Es ist ein Fall von mutmaßlichem Lohnraub, der weite Kreise zieht: Hunderte ehemalige Arbeiterinnen einer Textilfabrik in Thailand beklagen, dass ihnen Ansprüche in Höhe eines Millionenbetrags vorenthalten würden. Der Fabrikbesitzer, gleichzeitig CEO der österreichischen Huber Holding, weigere sich demnach seit Jahren zu zahlen. Jetzt sprechen Betroffene.
Auf illegale Weise sei die Arbeiterin Prasit Koedphithak vor fünf Jahren aus einer Fabrik von Body Fashion Thailand Limited entlassen worden. Seither wartet sie auf Geld, das ihr zustehe: umgerechnet fast 19.000 Euro. „Ich habe keine Abfindung bekommen. Ich habe nicht einmal meinen Lohn für die letzten anderthalb Monate erhalten“, erzählte die 48-Jährige bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. „Seit ich entlassen wurde, habe ich keine Arbeit mehr gefunden. Ich musste mir Geld leihen und habe jetzt Schulden. Ich sehe keine Zukunft mehr für mich.“
„Ich habe dort 24 Jahre lang gearbeitet. Als die Fabrik geschlossen wurde, haben wir beide unsere Arbeit verloren und hatten im April noch keinen Lohn erhalten. Wir hatten keine Ersparnisse“, sagte die ehemalige Arbeiterin Jaruwan Karak (50). Ihr würden mehr als 20.000 Euro, ihrem Mann fast 18.000 Euro geschuldet.
Schulden auf 6,5 Millionen Euro gestiegen
Ähnlich wie ihnen gehe es offenbar mehr als 900 Arbeiterinnen und Arbeitern, die bis 2020 in Fabriken des Unternehmens Body Fashion tätig waren. Produziert wurde dort Unterwäsche für globale Marken wie Victoria‘s Secret und Triumph sowie Huber. Während der Covid-Pandemie wurden die Näherinnen entlassen, bevor die Standorte zusperrten. Die Entlassenen hätten mit Stand August 2025 Anspruch auf 6,5 Millionen Euro an ausstehenden Abfindungen, Löhnen und Boni plus Zinsen, wie es am Donnerstag hieß.
Trotz mehrerer thailändischer Gerichtsurteile weigert sich der Fabrikbesitzer Robert Ng, auch bekannt als Ng Man Choon, offenbar seit Jahren zu zahlen. Gegen ihn erheben Betroffene und Arbeitsrechtsorganisationen, darunter die österreichische NGO Südwind, schwere Vorwürfe, gestützt auf Recherchen des Worker Rights Consortium (WRC). Denn Robert Ng ist nicht nur Eigentümer von Body Fashion, sondern auch Vorstandsvorsitzender des österreichischen Unterwäscheunternehmens Huber Holding AG. Während der Zeit, in der es zum Lohndiebstahl gekommen sei, bezog die Firma Ware von Body Fashion.
Interne Untersuchung sprach Firma frei
Die Huber Holding reagierte auf die Vorwürfe, die erstmals im Dezember 2023 publik wurden, mit einer internen Untersuchung, Anfang 2024 wurde das Ergebnis veröffentlicht. Demnach war Body Fashion Thailand von Jänner bis Mai 2020 für einen Produktionspartner der Huber Holding tätig und hat eine Produktserie von Huber gefertigt. Alle Rechnungen seien beglichen worden, die fraglichen Vorfälle von Verletzungen der Arbeitnehmerrechte hätten sich erst im Anschluss an die Produktion für Huber zugetragen, lautete damals das Fazit – die „Krone“ berichtete.
„Huber soll unverzüglich zahlen“
Südwind widerspricht dieser Darstellung vehement. Denn Huber habe im fraglichen Zeitraum Kleidung aus den Fabriken gekauft, für deren Produktion die Arbeiterinnen bis heute nicht ausreichend entlohnt worden seien. „Huber sollte Verantwortung übernehmen und sicherstellen, dass die Löhne ohne Zögern voll ausgezahlt werden“, forderte Gertrude Klaffenböck von Südwind am Donnerstag.
Sie betonte, dass die Huber Holding AG lange als traditionelles Vorarlberger Familienunternehmen galt, inzwischen aber ein Netzwerk aus Tochtergesellschaften und Shops in Europa, Asien und den USA sei. Sie gehört zur Gänze der chinesischen Firma Benger Brands, die Teil des Wirtschaftsimperiums des malaysisch-chinesischen Textilindustriellen Robert Ng ist. Er wurde 2017 Vorstandsvorsitzender von Huber.
Aus den Jahresberichten der Firma gehe hervor, dass sie seit 2022 Profite abwerfe. „Die Gewinne wurden aber an den Eigentümer ausbezahlt, anstatt die ausstehenden Löhne zu zahlen“, so der Vorwurf Klaffenböcks. Sie rief auch die österreichische Regierung in die Pflicht: Sie solle mit Thailand zusammenarbeiten, um die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter durchzusetzen. Das sei aktuell in Ermangelung eines bilateralen Abkommens nicht möglich.
„Gesetze werden ignoriert“
Für David Welsh, Landesdirektor des Solidarity Center in Thailand, zeigt der Fall, dass sich die globale Lieferkette für Bekleidung ändern müsse. Er fordert eine Sorgfaltspflicht. Denn oft würden sich internationale Marken hinter der Behauptung verstecken, dass sie nur die Waren kaufen und für die Bedingungen in der Fabrik nichts könnten. „In diesem Fall lässt sich die Verbindung zwischen dem Besitz der Fabrik und dem Besitz der Marke nicht wegdiskutieren“, betonte Welsh am Donnerstag. Die Hauptverantwortung liege hier beim Eigentümer der Fabrik und CEO der Marke Huber, „der weiterhin Millionen in der globalen Industrie verdient und dabei Gesetze ignoriert“.
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