„Krone“-Interview

Tim Mälzer: „Ich bin so die kochende Wärmflasche“

Adabei Österreich
08.11.2025 19:30

Eigentlich nimmt Tim Mälzer keine Preise entgegen, doch für die Auszeichnung zum „Gault&Millau Ambassador 2026“ machte der Spitzenkoch und TV-Star eine Ausnahme. Der „Krone“ verriet er, warum, und bewies, dass hinter seiner großen Klappe mehr steckt als nur heiße Luft.

Mit Komplimenten kann er nicht wirklich umgehen und Auszeichnungen nimmt er prinzipiell keine an, weil er sie „überflüssig“ findet, wie er selber sagt. Ein guter Start also für einen Abend im St. Peter Stiftskulinarium im Herzen Salzburgs, an dem Tim Mälzer von Martina und Karl Hohenlohe zum „Gault&Millau Ambassador 2026“ gekürt und er unweigerlich mit Lobhudelei konfrontiert werden sollte. Diese Auszeichnung hat er aber trotzdem angenommen und „freue“ sich sogar darüber. „Vielleicht ist es das richtige Alter, in dem ich bin. Ich komme zur Ruhe und möchte auf irgendwas zurückblicken und das ist ein Teil dessen“, verrät er schließlich im Interview mit der „Krone“.

Um Worte ist der „Kitchen Impossible“-Star, wie man weiß, nicht verlegen, und so hat er als neuer Kulinarik-Botschafter auch eine ganz klare Botschaft: „Nichts anderes, als was ich seit über 25 Jahren mache – ich versuche die Kulinarik auf allen Ebenen am Leben zu erhalten.“

Am Anfangs wollte er die Menschen zu Hause wieder zum Kochen zu motivieren. „Mein Ziel war es zu zeigen, dass man mit wenig Aufwand und Zeit Dinge zusammenzimmern kann, die einen glücklich machen. Als ich dann selbstständig war, war meine Botschaft ganz klar zu sagen: Gute Küche spielt sich nicht nur im Wertungssystem mit Punkten, Mützen, Hauben, Sternen und sonstigem ab. Das ist eine gute Orientierung, aber die vielen Läden, die das nicht haben, können trotzdem gute Restaurants sein.“

Sieht ernster aus, als es ist: Mälzer im Interview mit „Krone“-Redakteur Kálmán Gergely.
Sieht ernster aus, als es ist: Mälzer im Interview mit „Krone“-Redakteur Kálmán Gergely.(Bild: Gault&Millau / Stefan Donat)

Ein gutes Restaurant würde aber auch die Art und Weise ausmachen, wie darin gearbeitet wird. In diesem Punkt hat Mälzer irgendwann ganz klare Grenzen gesetzt und ist ein Advokat für eine gute Atmosphäre in der Küche geworden. „Ich bin fast aus der Küche rausgegangen, weil mit einer asozialen Gewalt gearbeitet worden ist. Wo Leute physisch und mental misshandelt worden sind“, erinnert er sich zurück.

„Das Butterbrot, das meine Frau mir schmiert, ist immer besser“
Hinter der ungefilterten, lauten Hamburger Schnauze steckt also ein Mann mit Haltung, aber auch mit Herz. Einer, der sich gerne um andere kümmert. „Ich finde, nichts ist schöner, als für jemand anderen eine Mahlzeit zuzubereiten oder von jemand anderen eine zu bekommen. Das Butterbrot, das meine Frau mir schmiert, ist immer besser als das Butterbrot, was ich selber gemacht habe.“ Man dürfe sich eben nicht zu sehr in technische Details verlaufen. „Essen ist alles, aber kein Rezept. Essen ist für mich ein Gefühl, eine Emotion. Ist es so wichtig, ob ein Steak 56,8 Grad hat oder ist es nicht sehr viel wichtiger, dass man mit jemandem am Tisch sitzt und eine schöne Kommunikation hat?“

Martina Hohenlohe, Tim Mälzer, Staatssekretär Sepp Schellhorn – er hielt die Laudatio auf Mälzer ...
Martina Hohenlohe, Tim Mälzer, Staatssekretär Sepp Schellhorn – er hielt die Laudatio auf Mälzer – und Karl Hohenlohe(Bild: Gault&Millau / Stefan Donat)

Essen schaffe, so Mälzer, schöne Momente und. Wärme. „Essen ist unser Lagerfeuer – da haben wir uns vom Neandertaler nicht weiterentwickelt. Und Essen ist etwas, das jeder beurteilen kann. Kulinarik ist Kunst für jedermann. Am Ende des Tages kann man nur sagen: schmeckt mir oder schmeckt mir nicht. Und wenn es dir nicht schmeckt, hat es selten etwas mit Bildung zu tun, sondern einfach mit Geschmack.“

Zwischen Genie und Wahnsinn
Sein „Lagerfeuer“ hat Mälzer aktuell im Ikarus im Hangar-7 entfacht. Den ganzen November ist er im Salzburger Gourmet-Tempel von seinem Freund und Spitzenkoch Martin Klein als Gast am Werken. Allerdings nicht alleine, denn auch hier stellt er die Geselligkeit über die eigene Perfektion – gemeinsam mit dem ebenso lauten Tim Raue, TV-Kollege Alexander Herrmann und Wiens spannendsten Kulinarik-Export, Lukas Mraz. Der Auftakt vergangene Woche sei jedenfalls schon mal gelungen. „Es war wie eine Klassenfahrt. Kleine Jungs, die viel Blödsinn geredet haben, ganz ohne Eitelkeiten im Raum.“

Warum er ausgerechnet Raue, Herrmann und Mraz gewählt hat, ist schnell und in gewohnter Mälzer-Manier erklärt: „Tim Raue ist immer in die Fresse – da braucht man keine Erklärung. Dann haben wir Alexander Herrmann, der ist ein Intellektueller in seinem Aufbau und seinen Aromen. Und dann haben wir diesen Wiener Aktionismus mit Lukas Mraz. Er ist wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde – zwischen Genialität und Wahnsinn.“ Und er selber? „Ich bin so die kochende Wärmflasche, die Biber-Bettwäsche. Echt nicht cool, nicht wirklich geil und heißblütig wird man dabei auch nicht, aber ich glaube, jeder mag ein frisch bezogenes Bett mit Biber-Bettwäsche.“

Mälzer scheint bei sich angekommen zu sein und zu wissen, wo sein Platz ist, weshalb er in seiner Funktion als Kulinarik-Botschafter, um den Kreis zu schließen, dem jungen Tim Mälzer nur eines mit auf den Weg geben würde: „Das ist schon alles richtig so. Bleib so unvernünftig und mutig.“ Für seine Zukunft würde er sich wünschen, konstruktiv zu bleiben und kein destruktiver alter Mann zu werden. „Manchmal merke ich in mir bestimmte Momente, in denen ich die notwendige Begeisterung für Veränderung nicht an den Tag gelegt habe.“ Die Botschaft an den alten Tim Mälzer würde also lauten: „Bleib offen für Veränderung und tolerant.“ Eine letzte Botschaft hat Mälzer noch für all jene, die seinen Beruf ergreifen wollen. Sie ist für Mälzers Verhältnisse wortkarg, aber mit seiner Hamburger Schnauze auf den Punkt gebracht: „Mach’!“

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