Mutter erstochen

Messermord: 22-Jähriger verweigerte Gewaltberatung

Wien
02.03.2023 13:08

Nach und nach kommen weitere Details rund um die Bluttat in Wien-Liesing am Dienstagabend zutage, bei der eine 54 Jahre alte Frau ums Leben kam. Dringend tatverdächtig: ihr eigener Sohn, amtsbekannt und als Hochrisikofall bekannt. An den verpflichtenden Beratungsterminen, die Gewalttätern vorgeschrieben werden, hat der 22-Jährige jedenfalls nicht teilgenommen. Einmal mehr ist eine Diskussion rund um Gewalt an Frauen entfacht.

Streit und Zorn sollen seine Motive für die Bluttat gewesen sein. Dreimal wurde über ihn ein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt. Gewalttäter, die von der Polizei weggewiesen und mit einem Betretungsverbot belegt werden, müssen sich binnen fünf Tagen in einer Beratungsstelle für Gewaltprävention melden und einen Termin vereinbaren. Die sechsstündige Beratung muss innerhalb von 14 Tagen ab Kontaktaufnahme erstmalig stattfinden.

Der 22-Jährige hat sich allerdings nie beim zuständigen Verein Neustart gemeldet, sagte Pressesprecher Thomas Marecek der APA. „Das haben wir, wie in solchen Fällen üblich, der Polizei gemeldet.“ Wird eine Teilnahme an der Beratung verweigert, bekommt der Gefährder eine Verwaltungsstrafe. Laut APA-Informationen hat der 22-Jährige eine solche bereits bezahlt, ein weiteres Verfahren ist noch offen.

Zum Zeitpunkt der Tat am späten Dienstagabend gab es kein aufrechtes Betretungsverbot. Der 22-Jährige war an der Adresse des Tatortes polizeilich nicht gemeldet, hat aber eine Meldeadresse in einer betreuten Wohneinrichtung in Wien. Drei Stiche im Hals- und Nackenbereich soll der Sohn seiner 54-jährigen Mutter in ihrer Wohnung in Erlaa zugefügt haben. Er wandte sich nach der Bluttat an Nachbarn und sagte ihnen, dass seine Mutter Hilfe benötige. Die Reanimation blieb erfolglos.

Mehrfach soll der junge Mann seine Mutter in der Vergangenheit bereits bedroht haben. Polizisten sprachen auch mehrfach mit dem späteren Opfer, hieß es von der Exekutive. Sie warnten die 54-Jährige demnach, dass für sie große Gefahr bestehe, Opfer eines Gewaltverbrechens zu werden. Der Sohn befand sich wegen des Verdachts auf eine psychische Erkrankung in der Vergangenheit auch schon vorübergehend in einem Krankenhaus.

Sechster Femizid seit Jahresbeginn
„2023 sind schon sechs Frauen mutmaßlich von Männern getötet worden, und wir haben erst März“, sagte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) am Donnerstag bei der Eröffnung eines neuen Zentrums für gewaltbetroffene Mädchen in Wien („Bakhti“). Er nahm dabei auch Bezug auf den am Mittwoch bekannt gewordenen „sechsten Femizid seit Jahresbeginn“ und verwies auf mehr als 14.600 Betretungs- und Annäherungsverbote, die 2022 gegen Gewaltausübende verhängt worden sind - „ein Plus von fast sieben Prozent“.

Die Einhaltung dieser Verbote müsse kontrolliert werden, und „es braucht eine Sanktionierung“, falls sich die (bis zu 88 Prozent männlichen, Anm.) Täter nicht daran halten, meinte Rauch. Dazu gebe es spezifische Schulungen der Exekutive.

Kritik an Anzeigen auf freiem Fuß
Das Gewaltschutzgesetz sei „ein gutes Gesetz“, Probleme sieht Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin der Autonomen Österreichischen Frauenhäuser (AÖF), hingegen in der Umsetzung: Dass immer noch viele Anzeigen im Gewaltbereich eingestellt und „Gewalttäter zu oft auf freiem Fuß angezeigt“ würden, kritisiert sie seit langem.

„Ich kann und werde es nicht hinnehmen, dass Femizide in Österreich fast zur Tagesordnung werden“, sagte Rauch. Die Gewalt gegen Frauen zu stoppen, sei eine gesamtgesellschaftliche Verpflichtung. Die für den Gewaltschutz vorgesehenen Budgetmittel seien zuletzt in allen damit befassten Ressorts deutlich erhöht worden, auch wenn man von den seit längerem von Opferschutzeinrichtungen geforderten mehr als 220 Millionen Euro jährlich weit entfernt sei.

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