Die vergangenen Jahre waren für viele Händler nicht leicht. Nun scheint sich die Stimmung langsam etwas aufzuhellen. „Die Signale für Herbst sind gut und deutlich besser als die letzten drei Jahre“, betont Handelsobmann Rainer Trefelik. Doch es brauche auch die richtigen Rahmenbedingungen für fairen internationalen Wettbewerb durch die Politik, fügt Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer hinzu.
Corona-Krise, Energiepreisanstiege und auch die hohe Inflation haben in den vergangenen Jahren vielen heimischen Händlern nachhaltig zugesetzt. Fast 1100 Firmenpleiten gab es im Handel alleine im Vorjahr – ein Anstieg um knapp 18 Prozent. Heuer im ersten Halbjahr waren es weitere 642 Fälle, ein Anstieg von „nur“ mehr 2,7 Prozent.
Doch die Stimmung unter den Geschäftsleuten zeigt wieder positive Signale. „Das erste Quartal war real noch verhalten, der Mai schon positiv und auf die Juni-Zahlen warten wir noch“, erklärt Trefelik. Unterm Strich sei man „vorsichtig optimistisch“ für das Gesamtjahr, fügt Mahrer hinzu. Denn auch das zum Teil sehr bescheidene Sommerwetter hat viele Touristen zum verstärkten Einkaufen statt zum Sonnenbaden, Wandern oder Sightseeing bewegt. Außerdem kommt im zweiten Halbjahr noch das Wichtigste für den Handel, nämlich das Weihnachtsgeschäft. Für viele kleine Teilbereiche, wie dem Buch- oder Spielwarenhandel bis hin zu den Juwelieren, sei das Weihnachtsgeschäft zentral und könne zum Jahresende noch spannende Impulse auslösen.
Mahrer: „Es gibt vorsichtigen Optimismus. Wir müssen weg von den Untergangsszenarien. Nur so sinkt die Sparquote und es wird wieder investiert.“
Chinapakete, Lohnkosten, Mitarbeitermangel & Co. belasten
Doch auch wenn sich die Stimmung aufhellt, braucht es Hilfe durch die Politik bei den Rahmenbedingungen. Ein Dorn im Auge ist der Branche weiterhin die Paket-Flut aus China. Die gestiegene Sensibilität auf EU-Ebene sei zu begrüßen, dennoch würden gesetzte regulatorische Maßnahmen nicht wirklich durchgesetzt werden. „Die EU sollte den großen Plattformen einmal auf die Füße steigen“, so Trefelik. Er pocht auf mehr Fairness und gleiche Regeln für alle. Darüber hinaus fordert er ein Ende der 150-Euro-Zollfreigrenze. „Es braucht faire Bedingungen für den österreichischen Handel und den Schutz unserer Standards“, so Trefelik zum Einkauf bei chinesischen Billigshops wie Temu oder Shein.
Dazu kommt, dass es in den Städten immer weniger Parkplätze gibt. „Die Autofeindlichkeit der letzten Jahre ist eine Einschränkung der Freiheit und hat brutale Auswirkungen auf die Wirtschaft“, betont Mahrer, der hier eine Trendumkehr fordert. Shopping sei ein Erlebnis geworden, fügt Trefelik hinzu. „Wenn man Zentren beleben will, muss ich eine Erreichbarkeit haben“, so der Handelssprecher.
27.000 offene Stellen derzeit im Handel
Sorgen bereiten der Branche auch der Mitarbeitermangel. „Dadurch, dass die Babyboomer in Pension gehen, fehlen insgesamt in Österreich in den nächsten zehn Jahren rund 250.000 Arbeitskräfte“, bringt es Mahrer auf den Punkt. Der Handel, der in den vergangenen Jahren ein Job-Garant war, dürfte darunter besonders leiden. Aktuell sucht die Branche laut dem Stellenmonitor des Wirtschaftsbundes österreichweit fast 27.000 Mitarbeiter.
Den Vorwurf, man würde nur Teilzeit anbieten und so die Leute in die Teilzeitfalle locken, lässt man nicht gelten. Der Wunsch komme von den Bewerbern, heißt es. „Rund dreimal so viele Leute im Handel suchen Teilzeit, wie überhaupt Jobs angeboten werden“, erklärt Trefelik. Damit der Trend wieder zur Vollzeit geht, müsse ein 40-Stunden-Job hinsichtlich des „Netto-vom-Brutto“ attraktiver werden, sind sich Mahrer und Trefelik einig. Und auch Leistungsanreize für längeres Arbeiten, wie etwa die geplante Flat-Tax von 25 Prozent für Zuverdienste in der Regelpension, müssen rasch umgesetzt werden.
Eine Herausforderung bleibt für viele Betriebe jedoch die Ertragslage (zum Beispiel höhere Lohn- und Energiekosten). Dazu kommen die weiterhin hohen Bürokratieauflagen, die endlich angegangen werden müssen, und das geänderte Einkaufsverhalten hin zu Online für Kopfzerbrechen. „Neun von zehn Euro werden im stationären Handel ausgegeben, aber zwei Drittel der Online-Ausgaben fließen ins Ausland“, erklärt Trefelik. Zwei Gründe dafür seien die Parkplatzthematik sowie die zahnlose Regulatorik bei China-Packerl.
„Zweijahresabschluss wird halten“
Zuversichtlich zeigt sich Trefelik hinsichtlich des im Vorjahr vereinbarten Kollektivvertrags für 2025 und 2026 für die rund 570.000 Handelsmitarbeiter in Österreich. „Dieser wird sehr wahrscheinlich halten“, betont der Handelsobmann. Man stehe dazu. Das ausverhandelte Stufenmodell sieht für das Jahr 2026 ein maximales Lohnplus von 2,9 Prozent vor.
Mahrer zu den US-Zölle: „Null Prozent müssen das Ziel sein“
Die von der EU mit den USA nun ausverhandelten Zöllen sieht der Wirtschaftskammer-Präsident als Zwischenschritt: „Null Zoll ist das Ziel und null Zoll bleibt das Ziel.“ Die Einigung jetzt sei ein wichtiger Schritt zur Deeskalation gewesen, werde jedoch die Wirtschaft auf beiden Seiten belasten. Eines sei nämlich klar: „Alle profitieren am meisten, auch die USA, wenn wir auf beiden Seiten keine Zölle haben“, betont der Kammer-Chef.
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