Kassierte Schutzgeld

Gewalt an Schule: Bande kommt mit Bewährung davon

Gericht
04.04.2024 15:01

Tatort Reumannplatz hat es wieder einmal ins Wiener Landesgericht geschafft. Ein 14- und ein 15-Jähriger sollen dort einen Raub begangen haben – sie kamen in U-Haft. Angeklagt sind die Teenager gemeinsam mit drei weiteren Jugendlichen. Im Prozess tun sich Abgründe auf. Denn drei der Buben tyrannisierten monatelang ihre Klassenkollegen.

„Wenn du mir jede Woche zwei Euro gibst, dann verteidige ich dich vor Schlägen und schlage dich nicht“, berichtet ein 15-jähriger Klassenkamerad der Angeklagten über das Martyrium, das er durchlebte. In der 3C einer Mittelschule in Wien-Landstraße spielten sich laut Anklage und Zeugen unfassbare Szenen ab. „Sie machten Witze, beleidigten mich. Dann haben sie mich geschlagen. In den Nacken oder auf den Arm“, erzählt ein Schüler und blickt dabei zu seinen früheren Klassenkameraden auf der Anklagebank. „Wie oft haben sie das gemacht?“, will Richterin Katharina Adegbite-Lewy wissen. „Fast jeden Tag“, so die Antwort.

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Wenn du mir jede Woche zwei Euro gibst, dann verteidige ich dich vor Schlägen und schlage dich nicht.

Die angeklagten Burschen forderten Schutzgeld.

Zeugen mit Schulklasse verwechselt
Wie dem Buben ist es vielen Kindern in der „Problemklasse“ ergangen. Auch Mädchen wurden geschlagen und mussten wöchentlich Schutzgeld zahlen. Ein junger Zeuge nach dem anderen erzählt vom gewaltdominierten Schulalltag. So viele, dass eine Gerichtsangestellte in den Saal kam und von einer Schulklasse berichtete, die draußen warte. Sie vermutete, dass diese einen im Rahmen einer Schulexkursion ins Landl kamen. Tatsächlich waren es vorwiegend Opfer der Bande mit Zeugenladungen.

Die angeklagten Jugendlichen nehmen den Strafprozess nicht sonderlich ernst. Ständig schmunzeln sie sich zu. „Sehr lustig. Schön, dass Sie sich amüsieren“, ermahnt Frau Rat die Beschuldigten, denen Raub, Erpressung, schwere Körperverletzung und Nötigung vorgeworfen wird. Die meisten Delikte betreffen Gewaltausbrüche gegenüber Mitschülern.

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Sehr lustig. Schön, dass Sie sich amüsieren.

Frau Rat ermahnt die Täter, die im Prozess oft schmunzeln.

Angeklagter: „Es war Spaß“
„Und warum haben Sie sie geschlagen?“, fragt die Richterin. „Ich weiß nicht, warum. Es war Spaß. Ich wusste nicht, dass sie das so ernst nehmen.“ Jetzt zeigt die Vorsitzende Fotos von den Verletzungen der Opfer. Auch Videos, aufgenommen für TikTok oder Instagram, belegen die Aggression. Zu sehen sind Tritte gegen den Kopf und Schläge, selbst wenn das Opfer schon am Boden liegt.

„Wo waren denn da eigentlich die Lehrer immer?“, spricht Frau Rat aus, was sich wohl alle im Saal denken. „Draußen. Das war in den Pausen“, sagen die Angeklagten in gebrochenem Deutsch. Besonders bedrückend ist in dem Prozess der Werdegang des Fünftangeklagten. Der 2010 geborene Syrer, der vor Jahren als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Österreich kam, war nicht in der „Problemklasse“, aber an einem Raub am Reumannplatz beteiligt. 

Fünftangeklagter wurde gerade erst strafmündig
Der junge Angeklagte wurde erst kurz vor dem Raub 14 Jahre alt und somit strafmündig. Er kann weder lesen noch schreiben, muss von der Kinder- und Jugendhilfe in Einzelbetreuung versorgt werden, weil er offenbar nicht WG-tauglich ist. „Wenn ich aus dem Gefängnis komme, möchte ich wieder in die Schule gehen“, beteuert er. 

Schließlich wurden die beiden 15-Jährigen wegen fortgesetzter Gewaltausübung, Raubes, schwerer Körperverletzung und Nötigung zu fünf bzw. sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Zudem wurde Bewährungshilfe angeordnet und den Burschen die Weisung auferlegt, sich einer Psychotherapie zu unterziehen.

Die Urteile sind nicht rechtskräftig, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Das Verfahren gegen den 16-Jährigen wurde ausgeschieden und wird Anfang Juni separat weiterverhandelt, da sein Verfahrenshelfer auf der zeugenschaftlichen Einvernahme des Jugendlichen bestand.

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