Die Teuerungen betreffen immer mehr Menschen und hinterlassen auch im Alltag ihre Spuren. Second Hand, Upcycling und Reparatur-Netzwerke erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Zahlt sich das aus?
Während Preise steigen und Neuanschaffungen oft unleistbar werden, greifen immer mehr Menschen zu Schraubenzieher und Pinsel statt zur Kreditkarte. Reparieren, Tauschen und Wiederverwenden liegen im Trend – aus Überzeugung, aber auch aus Notwendigkeit. Rund 600 Betriebe handeln laut Wirtschaftskammer derzeit mit gebrauchten Waren, Tendenz steigend.
„Der Kauf von Second-Hand-Ware ist für viele Junge ein Lifestyle geworden“, so Timea Oberwagner, Berufsgruppenbeauftragte für den Wiener Altwarenhandel. Aber es schwingt noch viel mehr mit. Ein weiterer Grund für die Nachfrage nach Altwaren: Die Kaufkraft sinkt, Neuware wird teurer, und die Qualität hält oft nicht, was die Produzenten versprechen.
Vor allem Möbel, Kleidung und Accessoires erleben eine Wiederauferstehung. In Österreich bewegt der Second-Hand-Markt laut Branchenangaben zwei Milliarden Euro jährlich.
Aufbereitete Elektrogeräte besonders im Trend
Besonders beliebt ist das sogenannte Refurbishment – geprüfte, überholte Elektronikgeräte mit Garantie. Sie bieten Sicherheit und Nachhaltigkeit zugleich. Parallel dazu wächst der Upcycling-Trend: Alte Kommoden werden bunt lackiert, Jeans zu Taschen umgenäht, Waschmaschinentrommeln zu Lampen. Auch ökonomisch rechnet sich das Umdenken. Studien aus Deutschland und Frankreich zeigen: Wer auf langlebige Produkte setzt und sie reparieren lässt, spart langfristig Geld. Bis zu 2000 Euro pro Haushalt in zehn Jahren – so das Ergebnis.
„Krone“: Herr Piringer, wie hat sich das Thema Reparatur in Wien entwickelt?
Markus Piringer: Wir sehen, dass Second-Hand und Refurbishment stark zunehmen. Der Markt ist professioneller geworden. Beim Reparieren gibt es Schwankungen. Die Nachfrage hängt sehr stark von Förderungen wie dem Reparaturbonus ab.
Diese Förderung wird ja jetzt neu aufgelegt.
Genau. Ab Dezember heißt sie „Geräte-Retter-Prämie“. Sie umfasst große Haushaltsgeräte – also Waschmaschinen, Kühlschränke, Geschirrspüler. Bei Unterhaltungselektronik ist noch vieles unklar. Aber solche Programme sind essenziell, weil der Preis bei der Reparatur die zentrale Rolle spielt.
Wie groß ist der finanzielle Vorteil beim Reparieren?
Studien aus Deutschland und Frankreich zeigen: Wer hochwertige Geräte kauft und sie lange nutzt, spart in zehn Jahren bis zu 2000 Euro. Das alte Sprichwort „Wer billig kauft, kauft teuer“ trifft besonders bei Elektrogeräten zu.
Welche Hürden gibt es?
Viele. Geräte sind heute oft schwer zu öffnen, Bauteile sind verklebt oder vernietet. Das erschwert Reparaturen massiv. Die EU arbeitet zwar an einer „Right to Repair“-Regelung und am sogenannten Produktpass, aber das braucht Zeit.
Spürt man den Trend auch im Alltag?
Absolut. Die Menschen denken um – aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen. Eine Reparatur verlängert nicht nur die Lebensdauer eines Produkts, sie senkt auch den ökologischen Fußabdruck. Es lohnt sich doppelt. Und sie schafft Jobs hier vor Ort.
Den praktischen Beweis liefern Wiens Reparaturnetzwerke. „Der Preis der Reparatur entscheidet. Bei 30 Prozent des Neuwerts gehen die Leute eher in den Laden“, so Markus Piringer, Koordinator des Reparaturnetzwerks Wien. „Mit dem Reparaturbonus haben wir einen massiven Anstieg gesehen – fällt die Förderung weg, gehen die Zahlen zurück.“ Ab Dezember soll der Bonus unter dem neuen Namen „Geräte-Retter-Prämie“ wieder starten, vorerst für große Haushaltsgeräte.
Der ökologische Nutzen ist unbestritten: „Je länger ein Produkt lebt, desto besser für Umwelt und Geldbörse.“ Auch wirtschaftlich steckt Potenzial in der Kreislaufidee. Reparatur schafft lokale Arbeitsplätze und verringert Abhängigkeiten globaler Lieferketten. „Europa wird eine Kreislaufwirtschaft sein müssen – oder es wird keine geben“, so Piringer.
So ziemlich alles, was man sonst kauft und dann nur höchstens einmal im Jahr braucht, kann man ab jetzt gratis ausleihen: Von Profi-Werkzeug über Haushaltsgeräte wie Dampfreiniger bis hin zu Camping-Ausrüstung und Party-Bedarf reicht die Palette in den nun sechs Leihläden der Wiener Gebietsbetreuung.
Erfolgreiche Testphase
Die Stadt gab sich ein Jahr Zeit, um zu testen, ob das Konzept funktioniert. Nach dem Erfolg mit der „Bibliothek der Dinge“ am Max-Winter-Platz sind fünf weitere Standorte dazugekommen (siehe Grafik oben). Die reguläre Leihdauer beträgt eine Woche, kann aber auch verlängert werden. Davor ist nur eine Registrierung in einem der Leihläden mit amtlichem Lichtbildausweis nötig.
Neue Strategie
Der Ausbau der Leihladen-Idee ist Teil der neuen Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt zur Schonung von Ressourcen und soll dementsprechend ausgebaut werden: Ab nächstem Jahr sollen Reservierungen nicht nur per Telefon oder Mail, sondern direkt auch online möglich sein. Vorerst zahlt es sich aus, die Leihkataloge der verschiedenen Standorte zu studieren, die jeweils unterschiedliche Dinge im Angebot haben.
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