Mit Spannung wurde die letzte Saison-Premiere der Wiener Staatsoper erwartet. Am Ende gab es Jubel für die Sänger sowie den scheidenden Musikdirektor Philippe Jordan und Buhs für die Regisseurin Lydia Steier, die mit Wagners „Tannhäuser“ ihr Regie-Debüt am Haus gab.
Was für eine Show! Im Orgien-Etablissement „Venusberg“ der beginnenden NS-Zeit treiben Narren wilde Sexspäße. Busenwunder schaukeln durch den gigantischen Saal (Ausstattung: Momme Hinrichs & Alfred Mayerhofer). Frau Venus, die Puffmami als Göttin der Supershow, schwebt auf der Mondsichel herab, um vom Dichtersänger Tannhäuser umworben zu werden. Und sie kommt – wie ein Wagner-Leitmotiv – in allen drei Akten! Spaß im Câge aux folles?
Nach Claus Guths spartanischem „Tannhäuser“ schwelgt zehn Jahre später nun Lydia Steier, US-Regisseurin mit Wiener Wurzeln, in einem „Genug ist nicht genug“, wie der Dichter Conrad Ferdinand Meyer sagt. „Think bigger“!
Wagnerianer bedachten Steiers Song Contest im Narrenhaus mit vielen Buhs. Aber die Mehrzahl des Publikums war von Bildern und Regiekonzept begeistert, in dem sie auch Gesellschaftspolitik, Fragen nach dem Außenseitertum (Tannhäuser, Elisabeth, Wolfram), nach Gesellschaft und Moral, nach Lustverzicht stellt.
Steier setzt auch auf Komik, etwa im Ritual des Sängerwettbewerbs, wenn sie Deutschtümelei durch kauzige mittelalterliche Kostüme in der High Society der 1930er lächerlich macht. Philippe Jordan, der scheidende Musikdirektor, animiert das perfekt studierte Staatsopernorchester und den Staatsopernchor zu Klang- und Farbenpracht und großartigen Momenten.
Inhomogen wirkt die Besetzung: Clay Hilley, ein Tenor mit viel Energie, aber auch gepresster Höhe, braucht einen Akt, um sich ab dem Sängerwettstreit aus dem Tief zu befreien und bis zur Rom-Erzählung zu steigern Verlässlich Malin Byström als kraftvolle Elisabeth. Strahlend ihre „Hallen-Arie“. Ekaterina Gubanovas „Venus“ überzeugt in der tiefen Lage, klingt in den Höhen schrill. Günther Groissböck gefällt als stimmlich perfekter, nobler Landgraf. Martin Gantner bemüht sich um die Partie des Wolfram von Eschenbach. Eine etwas blasse Erscheinung.
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