Es gilt als die spektakulärste archäologische Entdeckung des 20. Jahrhunderts – doch mehr als 100 Jahre nach seiner Freilegung steht das Grab des Pharaos Tutanchamun vor dem Verfall. Forscher warnen, dass Risse im Gestein, eindringende Feuchtigkeit und wuchernde Pilze die Struktur des jahrtausendealten Bauwerks im Tal der Könige ernsthaft gefährden.
Wie der „Independent“ und die „Daily Mail“ berichten, haben ägyptische Wissenschaftler schwere Schäden am Felsgestein festgestellt, das die Grabkammern des jungen Pharaos umgibt.
Eine durchgehende Bruchlinie zieht sich demnach durch die Decke von Eingangs- und Grabkammer. Durch die feinen Spalten dringt Regenwasser ein, das das Gestein aufweicht und die bunten Wandmalereien angreift.
Forscher fordert „dringende Sofortmaßnahmen“
„Die königlichen Gräber im Tal der Könige brauchen dringend wissenschaftliche Untersuchungen und Sofortmaßnahmen“, warnt Professor Sayed Hemeda von der Kairo-Universität. Seine Studie, veröffentlicht im Fachjournal „npj Heritage Science“ (Nature-Gruppe), zeigt, dass die Stabilität des Grabes durch wiederkehrende Feuchtigkeitsschwankungen massiv beeinträchtigt ist.
Das verwendete Gestein – sogenannter Esna-Schiefer – dehnt sich bei Feuchtigkeit aus und zieht sich bei Trockenheit zusammen. Diese Bewegung hat in den letzten Jahrzehnten zu einer gefährlichen Belastung der Felsstruktur geführt.
Besonders folgenschwer war eine Sturzflut im Oktober 1994. Damals wurde das gesamte Tal der Könige von schlammhaltigem Wasser überflutet. „Dieses Ereignis war ein Wendepunkt“, sagt Hemeda. „Das Wasser drang in die Grabkammern ein, öffnete neue Risse und erhöhte die Luftfeuchtigkeit. Dadurch wuchs Pilzbefall, der die Wandmalereien schwer beschädigt hat.“
Tutanchamun regierte Ägypten vor mehr als 3300 Jahren, bestieg als Kind den Thron und starb im Alter von etwa 18 Jahren unter bis heute ungeklärten Umständen. Sein Grab, 1922 von Howard Carter entdeckt, enthielt rund 5000 kunstvoll gearbeitete Objekte, darunter die berühmte goldene Totenmaske. Bis heute gilt Tutanchamun als Symbol für den Glanz und das Geheimnis des alten Ägypten.
Gefahr droht auch aus dem Umfeld
Der Archäologe Mohamed Atia Hawash von der Kairoer Fakultät für Archäologie warnt gegenüber „Independent Arabia“ zusätzlich vor Gefahren von außen: Auch die umliegenden Berge seien von tiefen Spalten durchzogen. „Diese Risse können jederzeit große Felsbrocken lösen, die auf nahegelegene Gräber stürzen“, erklärt Hawash weiter. „Wenn das Tal der Könige erhalten bleiben soll, muss sofort gehandelt werden.“
Obwohl das Areal zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, fehlt es bislang an konkreten Schutzmaßnahmen. Hemeda und Hawash fordern daher ein umfassendes Risiko- und Überwachungssystem, um Feuchtigkeitsschwankungen zu begrenzen, den Fels zu stabilisieren und drohende Einstürze frühzeitig zu erkennen.
Der ägyptische Archäologe Emad Mahdi mahnt: „Es braucht jetzt ein Expertengremium, das den Zustand des Grabes genau untersucht und dem Staat dringende Schutzmaßnahmen empfiehlt. Wir können nicht warten, bis es zu spät ist.“
Tutanchamuns Ruhestätte, katalogisiert als KV62, zählt zu den kleinsten königlichen Gräbern im Tal der Könige – und zu den empfindlichsten. Noch hält das Felsdach stand, doch die Wissenschaftler sind sich einig: Ohne gezielte Erhaltungsmaßnahmen könnte der Glanz des legendären Pharaos bald im Staub der Geschichte versinken.
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