„Krone“-Kolumnist Robert Schneider versetzt sich in die Rolle eines „Amoklauf“-Schreibers und versucht, die Aufregung um Schmierereien wie diese zu verstehen – allerdings hat er so seine Probleme damit ...
„Das geht ab! Nimm einfach einen Marker, verschwinde aufs Klo und schreib mal: Amoklauf. Daneben noch ein Datum. Schreib ... na, was schreibe ich? ... 20. 3. Klingt gut. Schreibt man Amoklauf mit „ck“ oder nicht? Mann, das kribbelt. Ich werde still heimlich berühmt. Geiles Gefühl. Darf mir jetzt bloß nichts anmerken lassen. Den Marker irgendwo außerhalb des Schulgeländes in eine Tonne schmeißen. Wegen der Fingerabdrücke. Dumm sind die ja auch nicht. Soll ich’s noch schnell fotografieren? Nein. Die sacken bestimmt alle Handys ein und schauen und suchen. Lieber nicht fotografieren.
Der Genießer schweigt. Uff, kribbelt das! Mal schauen, was jetzt in den nächsten Tagen passiert. Und bloß die Klappe halten! Eins ist sicher – der 20. 3. ist schulfrei. Was glaubst du, was der Arsch von Direktor für Schweißkränze unter den Achseln kriegt! Das hat er auch verdient ...“
In den vergangenen Wochen ist eine Art „Kompetischn“ an hiesigen Mittelschulen und Gymnasien ausgebrochen, nach dem Motto: Mal ein wenig rumdrohen und dann schauen, was passiert. Die breite Berichterstattung dieser Vorfälle in den Medien scheint diese „Kompetischn“ erst richtig zu befeuern und anzutreiben. Direktorinnen und Direktoren sind in höchster Alarmbereitschaft. Man hat ja Fürchterliches über amerikanische Highschools lesen müssen.
Die Telefone in den Sekretariaten laufen heiß. „Ist mein Sohn, meine Tochter auch sicher? Sie tragen die Verantwortung! In Ihrer Haut möchte ich nicht stecken!“ Zig Polizisten suchen das Schulgelände heim. Untersuchungen und Befragungen finden statt. Jeder macht jeden nur noch verrückter. Man muss was unternehmen. Überwachungskameras in alle Klos! Wird schwierig wegen der Persönlichkeitsrechte. Was sollen wir dann tun?
Die Schwachköpfe, die „Amoklauf“ an die Wand schmieren, sind das Eine. Das Andere aber sind die mindestens ebenso schwachköpfigen Medien, die solche Vorfälle nicht breit genug auswalzen können.
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