Die monatlichen Bezüge von 26.000 Euro für den Vizepräsidenten der Arbeiterkammer Oberösterreich sind nur die Spitze des Eisbergs. Ein Prüfbericht des Rechnungshofes zeigt auf, dass in der Standesvertretung der Mediziner Frauen finanziell benachteiligt werden. Die Spitzen der Kammer geben sich wortkarg.
Nach der Debatte über die hohen Entschädigungen für Harald Mahrer und seinen darauffolgenden Rückzug als Wirtschaftskammerpräsident ist nun eine andere Standesvertretung in den Fokus geraten: Wie berichtet, soll der Vizepräsident der Ärztekammer OÖ (ÄKOÖ), Harald Mayer, laut Recherchen des Falter 26.000 Euro pro Monat kassieren. Weder Mayer noch ÄKOÖ-Präsident Peter Niedermoser wollten sich am Donnerstag auf Anfrage dazu äußern.
„Funktionsgebühr“ statt Gehalt
Somit bleibt auch die genannte Summe unbestätigt. Festhalten wollte man, dass Mayer von der ÄKOÖ kein Gehalt, sondern zwölfmal im Jahr eine „Funktionsgebühr“ ausbezahlt bekomme – aus den Pflichtbeiträgen der Mediziner. Kritik, dass die Bezüge der Kammerspitzen den Mitgliedern verheimlicht würden, weist man in der ÄKOÖ zurück: Auf ihrer Website seien in einem nur für Ärzte zugänglichen Bereich alle Beträge offengelegt.
Von 17 Führungskräften waren nur sechs weiblich
Aus Kammerkreisen hieß es am Donnerstag, die Debatte um die hohen Bezüge des Vizepräsidenten verstelle nun die Sicht darauf, dass die weitaus überwiegende Mehrheit der ÄKOÖ-Funktionäre ihre Tätigkeiten unentgeltlich erledigen würden. Funktionärsgebühren erhalten demnach sinngemäß „nur eine Handvoll“ – etwa Präsident, Vizepräsident, Kurienobleute und die für die Finanzen zuständigen Funktionäre.
Die dürften dafür nicht schlecht verdienen, vor allem, wenn sie männlich sind – und das sind sie laut einem Bericht des Rechnungshofs (RH) über die Jahre 2017 bis 2022 weitgehend. Mit Stichtag 1. Jänner 2023 waren demnach von 17 Führungskräften elf männlich. In der ÄKOÖ hält man die RH-Empfehlung, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, mittlerweile aber für erledigt: Immerhin sei der Posten des Kammeramtsdirektors inzwischen mit einer Frau besetzt. Auch Abteilungsleiter, die seit 2022 in Pension gingen, seien weitgehend mit Frauen nachbesetzt worden.
Frauen verdienen im Schnitt um 60 Prozent weniger
Dazu, ob sich am sogenannten Gender Pay Gap, also der Differenz zwischen den durchschnittlichen Bezügen von Frauen und Männern, auch etwas geändert habe, gab es keine Auskunft. Der RH hatte in seinem Bericht festgehalten, dass eine ÄKOÖ-Bedienstete im Jahr 2021 im Durchschnitt um 60 Prozent weniger verdiente als ihr männliches Pendant.
Maßnahmen gegen diese Differenz zu setzen, ist nur eine von insgesamt 26 Empfehlungen, die der RH in seinem Bericht formulierte. Gegenüber dem ORF gab Niedermoser am Donnerstag an, dass davon „bereits 17 umgesetzt“ worden seien. Welche – außer der höheren Frauenquote in Führungspositionen – das sind, dazu wollte man sich bei der ÄKOÖ gegenüber der „Krone“ nicht äußern.
Dass die Personalkosten, wie vom RH festgehalten, zwischen 2017 und 2022 um knapp 30 Prozent gestiegen sind, begründet man u. a. damit, dass in der Einschulungsphase für die neue Kammeramtsdirektorin auch deren Vorgänger noch Bezüge erhielt.
Wirtschaft, Arbeiter, Landwirtschaft, Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte: Österreich ist ein Land der Kammern. An der Grundidee dieser Standes- und Interessensvertretungen, die sich unzweifelhaft für ihre Mitglieder einsetzen, ist nichts verkehrt.
Dass sie immer schon (auch) als parteipolitische Vorfeldorganisationen fungiert haben, wird in der Bevölkerung aber zunehmend kritisch gesehen – ebenso wie die unverrückbare Pflichtmitgliedschaft. Für üppige Luxus-Gagen für Spitzenfunktionäre fehlt ohnehin das Verständnis. Das Kammersystem ist gerechtfertigt – in seiner heutigen Form aber überholt.

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