Klartext vom KSC'ler

Sallahi: Kosovo? ‘Ich will für Österreich spielen’

Sport
08.10.2016 08:44

Kapfenberg, Bayern München, Karlsruhe - Ylli Sallahi ist schon mit seinen 22 Jahren bei mehr Kultklubs gewesen, als andere Kicker nach ihrer ganzen Karriere von sich behaupten können. Irgendwie ist unser Karlsruhe-Legionär aber in Österreich doch ein unbeschriebenes Blatt geblieben - und das, obwohl er trotz fünf Jahren in Deutschland seinen steirischen Zungenschlag keineswegs eingebüßt hat. Was der Linksverteidiger, der als einer von nur sieben Österreichern ein Pflichtspiel für die Bayern absolviert hat, zum Gerücht um seinen "Abschied" zum Kosovo, zu seinen Zielen mit Karlsruhe, zu seiner Zeit in München und zum Menschen Ylli Sallahi zu sagen hat, das gibt’s hier nachzulesen!

sportkrone.at: Ylli, auch wenn man den Saisonstart des Karlsruher SC nach wie vor nicht als optimal bezeichnen kann, wie groß ist die Erleichterung rund um den Wildpark nach dem jüngsten Heimsieg gegen Aue und dem Remis in Düsseldorf?
Ylli Sallahi: Schon sehr groß! Aber man darf das auch nicht überbewerten, das waren "nur" der erste Sieg und das fünfte Unentschieden in acht Spielen. Das ist viel zu wenig, wir hatten uns vor Saisonbeginn klar etwas anderes vorgenommen. Aber die Situation ist nun mal so und jetzt müssen wir so weitermachen. Es darf auf jeden Fall keinen Stopp geben!

sportkrone.at: Grundsätzlich würdet ihr euch als Klub wohl schon mehr zutrauen, oder? Was wäre denn euer Saisonziel konkret gewesen? Immerhin ist es noch nicht so lange her, da habt ihr an die Bundesliga-Tür angeklopft...
Sallahi: Ein konkretes Ziel haben wir uns nicht gesetzt - aber es war schon klar, dass wir eher oben mitspielen wollen. Vom Aufstieg hat keiner geredet: neue Mannschaft, neuer Trainer - da weiß man nie, wie schnell sich das zusammenfügt.

sportkrone.at: Karlsruhe ist in Deutschland immer guter Fußball-Boden gewesen - was glaubst du, ist mit dem KSC bis zu deinem Vertragsende hier in Baden-Württemberg für dich und den Klub drinnen?
Sallahi: Wie gesagt: Genaue Ziele haben wir uns nicht gesetzt, weil in der 2. Liga viel passiert - und da kann es dann auch ganz schnell gehen. Man sieht ja auch klar, dass es nicht allzu viel Unterschied nach ganz oben gibt. Wenn der Zweite zwei Mal verliert und wir zwei Mal gewinnen, dann sind wir vorne dabei und jeder vergisst unseren bisher schlechten Saisonstart.

sportkrone.at: So einfach?
Sallahi: Natürlich ist das nicht einfach! Wir müssen einfach schauen, dass wir konstanter werden - also nicht mehr so untergehen wie in Berlin oder so eine schlechte Leistung zeigen wie gegen Hannover.

sportkrone.at: Jetzt lass' ich dich lang und breit über die jüngste Vergangenheit beim KSC reden, aber wahrscheinlich gibt's in Österreich noch genügend Leute, die sich fragen: Wer ist dieser Ylli Sallahi eigentlich? Daher zum Einstieg: Wie spricht man deinen Vornamen eigentlich richtig aus?
Sallahi: Ganz genau heißt's "Ülli" und nicht "Illi", aber "Illi" hat sich irgendwie durchgesetzt, weil anscheinend viele Probleme mit "Ülli" hatten... (lacht)

sportkrone.at: Wo siehst du deine großen Stärken und Schwächen? Was bist du grundsätzlich für ein Fußballer? Was kann man von dir erwarten am Platz?
Sallahi: Erwarten kann man, dass ich meist versuche, alles eher fußballerisch zu lösen. Ich bin schon ein technisch versierter Spieler, der auf mehreren Positionen auflaufen kann, ohne das speziell zu trainieren oder lang und breit darüber zu reden. In der Jugend bzw. noch im Amateurbereich hab' ich oft als "6er", links außen oder auch links hinten gespielt, deswegen hab' ich viele Variationen drauf. Ich bin immer da, wenn man mich braucht, sagen wir's mal so (grinst übers ganze Gesicht).

