Sang Lied gegen Krieg

Putins Regime will Musikerin (18) mundtot machen

Ausland
02.11.2025 22:56

Auf den Straßen von St. Petersburg sang die 18 Jahre alte Diana Loginowa von Regimekritikern komponierte Lieder. Mitte Oktober kam sie deswegen ins Gefängnis. Kaum entlassen, wurde sie wieder verhaftet. Jetzt droht ihr das, was unter russischen Oppositionellen als „Arrest-Karussell“ berüchtigt ist.

Diana Loginowa, bekannt unter dem Namen Naoko, und ihre beiden Kollegen von der Band Stoptime hatten Mitte Oktober Straßenmusik in St. Petersburg gemacht. Dabei performten sie Lieder von Künstlern, die vom Regime unter Wladimir Putin als „ausländische Agenten“ verfolgt werden und damit verboten sind. Die drei wurden daraufhin verhaftet und wegen „Verstößen gegen das Versammlungsrecht“ zu Haftstrafen verurteilt: Sängerin Loginowa und Perkussionist Wladislaw Leontjew zu 13, der Gitarrist – und Freund Loginowas – Alexander Orlow zu zwölf Tagen Arrest.

Anti-Kriegslied gesungen
Die 18-Jährige konnte am Dienstag ihre Zelle verlassen. Aber anstatt frei zu sein, kam sie erneut vor Gericht. Diesmal wurde Loginowa wegen „Diskreditierung der Streitkräfte“ zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (330 Euro) verurteilt. Der Grund: Sie hatte bei einem ihrer Auftritte das Lied „Du bist Soldat“ der im Exil lebenden russischen Musikerin Monetotschka gesungen. „Du bist Soldat und in welchem Krieg du auch kämpfst: Verzeih, ich werde auf der anderen Seite stehen“ heißt es im Refrain des Anti-Kriegslieds.

Dieser Auftritt brachte die russische Band Stoptime in Schwierigkeiten:

Das „Arrest-Karussell“ dreht sich
Aber auch nach diesem Urteil kamen Loginowa und ihre Kollegen nicht frei. Alles deutet darauf hin, dass gegen sie das „Arrest-Karussell“, wie es russische Menschenrechtsanwälte nennen, angewendet wird: Ständige Freiheitsentzüge, die russische Oppositionelle zermürben und gleichzeitig den Behörden Zeit geben sollen, um etwa auf Smartphones belastendes Material zu finden und weitere Strafverfahren einzuleiten.

Unter neuen Versammlungsrechtsvorwürfen wurde Loginowa vergangenen Mittwoch wieder auf eine Polizeiwache gebracht. Dort wurde der 18-Jährigen plötzlich schlecht, laut der Plattform  „Mediazona“ musste ein Krankenwagen gerufen werden. Nach einer Injektion durch die Sanitäter habe sich ihr Zustand gebessert. Auch Gitarrist Orlow wurde wieder festgenommen. Beamte in Zivil sollen ihn in ein Auto gezerrt haben, während er gerufen habe, er wisse nicht, warum er festgenommen werde, berichtete die russische Internet-Zeitung „Bumaga“.

Verlobung im Polizeibus
Zusammen wurden das Musikerpärchen Loginowa und Orlow zum Gericht gebracht. Als der Polizeibus an einer Tankstelle hielt, nutzte der Gitarrist die Gelegenheit: Er machte seiner Freundin einen Heiratsantrag. „Ich habe aus einem Taschentuch einen Ring gemacht“, erzählte Orlow der BBC. „Ich hatte Zeit, um auf die Knie zu gehen, und sie hat Ja gesagt“. Beide wünschen sich sehnlichst, nach Hause gehen zu können. Zunächst müssen sie aber wegen Verstößen gegen die öffentliche Ordnung für je 13 Tage ins Gefängnis.

Auch der 18 Jahre alte Stoptime-Drummer Wladislaw Leontjew wurde vergangenen Donnerstag zu 13 Tagen Haft verurteilt – wegen „Organisation einer nicht genehmigten öffentlichen Veranstaltung“. Leontjews Vater kämpft im Ukraine-Krieg und hatte zur Zeit des Urteils seinen letzten Tag Fronturlaub. Ein Antrag, dass sich die Familie vor der Haftstrafe noch einmal sehen könnte, wurde vom St. Petersburger Gericht abgelehnt, berichtete „Mediazona“.

Solidaritäts-Flashmobs in Russland
Während das russische Regime das junge Trio mundtot machen will, organisierten Straßenmusiker in verschiedenen russischen Städten Solidaritäts-Flashmobs, wo ebenfalls Songs „ausländischer Agenten“ gespielt wurden. Zahlreiche russische Musiker, Oppositionelle und Politiker im Exil äußerten ihre Unterstützung, auch die Singer-Songwriterin Monetotschka. Sie reagierte mit einem Gedicht, das sich an die Russlands Obrigkeiten wendet: „Ihr fürchtet euch vor unseren brennenden Herzen, weil sie Stahl und Blei zum Schmelzen bringen. Und wie Vögel fliegen unsere Lieder zu denen, die gütig, mutig und ehrlich sind.“

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