„Der Berg kommt“
Felssturz droht, jetzt bangt ein ganzes Alpendorf
Die Gemeinde Blatten im Lötschental, hoch oben in den Schweizer Alpen gelegen, steht vor einem potenziell katastrophalen Bergsturz. Seit Tagen beobachten Geologen massive Bewegungen an der Ostflanke des Kleinen Nesthorns – ein mehr als 3300 Meter hoher Gipfel oberhalb des Walliser Dorfs. Rund 300 Einwohnerinnen und Einwohner mussten auf Anweisung der Behörden bereits am Montagmorgen ihre Häuser verlassen. Auch rund 100 Gebäude wurden vorsorglich geräumt.
Insgesamt könnten sich laut Experten bis zu fünf Millionen Kubikmeter Gestein lösen und ins Tal donnern. Bereits seit letzter Woche sind etwa 1,5 Millionen Kubikmeter Material abgebrochen.
Dabei hatte ein erster Felssturz Teile des darunterliegenden Birchgletschers mitgerissen und einen sogenannten Murgang ausgelöst – eine Mischung aus Schlamm, Wasser und Geröll, die rund 500 Meter oberhalb des Dorfes zum Stillstand kam.
Risse werden immer größer
Wie sich die Lage entwickelt, ist derzeit unklar. Die Risse am Kleinen Nesthorn werden laut Beobachtungen größer, und die Messdaten deuten auf eine zunehmende Instabilität hin. An einzelnen Stellen sei der Berg bereits um acht Meter abgesackt, vertikal habe man sogar eine Bewegung von 17 Metern gemessen, sagte Alban Brigger, Ingenieur für Naturgefahren im Oberwallis. Die Gemeinde hatte daher auch das Militär zur Unterstützung angefordert.
Die Gefahr eines plötzlichen, massiven Abbruchs bleibt hoch. „Es ist klar, dass der Berg kommen wird. Es ist eine Frage von Stunden, nicht von Tagen“, so Brigger. Besonders gefährlich wäre ein einziger großer Sturz, bei dem das gesamte instabile Gestein auf einmal in Bewegung gerät.
Evakuierung vorsorglich angeordnet
Bereits am Wochenende wurden erste Bewohnerinnen und Bewohner sowie Touristinnen und Touristen evakuiert. Nun ist das gesamte Dorf betroffen. Die Menschen werden größtenteils privat untergebracht. Laut regionalem Führungsstab blieb die Nacht auf Dienstag ruhig, es gab keine größeren Abbrüche. Doch das bange Warten auf den möglichen Hauptabbruch geht weiter.
Die Ursache der Instabilität ist noch nicht endgültig geklärt. Die betroffene Zone liegt in einem Permafrostgebiet, das durch den Klimawandel zunehmend auftaut. Hinzu kommt die beginnende Schneeschmelze, die zusätzlich Wasser in den Berg bringt und Spannungen im Gestein weiter erhöhen kann.
Berg „für unverrückbar“ gehalten
Der Gemeindepräsident von Blatten, Matthias Bellwald, zeigte sich betroffen: „Vor fünf Tagen hätte es niemand gedacht, dass ein Berg, den wir seit Jahren bewundern und für unverrückbar hielten, sich bewegt.“ Man hoffe, dass die Bewohnerinnen und Bewohner bald wieder zurückkehren können – vorausgesetzt, der Bergsturz bleibt aus oder fällt glimpflich aus.
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