75 Prozent der Gemeindewohnungen werden in Wiener Neustadt (NÖ) verscherbelt – beim Lokalaugenschein der „Krone“ liegen die Nerven blank und es wird auch an Ex-Vizebürgermeister Christian Stocker harsche Kritik geübt!
Man stelle sich nur vor, das rote Wien würde drei Viertel seiner Gemeindewohnungen auf einen Schlag verkaufen. Massenproteste, internationale Berichte zur besten Sendezeit, U-Ausschuss und eine veritable Staatskrise wären die Folgen. Doch über die unsozialen Umtriebe in Wiener Neustadt wird großteils nur im Kleinen berichtet.
Die Überraschung über den Kahlschlag beim Sozialbau seitens der ÖVP-geführten Stadtregierung dürfte wohl nicht ganz so groß sein. Nachdem die „Allzeit Getreue“ aber auch die geliebte Heimat von Bundeskanzler Christian Stocker ist und der aktuelle Regierungschef lange Jahre als Vizebürgermeister und Finanzstadtrat tätig war, ist die Sache doch komplexer.
Geheime Abstimmung für Verkauf von 1600 Wohnungen
Fakt ist, am vergangenen Dienstag wurde im Rathaus in – geheimer – Abstimmung beschlossen, mehr als 1600 Wohnungen auf den freien Markt zu werfen. Unter anderem sollen Wohnbaugenossenschaften und gemeinnützige Wohnbauträger eingeladen werden, an dem Bieterverfahren teilzunehmen.
Aufgrund des teils desolaten Zustands der Wohnungen kommen aber wohl nur Großinvestoren in Betracht. Diese Befürchtungen teilt auch Mietervertreter Hannes Winkler aus den örtlichen Robert-Stolz-Bauten: „Wir hoffen aber trotzdem auf das Beste“, bekräftigt Winkler.“
„Ob tot oder lebendig, hier müssen’s mich raustragen“
Beim Lokalaugenschein der „Krone“ herrscht in den Gemeindebauten absolute Krisenstimmung. Für Edeltraud T. (79) ist die Causa ein schlechter Witz: „Ich wohne seit dem Tod meines Mannes hier und habe die Wohnung großteils auf Eigenkosten renoviert. Für Heizung, Bad und selbst für neue Fenster war nie Geld von der Hausverwaltung da. Wir alle in der Anlage leben jetzt in Angst. Aber ich verspreche ihnen, mich müssen sie einmal hier raustragen, tot oder lebendig“, ist die Pensionistin kampfbereit.
In dieselbe Kerbe stößt auch Nachbarin Tamara H.: „Mein 13-jähriger Sohn ist behindert und wir kämpfen seit Monaten mit Feuchtigkeit und Schimmel, trotzdem kann ich mir keine andere Wohnung leisten. Wenn jetzt auch noch die Kosten steigen, weiß ich wirklich nicht mehr weiter.“
Und dass die Kosten steigen werden, liegt auf der Hand. Bereits jetzt sollen die Gemeindewohnungen das jährliche Budget der Bezirkshauptstadt mit mehr als vier Millionen Euro belasten. Leerstand aufgrund von jahrelanger Untätigkeit sorgt zudem für einen Mehraufwand. Private Käufer werden aber sicher kein Minus mehr zulassen.
„Notwendigkeit“ löst harte Kritik an Stammtischen aus
Die Verantwortlichen betonen aber zumindest, dass die Mietverträge in Objekten mit neuen Eigentümern unverändert aufrecht bleiben, das regelt aber glücklicherweise auch das bundesweite Mietrechtsgesetz und nicht die örtliche Stadtregierung.
Während das Team von ÖVP-Bürgermeister Klaus Schneeberger den Verkauf noch als „budgetäre Notwendigkeit“ verteidigt, ist die Stimmung auf den Stammtischen mehr als aufgeheizt.
Im Ortsteil Flugfeld, genauer gesagt im letzten Beisl der Gegend, wird auf Nachfrage ordentlich losgepoltert: „Das sind ja alles miteinander Banditen. Egal ob Kanzler oder Bürgermeister, die beiden finden unsere Gegend ja nicht einmal mit dem Finger auf der Landkarte – geschweige denn, dass sie sich persönlich hertrauen“, so die bierselige Devise im Café Merlin. Ganz im Gegensatz zur „Krone“ ...

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