchen stehen auf luxuriöse Eigenheime in Hausfassaden. Diese Bruthöhlen in großer Höhe sind für mögliche Räuber wie Katzen und Eichhörnchen nicht oder nur sehr schwer zu erreichen und bieten Familie Specht daher größtmögliche Sicherheit.

Nach getanem Ausbau muss Herr Specht jetzt einmal möglichst vielen Weibchen den Besitz des modernen Vogelheims auch kundtun. Das wiederum tut er durch rasches Trommeln - wodurch allerdings viele weitere Löcher entstehen.

Spechtlöcher sind Bauschäden
So verständlich und nachvollziehbar das Verhalten des Spechts auch ist, so unerfreulich ist es für den Menschen. Denn durch die Spechtlöcher dringen Regen und Luftfeuchtigkeit in die Dämmstoffe ein. Werden diese nass, kann die energiesparende Isolierschicht nur allzu rasch zur unerwünschten Kältebrücke werden.

So klein der Vogel, so groß kann der Schaden sein, denn Spechte sind hartnäckige, fleißige Arbeiter, die sich auch nicht so leicht von einem einmal begonnenen Werk abbringen lassen. Im Extremfall kann die Spechtarbeit dazu führen, dass größere Restaurierungsarbeiten erforderlich werden. Auch versicherungstechnisch ergibt sich ein Problem: Spechtschäden in größerem Ausmaß sind erst seit einigen Jahren bekannt und meist von den Versicherungen nicht erfasst.

Was tun bei Spechtlöchern?
Sind die Spechtlöcher erst einmal da, sollten sie möglichst schnell wieder verschlossen werden.

Aber Achtung:Spechte sind geschützt und dürfen wie andere Wildtiere während der Brutzeit von April bis August nicht gestört werden! Es versteht sich von selbst, dass die geschützten Tiere keinesfalls verletzt oder sogar getötet werden dürfen. Darauf stehen strenge Strafen! Ganz abgesehen davon, würde dies auch keine Lösung bringen, da - einmal als mögliches Revier gekennzeichnet - sehr bald der nächste Specht seine Arbeit aufnehmen würde.

Mögliche Abwehrmaßnahmen
Eine hundertprozentig wirksame Methode gibt es leider nicht. Die beste Möglichkeit liegt darin, dem Specht die Freude am möglichen neuen Höhlenplatz von Beginn an zu verleiden. Entdeckt man den Specht an der Fassade, haben sich lautes Klatschen und Pfiffe bewährt. Auch Windspiele an der Fassade oder glitzernde CD-Ketten sollen manchmal Erfolg bringen. Großvogel-Attrappen im Maßstab 1:1 von Uhus, Störchen oder Greifvögeln halten Spechte manchmal ab – sie müssen aber immer wieder umgehängt werden.

Achtung: Keinesfalls Abwehrnetze verwenden, da diese die Vögel verletzen oder töten können!

Die natürlichste und laut Fachleuten auch wirksamste Abwehrmaßnahme liegt in einer Fassadenbegrünung mit Rankgerüst, es braucht allerdings einige Zeit, bis diese Maßnahme auch wirkt.

Und zuletzt noch ein wichtiger Punkt: Es ist nicht Aufgabe des Spechts, technische Konstruktionen und deren Nutzen zu erkennen! Fachleute fordern die Bauindustrie daher auf, verstärkt entsprechende Putze (stärker, besonders glatt etc.) zu entwickeln, um solche Spechtschäden möglichst zu vermeiden!

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