Arbeiterkammer-Bilanz

Immer öfter müssen Kärntner ums Geld kämpfen

Kärnten
05.02.2025 13:01

Wirtschaftlich schwierige Zeiten, steigende Arbeitslosenzahlen, viele Insolvenzen und Kündigungen bedeuten bei der Arbeiterkammer stark steigende Beratungen im kostenlosen Rechtsschutz; 126.363 waren es im Vorjahr. Und jeder Fall bedeutet ein Einzelschicksal.

„Falsch eingestuft war ein Mitarbeiter bei einem Bauunternehmen gewesen. Viele Jahre lang hatte er zu wenig gezahlt bekommen: 1900 Euro brutto im Monat.  Wegen der Verjährung konnten wir lediglich die letzten Jahre geltend machen. Der Mann bekam 50.000 Euro“, berichtet Herbert Diamant, Referatsleiter Insolvenzrecht, von einem Fall in der Beratung.

„Jeder Fall ist ein Schicksal. Und die Zahlen steigen. Die drei Top-Themen bei den Beratungen der Arbeiterkammer-Experten waren Auflösung des Arbeitsverhältnisses, Entgelt/Einstufung/Überstunden sowie Abrechnung“, so Maximilian Turrini, der Leiter der Abteilung Arbeits- und Sozialrecht in der Arbeiterkammer Kärnten. 

Dauerbrenner: Kündigung im Krankenstand
Ein weiteres Problem sei die Kündigung im Krankenstand. „In einem unverschuldeten Krankenstand wurde eine Dienstnehmerin zur einvernehmlichen Lösung des Vertrages, nun, sagen wir ,herangeführt‘. Die Entgeltfortzahlung wurde eingestellt, was rechtlich falsch war. Nach unserer Intervention hat sie 3500 Euro bekommen“, erzählt Turrini.

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Seit 1992 bieten wir den kostenlosen Rechtsschutz an. Seither haben wir 688,9 Millionen Euro für die AK-Mitglieder erkämpft. Allein im Vorjahr waren es 126.363 Beratungen, 81 Millionen Euro wurden 2024  erkämpft.

AK-Präsident Günther Goach fordert die Energiekonzerne zum Handeln auf. Goach fordert unter anderem mehr Transparenz bei der Beschaffung und der eigenen Stromerzeugung. (Bild: Rojsek-Wiedergut Uta)

Günther Goach, Präsident der Arbeiterkammer Kärnten

„Einmal mehr stellen wir die Forderung nach Kündigungsschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Krankenstand“, so AK-Präsident Günther Goach, der daran erinnert, dass der Wirtesprecher der Wirtschaftskammer als Idee eingebracht hatte, die ersten drei Tage eines Krankenstandes als Urlaub zu verbuchen und damit das Schutzniveau bei Arbeitsunfähigkeit noch weiter senken wollte. „Eine krebskranke Frau wird im Krankenstand gekündigt. Das passiert zu oft. Das ist eine soziale Unsitte!“

Mehr Insolvenzen, mehr Probleme für Dienstnehmer
Wegen der 363 Firmeninsolvenzen im Vorjahr suchten 1326 Kärntnerinnen und Kärntner bei der Arbeiterkammer Rat. Der „Insolvenzschutzverband für Arbeitnehmer:innen“ (ISA), tritt auf den Plan. Mehr als zehn Millionen Euro konnten für Betroffene geltend gemacht werden. „Nach der Frühwarnmeldung ans AMS darf es 30 Tage lang keine Kündigung geben. Die Firma kann aber einen Antrag auf Fristverkürzung stellen. Wenn das AMS den Antrag bewilligt, obwohl es noch keinen Sozialplan gibt, verlieren die Mitarbeiter 30 Tage, um sich um neue Arbeit umzuschauen. Davon sind gerade 130 Mitarbeiter eines Kärntner Unternehmens betroffen“, so Turrini an eine Firmenpleite.

AK-Direktorin Susanne Kißlinger, Maximilian Turrini, Günther Goach, Gerald Prein, AK-Direktorin-Stellvertreterin Irene Hochstetter-Lackner, Herbert Diamant, Michaela Eigner-Pichler bei der Arbeits- und Sozialrechtsbilanz 2024. (Bild: AK Thomas Hude)
AK-Direktorin Susanne Kißlinger, Maximilian Turrini, Günther Goach, Gerald Prein, AK-Direktorin-Stellvertreterin Irene Hochstetter-Lackner, Herbert Diamant, Michaela Eigner-Pichler bei der Arbeits- und Sozialrechtsbilanz 2024.

Die Mittel für das Arbeitsmarktservice seien laut Goach ausreichend zur Verfügung zu stellen, denn die Arbeitslosenzahlen dürften künftig noch steigen, gute Beratung und Qualifizierung seinen wichtig, um die Menschen rasch wieder vermitteln zu können. „Daher fordert die AK einen Stopp beim Personalabbau und bei der Kürzung des AMS-Budgets“, so Goach.

„Versicherungen werden härter“
Immer häufiger müssen sich die AK-Experten mit dem Thema Rehageld beschäftigen. „Vielen wird das gestrichen, die Versicherungen werden härter. Am Ende zeigt sich oft: Das war eine Fehlentscheidung“, so Turrini. Auch aus Pflegegeldverfahren wisse man, so Gerald Prein, Referatsleiter Sozialrecht, dass das Pflegegeld oft sogar um zwei Stufen zu gering angesetzt wurde. „Da haben wir eine Erfolgsquote von 59 Prozent. Die ist so hoch wie noch nie. Es braucht also eine Korrektur.“

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Es wird notwendig sein, das Arbeitslosengeld zu erhöhen: auf 70 Prozent. Die 55 Prozent in Österreich liegen europaweit im unteren Drittel. Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung, das zahlen sich die Leute weitgehend selbst.  Und die geringfügige Beschäftigung daneben soll weiterhin möglich bleiben.

Günther Goach, AK-Präsident

Schwangerschaft wird als Problem behandelt
Allzu oft suchen Frauen bei der Arbeiterkammer Hilfe, weil sie, nachdem sie dem Arbeitgeber eine Schwangerschaft verkündet haben, zur einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses gedrängt werden. „Das hat Folgen: Im Kinderbetreuungsgeld gibt es Unterschiede, ob zur Geburt ein Dienstverhältnis besteht oder nicht“, weiß Michaela Eigner-Pichler, Referatsleiterin Beruf, Familie, Gleichstellung.

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