sportkrone.at: Jetzt mal ein bisschen weg von Karlsruhe, sondern zu dir konkret: Wohin will und kann es Ylli Sallahi in seiner Karriere noch einmal schaffen? Wo siehst du dich in fünf Jahren, in zehn Jahren? Siehst du einen Plafond für dich?
Sallahi: (überlegt lange) Ich bin selbstbewusst genug, zu sagen, dass ich bislang zwei bis drei Jahre meiner Karriere bis jetzt verschlafen hab' - weil ich manche Dinge nicht einsehen wollte.

sportkrone.at: Okay?
Sallahi: Ich hatte ja die Chance bei den Bayern, von mir hat sogar der beste Trainer der Welt gut gesprochen. Aber ich hab' gewisse Sachen nicht so ernst genommen, wie es eigentlich hätte sein sollen...

sportkrone.at: Was genau meinst du?
Sallahi: Naja, etwa was den Einsatz betrifft. Ich hab's zu lange nicht verstanden, dass man, wenn man ganz oben mitspielen will, seine elf, zwölf Kilometer in einer Partie laufen muss, das ist einfach so. Ich hab' geglaubt, ein bisschen Fußball spielen reicht schon - denn das konnte ich auch ohne viel Training, das war eben mein Talent.

sportkrone.at: Gab's da einen konkreten Moment, als du realisiert hast, dass es so nicht mehr geht?
Sallahi: Ja, das war schon bald nach meiner Ankunft hier in Karlsruhe. Ich war zwar schon davor vier Jahre in München, aber der Schritt hierher, der war noch einmal gewaltig. In München hatte ich noch einen Verwandten, aber in Karlsruhe war ich komplett auf mich alleine gestellt. Ich hab' auch gleich wieder gespielt, weil ich eben Fußball spielen kann - aber von der Einstellung her war's nicht genug, um das lange halten zu können. Die ersten vier Partien hab' ich gespielt, obwohl man mich erst langsam heranführen wollte, und dann bin ich fünf Spiele lang 90 Minuten auf der Bank gesessen. Da hab' ich gemerkt: So geht es einfach nicht, es muss sich etwas ändern! Ab dann hat sich auch viel geändert!

sportkrone.at: Du bist einer von gerade einmal sieben Österreichern, die jemals für den FC Bayern München gespielt haben, mehrfacher Meistercup- und Champions-League-Sieger, x-facher Meister und...
Sallahi: Das dauert jetzt zu lange, alle Titel aufzuzählen! (lacht)

sportkrone.at: Kann man wohl sagen! Auch wenn es nur ein Pflichtspiel für die Bayern gewesen ist, was bedeutet dir das?
Sallahi: (grinst etwas verlegen) Also wenn ich ehrlich bin, habe ich das Spiel fast gar nicht mehr richtig im Kopf, ich hab's schon fast vergessen. Klar, in dem Moment war's schön, dass man endlich belohnt wurde für die Arbeit, das Training und für die ganzen Spiele im Jugend- und Amateurbereich bei den Bayern. Als man wirklich alles gegeben hat, fast tot ins Bett reingefallen ist und dann trotzdem nicht einmal im Kader gewesen ist. Bei der Qualität im Bayern-Kader war das zwar logisch, aber als Junger verstehst du das nicht, wenn du alles gibst und dich zerreißt.

sportkrone.at: Hätte es auch Möglichkeiten gegeben, bei den Bayern zu bleiben? Abgesehen von der mauen Aussicht auf viele Pflichtspiele, wenn man bedenkt, dass du da mit David Alaba den von vielen als besten Linksverteidiger der Welt bezeichneten Mann vor dir gehabt hättest.
Sallahi: Das ist der David zu 100 Prozent, ja...

