Tief in Russland
Ukraine will Putins Prestigeprojekt zerstört haben
Kiew verkündete am Freitag einen Erfolg, der einem militärischen Paukenschlag gleicht: Ukrainische Geheimdienste haben nach eigenen Angaben eines der geheimsten strategischen Raketensysteme Russlands – Putins „Oreschnik“- Rakete – tief auf dessen eigenem Territorium zerstört. Die Operation blieb monatelang streng geheim – und war angeblich nur den Präsidenten einiger weniger Länder bekannt.
Wie die „Kyiv Post“ und der „Kyiv Independent“ berichten, gelang es dem ukrainischen Sicherheitsdienst SBU, gemeinsam mit dem Militärgeheimdienst HUR und dem Auslandsnachrichtendienst SZRU, im Sommer 2024 ein russisches „Oreschnik“-Raketensystem auf dem Testgelände Kapustin Jar in der russischen Region Astrachan zu zerstören.
Dabei handelt es sich um ein Gelände, auf dem Moskau seine strategischen Waffen testet – einschließlich nuklearfähiger Raketen.
Startkomplex vernichtet?
„Die Zerstörung war zu hundert Prozent erfolgreich“, sagte SBU-Chef Wassyl Maljuk. „Es war eine sehr erfolgreiche Mission – etwas, das wir bislang nie öffentlich gemacht haben.“ Demnach habe die Ukraine einen Startkomplex vernichtet, der für drei „Oreschnik“-Raketen vorbereitet war. Nach ukrainischen Geheimdienstangaben soll Russland bisher eine dieser Raketen abgefeuert, eine zweite verloren und mindestens eine weitere im Arsenal behalten haben.
Dient für russische Drohgebärden
Russische Staatsmedien priesen die „Oreschnik“-Rakete als neue Waffe an, die angeblich jedes Ziel in Europa innerhalb einer Stunde treffen könne – ausgestattet mit bis zu sechs unabhängig steuerbaren, atomar bestückbaren Sprengköpfen.
Präsident Wladimir Putin hatte die Rakete im November 2024 als „neueste Entwicklung“ vorgestellt und betont, sie sei während eines Angriffs auf die ukrainische Stadt Dnipro eingesetzt worden – angeblich mit einer nichtnuklearen Variante.
Alte Technik in neuem Gewand
Westliche Experten sehen das jedoch skeptisch. Laut dem Rüstungsexperten Fabian Hoffmann von der Universität Oslo handelt es sich bei der „Oreschnik“ wohl um eine modernisierte Version der sowjetischen Mittelstreckenrakete RS-26 „Rubezh“ aus dem Jahr 2011 – „mit einigen Upgrades und einem neuen Anstrich“, so Hoffmann.
Auch ein Vertreter der US-Regierung hatte damals gegenüber der „Kyiv Independent“ erklärt, die Rakete stelle keine grundlegend neue Bedrohung dar, sondern diene vor allem propagandistischen Zwecken.
Selenskyj: „Staaten sollten genau hinschauen“
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte dennoch, Russland könne versuchen, das System künftig in Belarus zu stationieren – und damit weite Teile Europas in Reichweite bringen. „Wir verstehen, dass ihre Reichweite etwa 5500 Kilometer beträgt – mit einer 700-Kilometer-Totzone“, sagte Selenskyj. „Das bedeutet: Vor allem die Staaten Osteuropas sollten genau hinschauen. Aber eigentlich alle.“
Die verdeckte Operation, deren Details erst jetzt bekannt wurden, zeigt, wie weit der Geheimkrieg zwischen Russland und der Ukraine inzwischen reicht. Sollte sich die Zerstörung des Systems in Kapustin Jar bestätigen, wäre dies ein beispielloser Schlag gegen Russlands strategische Rüstungsprogramme – und ein Zeichen, dass selbst tief im Landesinneren keine Waffe mehr völlig sicher ist.
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