Salzburger Festspiele

Eine letzte Chance für die Menschheit

Kultur
26.07.2025 10:00

Überzeugender Beginn in Salzburg: In Koproduktion mit der Burg erzielt man gute Annäherungswerte an Karl Kraus’ Weltkriegsapokalypse „Die letzten Tage der Menschheit“.

Die nicht zu wenigen Versuche, Kraus’ Weltkriegsapokalypse ins Abendformat zu zwingen, hatten fast immer eine flaue Sketchparade mit erläuterungsbedürftigem Personal zur Folge. Mit zwei Ausnahmen: Helmut Qualtinger hat mit einer Lesung den gesamten Kosmos der Bestialität entfesselt. Und Paulus Manker setzte in Wiener Neustadt auf grandiose sieben Stunden Überwältigung. Nun erreicht man in Hallein zumindest beeindruckende Annäherungswerte.

Die 1.114 Kreaturen aus Militär, Wirtschaft und Presse werden vom textkundigen Regisseur Dušan David Parízek auf sieben Gestalten aus dem Kraus’schen Fundus reduziert. Ihnen ein Best-of der 220 Szenen aufzuladen, misslingt anfangs in teilweisem Widersinn: Der Gesellschaftlhuber Hofrat Schwarz-Gelber (brillant: Michael Maertens) ist kein Politiker und auch beim Text des Generalstabschefs Hötzendorf an der falschen Adresse. Seine vom Ehrgeiz gehetzte Gattin (elementar: Dörte Lyssewski) mit der von Schmutzreportern erpressten Schauspielerin Elfriede Ritter zu fusionieren, ist Krampf. Und der monströse Viktualienhändler Chramosta hat mit dem von Branko Samarovski bewegend verkörperten Soldatenvater rein gar nichts gemein.

Völlig misslungen ist das Ansinnen, die von jüdisch-altösterreichischer Dialektik blitzenden Texte des Nörglers ins Schweizer Idiom der Schauspielerin Elisa Plüss zu befördern. Um die von Kraus geforderte idiomatische Hochpräzision kann man sich nicht herumschwindeln – das ist insgesamt der Haupteinwand.

Aber die Hetzjournalistin Schalek (Marie-Luise Stockinger) als Medien-Archetyp und der gottverlassene Feldkurat Almer (Felix Rech) als Repräsentant der Front – das geht auf. Und bald ordnet sich der dreieinviertel Stunden lange Abend zu funkelnder Satire, die am Ende großes pazifistisch-apokalyptisches Format erreicht.

Starken Anteil daran hat der Musiker Peter Fasching, dem verblüffende Lösungen gelingen: So offenbart der Vereinsabend der trotteligen Cherusker zu Krems sein Wesen als barbarisches Ritual. Kraus’ Botschaft aber wird zum verzweifelten Appell: Es gibt einen höheren Zugang zum Weltverhängnis als den des Militärs und seiner Verbündeten aus Politik, Wirtschaft und Medien.

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