Urteilstag im Prozess um eine 33-jährige Niederösterreicherin und ihre einst beste Freundin im Landesgericht Krems. Die Mutter soll ihren zwölfjährigen Sohn von Sommer bis November 2022 schwerst gequält haben - unter Anleitung der Zweitangeklagten. Den Auftakt machte Gerichtsgutachter Peter Hofmann. Seit 15 Uhr läuft die Beratung der Geschworenen.
Bevor der Gerichtspsychiater das Wort ergreift, kommen nochmals die beiden Angeklagten zu Wort. Die Zweitangeklagte widerspricht sich ständig, suhlt sich in Selbstmitleid. Dann überrascht sie mit einer Aussage. Sie hätte ihrem Onkel im September 2022 davon erzählt, dass die Erstangeklagte den Zwölfjährigen in eine Hundebox sperre. Dieser sagte aber aus, dass er nichts davon gewusst hätte.
„Gerhard, geh in die Box, sonst erschlag ich dich.“
Erstmals gibt sie zu, dass sie einmal dabei war, als die 33-Jährige Gerhard (Name geändert) in den Käfig zwang. Dies sei passiert, nachdem der Bub wieder einmal ausgerissen war. „Er hat auf uns hingeschlagen“, behauptet sie. Daraufhin hätte die Mutter geschrien: „Gerhard, geh in die Box, sonst erschlag ich dich.“ Auf den Knien sei er dann hineingekrochen.
Gerichtspsychiater Peter Hofmann erklärt den Geschworenen, wie es zu den Schreckenstaten gekommen sein kann. Durch den Verlust der Mutter 2019, sei die Frau mit Gerhard alleine dagestanden. „Das Kind hatte schwerwiegende psychische Auffälligkeiten. Das war eine riesige Herausforderung für die Frau“, sagt Hofmann.
Zurechnungsfähig und gefährlich
Als sie dann die Zweitangeklagte kennengelernt hat, geriet sie in eine „tiefe Abhängigkeit“ zu der 40-Jährigen. „Es kam zu einer paranoid symbiotischen Entwicklung.“ Sie fragte bei allem nach, wollte ihrer „Seelenverwandten“ gefallen. Schließlich hätte sie eine schwere emotionale Störung zu ihrem Kind entwickelt. Laut Hofmann sei die 33-Jährige zurechnungsfähig gewesen, aufgrund ihrer schweren und nachhaltigen psychischen Störung empfiehlt er eine Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum. „Wenn wer mit dem eigenen Sohn diese Dinge macht, dann kann das immer wieder passieren. Das ist eine fortgesetzte Folter gewesen.“
„Tiefe sadistische Elemente“
Der Zweitangeklagten attestiert der Gutachter einen „klassisch manipulativen Gesprächsstil“. Die Frau sehe sich einerseits gern in der Rolle des Opfers, andererseits sei sie gern Problemlöserin. Sei es alles so gewesen, wie die Erstangeklagte es in ihren Vernehmungen ausgesagt hat, dann müsse man der Zweitangeklagten „Machtgelüste mit tiefen sadistischen Elementen, die zutiefst zerstörerisch sind“ zuschreiben. Wenn sie Gerhards Mutter derart instrumentalisiert und manipuliert habe, dann seien dies „seelische Abgründe, ohne jeglicher Empathie“. Im Gerichtssaal stellt sich die vierfache Mutter dar, als könne sie keiner Fliege etwas zuleide tun. Das Verbrechen habe eine sehr spezielle Dimension: „Es ist ein Jahrhundertfall.“
Der von Astrid Wagner verteidigten Mutter droht lebenslange Haft. Bei ihrer früheren „Seelenverwandten“, vertreten von Sascha Flatz, beträgt der Strafrahmen bis zu 15 Jahre Haft. Um 15 Uhr startete im Landesgericht Krems die Geschworenenberatung.
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