Seit dem Bekanntwerden einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung eines Mädchens (12), bei der die Tatverdächtigen jedoch selbst unter 14 Jahre alt sind, gingen die Wogen hoch. Soll die Strafmündigkeit in Österreich herabgesetzt werden? Was spricht dafür, was dagegen?
Die mutmaßliche Gruppenvergewaltigung einer 12-Jährigen hat die Debatte um die Strafmündigkeit Minderjähriger wieder entfacht. Vor allem, weil einige der 17 mutmaßlichen Täter noch nicht einmal 14 Jahre alt sind - also strafrechtlich nicht belangbar.
„Kein taugliches Mittel“
Die Kriminalsoziologin Veronika Hofinger und die Fachgruppe Jugendstrafrecht in der Richtervereinigung können dem Vorschlag von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), die Strafmündigkeitsgrenze von 14 Jahren bei Delikten wie Vergewaltigungen oder schweren Körperverletzungen abzusenken, nicht viel abgewinnen. Für Hofinger wäre das „absolute Anlassgesetzgebung“ und nicht zielführend. Die Richterschaft hält Haft für kein primär taugliches Mittel gegen Kinder- und Jugendkriminalität.
Strafrechtliche Verfolgung ist nicht der Schlüssel zur Lösung. Wenn dem so wäre, hätten wir keine Wiederholungstäter, die über 14 Jahre alt sind.
Petra Huber-Lintner, Leiterin für Allgemeine Kriminalität im Bundeskriminalamt
„Wir sind der einhelligen Überzeugung, dass eine Senkung der Strafmündigkeitsgrenze zu nichts führt. Die Erfahrung zeigt, dass ein Zwölfjähriger das Unrecht seiner Tat oft gar nicht erkennt bzw. nicht schuld- oder tateinsichtig handelt“, meinte Andreas Hautz, Vorstandsmitglied der Fachgruppe und seit 25 Jahren als Jugendrichter in Wien tätig. Um Kinder von strafbarem Verhalten abzubringen, „sind Prävention und Streetwork die richtigen Mittel. Kinder einsperren bringt dagegen nichts“, sagte Hautz.
Gemäß § 19 StGB sind Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres schuldunfähig. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Kinder vor Vollendung des 14. Lebensjahres nicht in der Lage sind, das Unrecht einer Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.
Dass die Kinder- und Jugendkriminalität allgemein im Steigen begriffen ist, ist kein Geheimnis. Die häufigsten Straftaten, die von Unmündigen begangenen werden, sind Diebstahl, Körperverletzung und Sachbeschädigung.
„Der Prozentsatz ist gestiegen, es werden mehr Unmündige kriminell“, so die Leiterin für Allgemeine Kriminalität im Bundeskriminalamt, Petra Huber-Lintner.
Schlüssel liegt in präventiver Arbeit
Das Alter für Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre herabzusetzen, findet aber auch bei Huber-Lintner keinen Zuspruch. Die Taten würden dadurch nicht weniger werden.
„Strafrechtliche Verfolgung ist nicht der Schlüssel zur Lösung. Wenn dem so wäre, hätten wir keine Wiederholungstäter, die über 14 Jahre alt sind“, sagt sie. Und auch 13-Jährige in die geschlossene Psychiatrie zu bringen, sei ebenfalls nur eine kurzfristige Lösung. Die Expertin sieht den Schlüssel vielmehr in der präventiven Arbeit. Diese sei wichtig, um Jugendliche aus dem Kreislauf der Kriminalität herauszuholen.
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