Die Gemeindemitglieder in Klagenfurt-Welzenegg kennen ihn im feierlichen Priestergewand auf der Kanzel. Doch abseits des Gotteshauses schlüpft dieser Geistliche in die Lederkutte – und ist PS pur!
Seit vier Jahren wirkt Dr. Charles Lwanga Mubiru als Priester von St. Theresia und Herz Jesu und ist bei den Kirchenbesuchern beliebt. Sein Credo: „Wir können nicht in der Kirche warten, dass die Leute zu uns kommen. Wir müssen rausgehen!“ Und das tut er am liebsten als begeisterter Biker auf dem Sattel ...
Motorradclique als Antwort auf die Hells Angels
„Wir haben eine Motorradgruppe gegründet, Markus Bucsek, Helmut Palko und ich. Inzwischen sind wir schon 33 Mitglieder. Wir haben uns den Namen Heavens Angels gegeben. Als Gegensatz zu den berüchtigten Hells Angels. Wir möchten die Guten sein“, sagt der Klagenfurter Diener Gottes mit einem Augenzwinkern. „Jedes Mal, wenn wir rausfahren, erwarten sie, dass ich ein Gebet mache. Dann erst fahren wir raus, ich segne auch die Maschinen. 4000 Kilometer haben wir gemeinsam auf unseren Touren sicher schon abgespult.“
Die gemeinsame Zeit in der Motorradclique möchte der passionierte Fahrer nicht mehr missen. In Welzenegg hat er sein privates wie berufliches Glück gefunden. Fast jeder hier kennt ihn als hilfsbereiten Sonnenschein von St. Theresia, der im benachbarten Gasthaus und Einheimischen-Treffpunkt „Zur Jana“ gegenüber gern auf ein Achtel vorbeischaut.
Doch kaum einer weiß: Da gab es auch andere Zeiten, wie Charles, der vom deutschen Missionar Hugo Schneider einst in seinem Heimatland Uganda getauft und später nach Mallnitz als dessen Nachfolger als Pfarrer gebracht wurde, erzählt.
Klagenfurter Priester erlebte Rassismus im Mölltal
Denn er hat in Europa wegen seiner Hautfarbe Fälle von Rassismus erleben müssen! Charles schildert nachdenklich: „Ja, ehrlich gesagt gab es solche Vorfälle. Im Mölltall speziell. Erfahrungen, wo es hieß: Wir wollen nicht, dass ein Afrikaner diese Dinge machen kann. Es gab Leute, die z.B. sagten, ein Afrikaner kann unser Kind nicht taufen. Oder beim Begräbnis. „Der beerdigt unseren Verwandten nicht.“ Eine Frau hat sogar gekämpft, dass ich kein Dechant werden kann. Ich habe dann geantwortet: Ein Afrikaner ist auch ein Mensch!“
Und weiter: „Wenn das passierte, hat mir der Glauben geholfen. Aber ich zog Kraft aus den vielen guten Menschen, die ich treffen durfte. Und die ganz anders waren und die Mehrheit sind. In Klagenfurt habe ich solche Vorfälle nie erlebt. Immer wieder kommt es heute vor, dass Menschen nach der Predigt zu mir kommen und sich bedanken. Das macht mich glücklich.“
Schlangen und Hunger: Überleben in Kriegszeiten in Uganda
Charles möchte in der Gemeinde die Leute für den christlichen Glauben begeistern, initiiert viele Veranstaltungen, Jugendtreffs, Ausflüge, Aktionen für Groß und Klein. Er hat schon viel erlebt: „Ich danke Gott im Gebet für alles, was mir Gutes widerfahren ist. Und bei den schlechten Dingen bitte ich ihn um Hilfe.“
Wie in seiner Kindheit. Als siebtes von elf Kindern musste Charles den Krieg in seiner Heimat in den 70ern erleben. Eine dunkle Zeit im Rückblick: „Drei Jahre lang haben wir draußen geschlafen, jede Nacht den Platz gewechselt, im Wald, im Busch. Wir als Kinder hatten Angst vor den Geräuschen der Waffen, den giftigen Schlangen. Es gab Mangel an Essen, es war sehr schwer. Manchmal gab es nächtelang nichts, meine Mutter hat alles für uns Kinder gelassen.“
Doch die gläubige Lehrerfamilie überstand die schwierigen Jahre. Von klein auf wollte der heutige Hüne nur eines: Priester werden. Und dieser Wunsch sollte Wirklichkeit werden: Sein Bischof in Uganda schickte ihn als jungen Mann nach Rom. Anschließend promovierte er in Deutschland – und fand über den beschriebenen Hugo Schneider den Weg über die Alpen nach Österreich.
Kampf um jeden Kirchenbesucher
In unseren heutigen turbulenten Zeiten kämpft der Hobbysportler, der vier Sprachen beherrscht, um jeden Kirchenbesucher. Im Schnitt kommen an den Wochenenden 50 bis 70. Natürlich wirkt das Bild in der großen Kirche da eher leer.
Doch aufgeben ist seine Sache nicht. „Klar: Es ist schwieriger geworden. Besonders die junge Generation bleibt aus“, weiß Charles. „Das Klientel, das wir noch haben, sind die älteren. Man fragt sich: Was wird in zehn Jahren passieren? Man macht sich Gedanken über die Situation. Was mich ermutigt, ist, dass es hier in Klagenfurt noch viele aktive Leute gibt, viele Ehrenamtliche. Die haben wir noch, dafür bin ich sehr dankbar.“
Der Bischof aus seiner Heimat könnte ihn jederzeit zurückrufen. „Aber ich möchte hier in Klagenfurt bleiben. Mir reicht es, einmal im Jahr meine Heimat und Mutter zu besuchen“, sagt Mubiru, der in Uganda eine Berufsschule durch Spendensammlungen tatkräftig unterstützt. Ein Projekt, das ihm Spaß macht. Wie das Motorradfahren ...
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