Weil eine vierfache Mutter bei der Polizei zuerst Misshandlungen anzeigt, die Vorwürfe aber nach der Verhaftung ihres Partners zurückzieht, landet sie am Mittwoch in Wien vor dem Strafrichter. Diesem – und sogar dem Staatsanwalt – widerstrebt das Verfahren.
„Sie sagt. Er sagt“, ist Tagesgeschäft in Gerichtsverhandlungen. In dem Prozess am Mittwoch hieß es aber „Sie sagt. Sie sagt.“ Denn es geht um gegensätzliche Aussagen einer Serbin, die ihr eine Anklage wegen falscher Beweisaussage eingebracht haben.
Sechs Tage nach Festnahme Aussage geändert
Am 25. Dezember 2024 ging die vierfache Mutter zur Polizei. Dort sagte die Frau aus, dass sie über einen längeren Zeitraum von Herrn S. geschlagen worden sei, der ihr auch mit der Veröffentlichung von Nacktfotos gedroht und ihr Handy zerstört habe. Am 22. Jänner wurde der Mann verhaftet.
Nur sechs Tage später sagte die Angeklagte wieder bei der Polizei aus: Herr S. habe sie nie geschlagen, ihr nicht mit der Veröffentlichung von Nacktbildern gedroht und auch nicht ihr Handy zerstört ...
Ich denke, es ist in Wahrheit andersrum und die erste Aussage stimmt. Das Problem ist, die Frauen bleiben in solchen Fällen über.
Richter Andreas Böhm zu der Angeklagten.
„Eine falsche Beweisaussage wurde jedenfalls begangen“, stellt der Staatsanwalt fest. Und je nachdem, zu welchem Schluss das Gericht kommt, sei zudem entweder der Tatbestand der Verleumdung oder jener der Begünstigung zu verurteilen.
Angebliche Eifersucht führte sie zur Polizei
Was denn nun stimme, will Richter Andreas Böhm von der vor ihm sitzenden Angeklagten wissen? Hinter der jener Mann Platz genommen hat, den sie zuerst beschuldigt und später entlastet hatte: „Ich weiß, ich habe einen großen Fehler gemacht. Es stimmt alles nicht. Aber ich bin extrem eifersüchtig und deshalb habe ich mir diese Lüge ausgedacht“, behauptet sie, doch Herr Rat will ihr nicht so recht glauben: „Ich denke, es ist in Wahrheit andersrum und die erste Aussage stimmt. Das Problem ist, die Frauen bleiben in solch Fällen über.“
Wir haben kein Interesse an der Kriminalisierung von Gewaltopfern.
Der Staatsanwalt im Schlussplädoyer.
Doch die Frau bleibt bei ihrer Version. Auch dann noch, als Herr Rat den Lebensgefährten mit dem mitgebrachten Kind aus dem Saal schickt. „Wurden Sie bedroht, nachdem er festgenommen wurde?“ Die Frau blickt zu Boden und schüttelt den Kopf. „Ich kann mir schon vorstellen, was da im Busch ist“, hat Böhm Mitleid mit der Angeklagten und bietet ihr an, das Verfahren mit Diversion in Form einer Geldbuße in der Höhe von 1000 Euro einzustellen.
„Am besten soll es der Herr S. zahlen“, gibt ihr Herr Rat noch mit auf den Weg. Und selbst der Staatsanwalt meint nachdenklich: „Wir haben kein Interesse an der Kriminalisierung von Gewaltopfern.“
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