„Krone“-Kommentar

Was dürfen Medien, wenn Unaussprechliches passiert

Österreich
15.06.2025 07:00

Was darf, was soll, was muss Journalismus, wenn das Unaussprechliche passiert? Wo liegen die Grenzen der Berichterstattung und wie tragen wir als Medien dazu bei, dass das, was in Graz geschehen ist, sich nie mehr wiederholt? Der Geschäftsführende „Krone“-Chefredakteur mit dem Versuch, unbeantwortbare Fragen zu beantworten.

Schwere Stunden für ganz Österreich, ganz besonders für Graz: Das schreckliche Massaker, das ein 21-Jähriger am Dienstag im BORG Dreierschützengasse angerichtet hat, es hinterlässt tiefe Spuren. Zuvorderst bei den Hinterbliebenen der Getöteten, wie auch bei den überlebenden Mitschülern und Lehrern, die das Grauen wohl nie aus dem Gedächtnis werden löschen können.

Aus der Psychologenschar, die sich der unmittelbar Betroffenen angenommen hat, hört man, dass jeder einen anderen Umgang mit dem furchtbaren Geschehen sucht. Die einen wollen still und lieber allein trauern. Andere ihren Schmerz hinausschreien, weitere das Erlebte und Überlebte in Gesprächen aufarbeiten – manche unter vier Augen, viele in großer Runde, um es gemeinsam zu bewältigen.

Brief an die „Krone“-Leser: Klaus Herrmann, Geschäftsführender Chefredakteur
Brief an die „Krone“-Leser: Klaus Herrmann, Geschäftsführender Chefredakteur(Bild: Krone KREATIV/stock.adobe.com)

Unser Gewissen hat entschieden
Unterschiedlich fällt auch die journalistische Aufarbeitung aus. Manche Vertreter ausländischer Medien kannten keine Zurückhaltung. Ein Großteil der österreichischen Journalisten dagegen versuchte, gewisse Grenzen nicht zu überschreiten. Freilich ist auch die Wahrnehmung beziehungsweise Erwartung der Leser/User/Hörer/Seher eine höchst unterschiedliche. Was dem einen zu viel ist, ist dem anderen zu wenig. Letztlich muss vor allem das Gewissen entscheiden.

Und glauben Sie mir: Auch auf Journalistenseite habe ich in dieser Woche viel Betroffenheit, Mitgefühl und manche Träne gesehen.

Darf man das Foto des Täters zeigen – das ist eine der Fragen. Wir haben es in der Redaktion ausführlich diskutiert und sind zum Schluss gekommen: ja! Es besteht ein Interesse der Betroffenen, ein Interesse der Öffentlichkeit daran, zu erfahren, wer und was hinter dieser Tat steckt. Dazu gehört auch, zu zeigen, dass dieser 21-Jährige nicht wie ein kraftstrotzender Rambo wirkt, sondern eher wie ein verschrecktes, unerwachsenes Wesen.

Graz darf sich nicht wiederholen!
Im „Profil“, das wegen seiner Online-Berichterstattung zum Grazer Massaker viel Kritik geerntet hat, nimmt in der neuen Ausgabe der stellvertretende Chefredakteur Robert Treichler zum Umgang der Medien mit dem unfassbaren Geschehen im Grazer Gymnasium Stellung. Zu den in den USA, einem Land mit zahlreichen „School Shootings“ ausgearbeiteten Richtlinien, wonach etwa die genaue Darstellung des Tathergangs, die wiederholte Erwähnung der Opferzahl etc. vermieden werden soll, meint der Kollege: „In der Realität kann man sich diesen Vorgaben bestenfalls annähern.“ Denn wie solle man vermeiden, dass alle Medien intensiv über ein so aufwühlendes Ereignis berichten und überall die Opferzahl genannt wird? Vor allem aber meint er, nicht zuletzt wolle die Öffentlichkeit „Antworten auf die Fragen: Wer? Und: Warum?“

Ja, genau das fragt sich die Öffentlichkeit, das fragen zu Recht wir Journalisten. Gar nicht zuletzt deshalb, um derartige Massaker künftig nicht mehr erleben zu müssen. Oder wie wir heute in der Printausgabe der „Krone“ titeln: „Graz darf sich nicht wiederholen!“

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