sportkrone.at: ...womit es nicht gerade leichter für dich gewesen wäre.
Sallahi: Es wäre natürlich sehr schwierig geworden! Aber ich glaub' trotzdem, dass ich ein paar Spiele gemacht hätte. Bei so vielen Spielen in einer Saison, da rutscht man ab und zu mal rein - und die Erfahrung daraus kann man mitnehmen. Es gab ja auch Gespräche, ob ich doch nicht noch ein bisschen warten sollte. Aber für mich war klar: Sehr realistisch sind meine Einsatzchancen nicht. Ich musste einfach weg, weil nur durchs Spielen verbessert man sich - nur so lernt man dan wie Spiele. Nein, ich musste weg, irgendwohin wo ich spiele, wo ich Erfahrung sammle, wo ich Spiele hab', wo ich auf Einsatzminuten komme, wo ich etwas vorzuweisen hab'.

sportkrone.at: Das zwingt mich jetzt zum Nachhaken: Wirst du in der Statistik als österreichischer Bayern-Spieler aufgelistet bleiben oder ändert sich da noch etwas? Man hört ja vom Interesse des neu aufgestellten Verbands des Kosovo...
Sallahi: (schüttelt energisch den Kopf) ...was mich sehr wundert, denn ich habe mit niemandem geredet! Ich will für Österreich spielen! Das habe ich schon vor längerer Zeit einmal ganz klar gesagt. Ich bin hier aufgewachsen, hab' bis ich 16, 17 Jahre alt war bei Kapfenberg gespielt und alles hier gelernt.

sportkrone.at: Du bist, glaub' ich, kurz nach der Geburt nach Österreich gekommen, ja?
Sallahi: Ja, sechs, sieben Monate später. Ich weiß also gar nichts mehr von dort, vom Kosovo. Klar, man besucht Angehörige und so, aber trotzdem: Ich will's hier versuchen, das war immer ein Traum von mir: für Österreich zu spielen! Es wäre das Schönste für mich, da im Ernst-Happel-Stadion aufzulaufen. Was will man mehr als Fußballer, der alles in Österreich gelernt hat? Deswegen hab' ich nie mit jemandem geredet, ich kenne auch niemanden vom kosovarischen Verband.

sportkrone.at: Noch einmal zum Nationalteam, allerdings zur U21-Elf Österreichs: Die Chance auf die erste Qualifikation für eine EM-Endrunde im U21-Bereich lebt absolut, eher über das Playoff als über die Direkt-Qualifikation. Wie beurteilst du eure Aussichten, im kommenden Jahr bei der EM in Polen mitzuspielen?
Sallahi: Sehr gut! Wir sind eine super Truppe, auch wenn wir mitten in der Quali ein paar Stammspieler verloren haben: etwa den Michi Gregoritsch oder den Alessandro Schöpf. Wir sind gut genug, um das größtenteils zu kompensieren, aber klar ist da trotzdem auch ein bisschen Qualität verloren gegangen. Gegen Deutschland werden wir sehen, wo wir stehen. Die sind absolut ein Maßstab, die gehören zu den besten drei Teams in Europa. Hundertprozentig! Was da für eine U21 aufläuft, könnte in ein paar anderen Ländern von der Qualität her die A-Nationalmannschaft sein.

sportkrone.at: Jetzt noch eine kuriosere Frage: Ich kann nicht behaupten, dass ich bei der Recherche für unser Gespräch viele Interviews mit dir entdeckt hätte - werden die einfach nur gut versteckt oder sprichst du nicht gerne mit der Presse?
Sallahi: (lächelt) Ich bin halt ein eher ruhiger Mensch, kein Lautsprecher! Ich bin auch nirgends in den sozialen Medien aktiv, also auf Facebook, Instagram und so. Ich halt' mich da komplett raus, das ist einfach nichts für mich!

sportkrone.at: Macht ja auch nur Stress...
Sallahi: Genau! Ich will das machen, womit ich als Vierjähriger angefangen habe und was ich über alles liebe: das Fußballspielen auf dem grünen Rasen.

sportkrone.at: Eines vielleicht doch noch zum Abschluss: Was macht Ylli Sallahi, wenn er nicht gerade Fußball spielt?
Sallahi: (grinst) Wenn ich den Wildpark verlasse und mit ein paar Mannschaftskollegen in die Stadt reingehe, das ist schon auch geil, klar. Da kommt man wieder ein bisschen runter. Aber ganz ehrlich: Wenn ich zu Hause bin, schau' ich erst recht wieder Fußball. So einfach ist das! Heimspiel hier im Wildpark, ab nach Hause, Deutsche Bundesliga anmachen, dann englische Premier League und später dann noch spanische Primera Division...(lacht) Es dreht sich alles um Fußball...

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(Bild: KMM)



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