28 Weltcupsiege, vier WM-Titel, Olympia-Gold und zwei Gesamtweltcupsiege. Martin Schmitt zählt zu den größten Skispringern aller Zeiten. Im „Krone“-Interview nimmt der 45-Jährige, der heute als TV-Experte arbeitet, Stellung zur „Causa Wellinger“ und spricht über den deutschen Traum vom ersten Tournee-Gesamtsieg seit 2002.
„Krone“: Herr Schmitt, Andreas Wellinger ist nach seinem Sieg in Oberstdorf in aller Munde, vor allem wegen seines Anzugs. Wie sehen Sie die Thematik?
Martin Schmitt: Ac,h, bei uns in Deutschland wird gar nicht so darüber gesprochen (lacht). Im Ernst: So etwas sollte nicht passieren und war sicher sehr unglücklich. Im Bewerb hat der Anzug dann gepasst, er hat sich daher den Sieg erarbeitet und verdient. Wenn dir aber eine Naht aufgeht ... dann hätte er bei einer Kontrolle rausgenommen werden müssen, wie Kontrolleur Christian Kathol ja auch bestätigt hat.
Ist Ihnen während Ihrer Karriere Ähnliches widerfahren?
Mir ist in Engelberg mal etwas passiert. Ich hatte ein Band über meinen Schuh festgemacht, das ist dann gerissen. Zum Glück war es nur ein Trainingssprung. So etwas kann immer mal passieren. Wenn‘s dann bei der Tournee ist, ist es besonders unglücklich. Andi kam hier mit einem blauen Auge davon und wird das jetzt immer genau kontrollieren.
War es das Glück des Tüchtigen?
Es wäre ein extremes Drama gewesen, wäre er wegen so einer Geschichte, die sportlich keinen Vorteil gebracht hat, rausgefallen. Ist es gerade noch einmal gutgegangen.
Wellinger ist nicht der erste Deutsche, der in Oberstdorf gewann. Wie groß wird der Druck nun auf ihn?
Ich weiß ja, wie das ist (Schmitt gewann dreimal in Oberstdorf, Anm.). Andi ist reif genug, hat viel erlebt und ist durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Er weiß daher, was auf ihn zukommt und wird nicht nervös. Er kann sich daher voll auf seine Aufgabe konzentrieren. Der Druck wird aber natürlich immer größer. Entscheidend kann sein, dass er in Engelberg schon nah am Sieg dran war, dann aber deutlich zurückgerutscht ist. Das war eine Situation,in der er gemerkt hat, dass man einen Sieg nicht erzwingen kann. Jetzt wirkt er noch stabiler und gefestigter. Außerdem war Oberstdorf seine Wackelschanze, daher wird‘s für ihn einfacher.
Ist er Ihr Topfavorit?
Da nehmen sich vorne nicht viel. Stefan KRaft war bisher so stabil in dieser Saison und springt technisch sehr gut. Er sagt ja selbst, dass er keine Ausnahmesprünge in Oberstdorf hatte, trotzdem stand er am Podest. Und die Bedingungen bei ihm waren auch nicht so gut, er hatte es tendenziell sogar schlechter als Andi. Kobayashi kommt zudem auch immer besser in Form und kann in einen Flow reinkommen. Diese drei Athleten sehe ich auf Augenhöhe, da entscheidet die Tagesform.
In Oberstdorf herrschte sensationelle Stimmung. Wie sehr spüren Sie die Euphorie? Wie groß ist die Hoffnung auf den ersten deutschen Tournee-Gesamtsieg seit 2002?
Der Sieg von Andi war wichtig für das deutsche Skispringen. Generell ist es wichtig, dass es bei der Tournee gut läuft. Die Begeisterung bei uns ist wahnsinnig groß, die Tickets für Oberstdorf waren ja sofort weg, auch in Garmisch-Partenkirchen wird‘s ein volles Haus geben. Der letzte deutsche Tournee-Sieg ist lange her, entsprechend warten wir alle drauf. Und der Sieg am Freitag gibt da sicher noch einmal einen Push!
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